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Das erste Schwert

Titel: Das erste Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Kashina
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seinerseits die Reihe der Banner ins Auge, deren Farben und Symbole die in diesem Raum versammelten Gruppen
     der königlichen wie auch der rangniedrigeren Häuser bezeichneten. Im vergangenen halben Mondlauf war ihm hinreichend beigebracht
     worden, das Dunkelrot und Silber des königlichen Hauses Aeghor sowie das Grün und Gold des Hauses Ellitand, ihrer Erzrivalen,
     zu erkennen. Auch das Banner der Olivianer war ihm geläufig – ein Farbengestöber ganz am Rande des Banners. Sein Herz schlug
     einen wilderen Takt beim Anblick der olivianischen Hochdamen im Gefolge der kleinen Prinzessin Aljbeda – allesamt |623| dunkelhäutig, mit hellen Haaren und Augen in den verschiedenartigsten Schattierungen von Purpur und Lila. Sie alle hatten
     etwas von Kara an sich. Jedoch auch die schönsten von ihnen kamen ihm fade und unscheinbar vor, verglichen mit ihr.
    Nur einen winzigen Moment dauerte der Blick, den er zu ihr hinüber riskierte. Rechts von ihm ging sie, und eine schwarze Kapuzenmaske
     tarnte ihr Gesicht. Von ihren Augen war nur ein hochkonzentriertes Glitzern hinter schmalen Schlitzen zu erkennen – die Augen
     eines ihm fremden Phantoms. Fast kam sie ihm so noch gefährlicher vor als Raishan, der ihn – unmaskiert – zur Linken hin schützte.
    Die Assassinen hatten ihn darüber informiert, dass Karas anonym erfolgte Majat-Ausbildung sie noch wertvoller für die Gilde
     machte und es sich somit verbot, ihre Identität in der Öffentlichkeit zur Schau zu stellen. Skip, der sich gerade jetzt danach
     verzehrte, ihr Gesicht zu sehen, schwor sich, eines Tages mehr darüber zu erfahren.
    Im Herzen des gewaltigen Saales versammelte sich ihre Gruppe unter dem Dorn-Banner, dessen Symbol eines springenden schwarzen
     Hirsches auf blauem Feld nun wahrlich passend war für den heutigen Tag. Skip mochte das Banner auf Anhieb lieber als jedes
     andere im Saal. Trotzdem vermittelte es ihm auch ein Gefühl der Befremdlichkeit; noch immer nicht kam er sich dazugehörig
     vor, oder gar von
adligem
Geblüt

als Mann, dessen Vater schon bald König war und einem Haus mit langer Geschichte vorstand, die über viele Generationen hinweg
     auf’s Engste mit dem Schicksal des Reiches verknüpft und hierdurch ein wahres königliches Banner zu führen berechtigt war.
     In jenem halben Mondlauf, da er sich hier bei Hofe von seiner Verletzung erholt und auf diese seine neue Rolle vorbereitet
     hatte, war er kein anderer geworden. Nein, er hatte sich nicht daran gewöhnt, zu sein, was er zu sein schien.
    |624| Er begegnete Erles und Ellahs Blick, die sich Og Tarn zugesellt hatten. Ihre Anwesenheit in seinem Gefolge war ihm eine Labsal,
     und hätte jetzt noch sein Vater, sein
Eichenhain-Vater,
verbesserte er sich flugs, hier sein können – sein Glück wäre noch einmal beträchtlich größer gewesen.
Kyth der Schmied
, dachte er, und
Vater, ich liebe dich.
Doch gab es darüberhinaus noch einen triftigen Grund für Erles und Ellahs Hiersein. Sollten Fragen laut werden nach jenen
     siebzehn Jahren, die Skip im Verborgenen gelebt hatte – jene beiden konnten sie beantworten. So vieles hatten sie gemeinsam
     durchgestanden! Ohne diese beiden an der Seite tun zu müssen, was er nun zu tun hatte, wäre ihm unerträglich gewesen.
    Skip spürte eine energische Berührung an der Schulter und ruckte den Kopf herum. Evan Dorn stand vor ihm und sah ihm forschend
     in die Augen. Des Herzogs Gesicht war in eine Maske der Strenge gefasst, wie stets, jedoch in seinen Augenwinkeln nistete
     ein schalkhaftes Lächeln. Für die Dauer eines einzelnen Herzschlages breitete es sich über’s ganze Gesicht aus, nur für ihn.
    Diesen Blick, dieses Aufleuchten zu sehen, verschlimmerte nur alles. Jetzt brach die Aufregung wie aus einer schwärenden Wunde
     hervor – zähflüssig und machtvoll. Die Brust wurde ihm eng. Sie standen davor, ein überaus kompliziertes Spiel zu spielen,
     ersonnen von Menschen, denen Regeln und Restriktionen fester Bestandteil des Lebens waren. Und der Sturmgebieter und er hatten
     vor, dieses Spiel zu
gewinnen.
    Er erwiderte das Lächeln – nur mit den Augen. Gleich, ob dieser Mann nun sein Vater war oder nicht, er spürte eine Verbundenheit
     mit ihm, eine Seelenverwandtschaft, die alles, was war, und selbst ihre unterschiedliche Stellung, Erziehung, das durch Geburt
     ererbte Königsrecht überbrückte.
    »Ich bin bereit«, informierte er den Herzog mit ruhiger Stimme und erhielt ein Nicken zur Antwort.
    |625| Nun

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