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Das Erwachen

Das Erwachen

Titel: Das Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edwin Klein
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Gesprächs- und Gerüchtthema in Saarburg geboren: Die von Rönstedts hatten sich versöhnt!
    »Was sollte das vorhin im Restaurant«, stellte Sarah ihren Mann zur Rede, als sie zu Hause angekommen waren. »Dieses Getue, deine überzogene Höflichkeit mir gegenüber. Willst du die anderen für dumm verkaufen? Eine Show abziehen? Macht sich das gut für dein neues Spielzeug, diese Verkaufsbude? Ist eine Frau an deiner Seite besser – geschäftlich opportun, wie du zu sagen pflegst – als immer solo aufzutreten und wie ein räudiger Hund durch die Gegend zu laufen? Oder mit ständig wechselnden Partnerinnen?«
    »Du liegst falsch.«
    »Ich höre.«
    Es war Henry, der nun die Gläser füllte und Sarah eines anbot. »Bitte, nimm Platz«, sprach er mit ungewohnt weicher Stimme.
    »Darf ich den Sessel verrücken?«
    Henry reagierte nicht, Sarah setzte sich und schaute ihn von unten verwundert an.
    Zwei Minuten Stille, und die Stille war bedrückend. Normalerweise gab es zwischen ihnen keine Stille. Früher nicht, und heute schon gar nicht mehr. Es gab zwar eine große Leere, aber keine Stille.
    »Wie sieht es in dir aus, Sarah?«, wollte Henry wissen und machte ein anteilnehmendes Gesicht.
    »Wie soll es in mir aussehen? Wie immer, ja wie immer. Gut, bestens. Alles roger.« Was so leichthin geplappert schien, kostete Sarah große Überwindung. In ihr war nur noch Friedhof, nur noch Düsternis, eine morbide Stimmung.
    »Manchmal erweckst du den Eindruck, als seist du abwesend, als hättest du Probleme, die du aber für dich behalten möchtest.« Langsam drehte sich Henry in ihre Richtung. Seine Augen waren anders als sonst. Vor langer, langer Zeit, da hatte sie einen so ähnlichen Blick voller Wärme und Anteilnahme schon mal aufgefangen. »Du warst in Trier im Krankenhaus. In der Psychiatrie.«
    Sarah trank einen Schluck und schwieg.
    »Du wolltest springen. Hast dir die höchste Brücke im Bezirk ausgesucht.«
    »Die zweithöchste«, verbesserte sie ihn. »Die Autobahnbrücke bei Fell ist höher.«
    »Weshalb bist du denn so aggressiv? Kannst du nicht normal mit mir reden?«, beschwerte sich Henry.
    »Nein, kann ich nicht mehr.«
    »Gut, unsere Ehe ist nicht gerade die beste.«
    Sarah lachte laut. »Darauf trinke ich einen.« Sie hob das Glas.
    »Andere haben auch Probleme. Aber wenn jeder springen würde …«
    Sarah reagierte nicht.
    »Standst du unter Medikamenten?«
    »Geht dich nichts an.«
    »Ich weiß, dass du Valium nimmst. Und Doparen.«
    Sarah schloss die Augen, verströmte Abwehr und verschanzte sich. Schließlich nahm sie die Medikamente wegen Henry. Und er war auch an allem Schuld. Aber dies zu sagen, war ihr zu flach. Überhaupt hatte sie immer weniger Anlass, auf Henry und dessen Bemerkungen zu reagieren. Sie ordnete sie in die Schublade ein als belanglos, ohne Inhalt, Geschwafel und leere Phrasen. Demonstrativ schaute Sarah deswegen auf die andere Seite. Der Vorhang fand ihr Interesse. Müsste auch mal wieder ausgetauscht werden. Nicht immer dieses gelbbraun, diese gewollt freundliche Sonnenfarbe.
    »Als so schlimm habe ich uns nicht eingestuft, mein Schatz.«
    »Nenne mich bitte nie wieder, nie wieder, verstehst Du? Nenne mich nie wieder›‚mein Schatz’«, giftete sie ihn an und ruckte herum. Dabei verschüttete sie den Rest aus ihrem Glas. »Hast du das endlich kapiert, mein Guter?«
    Henry eilte in die Küche, kam mit einem Lappen zurück und wischte das Parkett auf. Sarah sah ihm dabei amüsiert zu. Und während er das Tuch in die Küche zurück brachte, kippte sie den Rest des Glases neben dem Sessel auf den Boden. Mit einem Fuß verteilte sie die Flüssigkeit. Das tat gut. Solche Kleinigkeiten taten verdammt gut.
    »So schlimm habe ich unsere Lage nicht eingestuft«, begann er erneut. Henry hatte sich noch die Hände gewaschen. »Es wird doch sicherlich eine Lösung geben, oder meinst du nicht?«
    »Die hätte es gegeben, wenn ich gesprungen wäre.«
    »Wie kann man nur so …« Henry wandte sich ab und schaute aus dem Fenster. Jetzt brauche er nur noch seine rechte Hand auf den Bauch zu legen, dann sähe er aus wie Napoleon, hatte Sarah einmal zu seiner typischen Haltung gesagt. Und ein bisschen wie Napoleon fühlen tat sich Henry schon. Was er geleistet hatte, war auch nicht so ohne …
    »Ich habe vieles ertragen. Wir Frauen ertragen immer vieles, Henry. Aber als du anfingst mich zu entehren, mich zu schlagen, das brachte alles zum Überlaufen. Das hättest du nicht tun sollen.«
    »Es ist

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