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Das Erwachen

Das Erwachen

Titel: Das Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edwin Klein
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für seine Freunde, auf eines seiner Konten überwiesen haben. Und weil dies heutzutage in einem fast vereinten Europa mit den transparenten Geldwegen nicht mehr ganz so einfach ist, hatten sich die fünf, Heike Friederichs war nicht dabei gewesen, schon mehrfach getroffen, um eine für alle Seiten akzeptable Regelung zu finden. Und die Regelung sah eine Firmengründung im außereuropäischen Ausland, einem Steuerparadies, vor, mit einer Tochter in Luxemburg, über die man alles abwickeln wollte. Und obwohl ihr Modell zu klappen schien, war zwar die heutige Konversation etwas träge, dafür jedoch ihre Laune um so besser.
    Wie es sich gehörte, bestellte Henry den teuersten Champagner. Ellwanger konnte sich nicht die Bemerkung verkneifen: »Schmeckt fast so gut wie der von Aldi.«
    Susi lief puterrot an. Und Gille, die Frau von Marek Achterbusch, fragte demonstrativ: »Stimmt das wirklich, Susi?«
    Das Hauptgericht hatten sie hinter sich, als zur Verblüffung aller Henry seiner Sarah über das Haar streichelte. »Gut siehst du aus, Schatz«, murmelte er ihr ins Ohr, aber wiederum genau so laut, dass alle es verstehen konnten.
    Sarah richtete sich auf und saß stocksteif am Tisch. Was ist das wieder für ein Trick, fragte sie sich? Spielte er den braven Ehemann? Wollte er seinen Freunden und Bekannten eine intakte Ehe vorgaukeln, obwohl jeder genau wusste, wie es um sie stand? Oder legte er es darauf an, sie vor den anderen bloßzustellen und zu blamieren?
    »Und dein Haar riecht so verführerisch«, schickte Henry noch hinterher. Sein Gesicht verklärte sich.
    »Susis riecht bestimmt besser«, konnte Sarah sich nicht verkneifen.
    »Aber ich bin mir dir verheiratet.«
    Sarah antwortete nicht und las laut vor, was das Burgrestaurant alles an Desserts anzubieten hatte. »Birne Helene, Dame Blanche, Vanilleeis mit heißen Himbeeren …« Sie schaute Susi an und fragte provozierend, um sich etwas abzureagieren: »Kannst du inzwischen Dame Blanche machen?«
    »Aber ja doch. Ist ganz einfach.«
    »Nimmst du dazu Heidelbeeren oder Haselbeeren?«
    »Haselbeeren? Wo gibt es die denn?«
    Alle bis auf Susi kicherten. Auch Jonas. Und der bekam nach zwei Sekunden einen Ellbogen in die Seite. Nun kicherte er nicht mehr.
    »Was macht ihr über Ostern? Fahrt ihr alle weg?«, schwenkte Gille scheinbar unmotiviert zu einem anderen Punkt.
    Sie waren bei einem wichtigen Thema angelangt, Reisen und Urlaub. Alle Themen, die mit Geld zu tun hatten, waren wichtig. Und da hatte sich zwischen den Unternehmern in den vergangenen Jahren ein seltsames Ritual entwickelt. Scheinbar beiläufig erwähnten sie größere Anschaffungen, auch weite Reisen, und, auf die Firma bezogen, Investitionen. Je beiläufiger sie dies taten, und je höher die ausgegebene Summe war, desto mehr fühlten sich die anderen verpflichtet, gleichzuziehen oder zu übertrumpfen. Und wenn sie dies nicht konnten, eben alles in Frage zu stellen und genau die entgegengesetzte Position zu beziehen. So wie beim Thema Urlaub.
    Nachdem Heike Friederich Florida als Reiseziel genannt, niemand beachtete das sonderlich, Forschaus sich für Südafrika entschieden hatten und Ellwangers selbst mit Neuseeland protzen konnten, wurde nun jedem klar, aus welchem Grund Gille gefragt hatte. Neuseeland hatte gewonnen!
    Von Henry und Sarah wollte sie wissen, warum sie nicht in Urlaub führen. Sie hätten es doch auch nötig. Bei so viel Stress. Endlich einmal richtig ausspannen.
    Henry entschuldigte sich mit den Planungen für sein Autohaus, und Sarah meinte, sie könne sich in Saarburg am besten erholen.
    »Meine Liebe, wieso ausgerechnet in Saarburg? Gibt es denn nicht reizvollere Ziele als dieses triste, kleine Provinznest?«,
    fragte Susi. »Kannst du das wirklich in Saarburg? Ich meine, dich erholen?«, schickte sie mit naivem Augenaufschlag hinterher. Gille schaute interessiert, weil sie auf Sarahs Antwort gespannt war.
    Sarah lächelte. »Natürlich kann ich mich in Saarburg erholen.« Sie machte bewusst eine kleine Pause. »Weil ich genau weiß, ihr seid alle weit weg von hier.«
    Man schluckte die Bemerkung, denn dass Henry seiner Frau beim Aufstehen behilflich war, ihr den Stuhl wegrückte, sie sanft am Oberarm fasste, fesselte sie ungemein. Seit über einem Jahr hatte er das in ihrer Anwesenheit nicht mehr getan. Und als er auch noch Sarah in den Mantel half, diese sich so richtig rekelte, ihn mit einem verführerischen Augenaufschlag bedachte und die Geste genoss, war ein neues

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