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Das Erwachen

Das Erwachen

Titel: Das Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edwin Klein
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einmal das Testament gelesen hat.«
    »Ich habe Henry vertraut.«
    »Und heute?«
    »Würde ich das Testament lesen.«
    Normal Sterbliche fahren langsam den steilen, mit Blaubasalt gepflasterten, holprigen Weg zur Burg hinauf, als hätten sie Ehrfurcht vor dem alten Gemäuer und seiner wechselhaften Geschichte. Und sie parken kurz unterhalb des historischen Gebäudes auf einem eigens dafür vorgesehen großen Platz. Das taten sie auch, wenn nicht die Burg, sondern das Burgrestaurant ihr Ziel sein sollte. Normal Sterbliche wie Bürgermeister und Stadträte und Landräte und Touristen und fast alle anderen.
    Aber die Mitglieder des SUV waren nun mal keine normal Sterblichen, am allerwenigsten Henry. Sie fuhren noch ein Stück weiter, einen steilen Stich von knapp hundert Metern, und stellten sich genau auf den mit Betonplatten ausgelegten freien Vorplatz direkt vor dem Burgaufgang. Und da dieser nicht allzu groß war, mussten andere Besucher des Restaurants schon mal um die protzigen Karossen herumlaufen oder sich zwischen ihnen und der Eingangstür hindurchzwängen.
    Henry hatte einen runden Tisch bestellt, damit niemand ihm unterstellen konnte, er würde eine bestimmte Sitzordnung und damit auch eine bestimmte Hierarchie vorgeben.
    Und trotzdem gab es sie, für alle deutlich erkennbar. Henry und Sarah saßen mit dem Rücken zur Wand, also mit Blick zum Restaurant, die anderen gruppierten sich um sie herum. Jonas Ellwanger hatte genau gegenüber Henry Platz genommen, was er als Auszeichnung empfand. Dabei registrierte er überhaupt nicht, dass sich alles hinter ihm abspielte. Dafür bemerkte es Susi, seine seit zwei Tagen stark erblondete Frau, umso mehr. Für so etwas hatte sie eine feine Antenne. Und das wurmte sie. Und das ließ sie gleich an Sarah aus, in der sie die Schuldige erkannt zu haben glaubte. Nur um sie zu ärgern.
    Mit zuckersüßer Stimme flötete sie: »Dein Auge, man sieht kaum noch etwas, meine Liebe. Es ist gut verheilt.«
    Schon seit Jahren nannte sie Sarah »meine Liebe«. Vielleicht nahm sie sich dieses Recht heraus, weil sie knapp zehn Jahre älter war.
    »Genau das ist der Unterschied zwischen uns beiden, Susi. Mein Auge wird besser, und wenn ich einen getrunken haben, dann bin ich am kommenden Tag wieder nüchtern, aber du bleibst einmal so wie das andere Mal. Lediglich deine Haarfarbe ändert sich. Aber ich muss sagen, Silber steht dir gut. Und passt ausgezeichnet zu deinem Alter.«
    Susi schaute ihren Jonas an, und als dieser sich entrüstete, entrüstete sie sich auch.
    Lautstark beschwerte sie sich. »Henry, hast du gehört, was Sarah so Unverschämtes gesagt hat? Immer gegen mich.« Und dann fügte sie hinzu, um Jonas einzubinden: »Ich glaube, Sarah hat was gegen uns.«
    Henry hob beide Hände, eine Geste des Beschwichtigens. Innerlich musste er grinsen. Seine Sarah hatte ein Mundwerk, so schnell kam da niemand mit. Er leider auch nicht.
    »Freunde, wir wollen einen schönen Abend verbringen. Ich lade euch zum Essen ein. Lasst doch einfach alle Anspielungen und kleinen Sticheleien beiseite. Auch du Susi, und du, Sarah. Übrigens, Susi: Blond steht dir wirklich gut.«
    Susi schmollte. »Schon vorhin, als du uns dein Projekt vorgestellt hast, war Sarah so unfreundlich zu mir«, ging sie über Henrys versöhnliches Ansinnen hinweg und wiederholte sich sinngemäß: »Immer lässt sie ihren Groll an mir aus. Warum nur?«
    »Meine Liebe«, konterte Sarah, »kann es nicht sein, dass du damit angefangen hast?«
    »Aber ich wollte dir doch nur sagen, wie gut du wieder aussiehst.«
    »Danke, liebe Susi. Von dir höre ich das besonders gern.«
    Die Speisekarten wurden gebracht, und Marek Achterbusch, Henrys rechte Hand im SUV und auch sonst sein Freund, wie er meinte, kam noch einmal auf die Präsentation zu sprechen.
    »Tolle Sache vorhin in der Stadthalle. Hast du gemerkt, wie oft der Presseheini dein Modell fotografiert hat?«
    »Der vom Volksfreund?«
    »Ja. Wie heißt er denn noch mal …«
    »Bartos, glaube ich«
    »Unsympathischer Kerl.«
    »Marek, du musst mit den Wölfen heulen. Gib ihnen was zu fressen, schon sind sie ruhig.«
    »Als du die Investitionssumme genannt hast, ist ihm der Unterkiefer runtergefallen. Mit Zahlen scheint er sich auszukennen. Wollte er nicht heute Abend hier vorbeikommen?«
    Achterbusch hatte kaum ausgesprochen, als Bartos auch schon auftauchte, mit einem Fotografen im Schlepptau. Er wolle einmal über die Unternehmer, denen Saarburg ja so viel zu verdanken habe,

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