Das Erwachen
Ereignissen liefern«, sagte er, »aber wir wissen wohl alle, was ein Hydden dazu sagen würde.«
»Man braucht kein Hydden zu sein, um dahinterzukommen«, erwiderte Katherine. »Meine Mutter hätte gesagt, dass die Erde zornig ist – aber das bin ich auch, wenn ich daran denke, was wir der Erde im Laufe der Jahrhunderte angetan haben.«
»Willkommen im Club!«, sagte Margaret. »Aber neu ist das nicht. Dasselbe wurde schon vor fünfzig Jahren gesagt.«
Am Ende traf Katherine für Jack die Entscheidung, wobei ein lokales Beben den Ausschlag gab. Es erschütterte Woolstone House so heftig, dass im Wintergarten drei Glasscheiben herausfielen und in einer Zimmerdecke im Obergeschoss ein Riss entstand. Es war mehr Omen als Warnung, aber auch der Grund für ihre Entscheidung.
»Also gut, Jack«, sagte sie, »du gehst nach Brum. Ich mache mir ebenfalls Sorgen um unsere Freunde. Auf der Pilgerstraße, auf der wir gewandert sind, könntest du schnell hingelangen und dann versuchen, Stort und einige andere dort herauszuholen. Sie können hier unterkommen ...«
Jack schüttelte den Kopf.
»Aber das wolltest du doch«, sagte sie.
»Schon, aber inzwischen habe ich mir etwas anderes überlegt. Erinnerst du dich, dass wir nach dem Tod deiner Mutter in den Norden gehen und eine Zeitlang in Arthurs Cottage im Grenzland leben wollten?«
»Ja ...«, erwiderte sie zögernd.
»Ich finde, ihr solltet mit Judith dort hingehen. Sie braucht immermehr Platz zum Herumstromern und wäre dort vielleicht besser aufgehoben. So weit im Norden hat es noch keine Beben gegeben ... Was meinst du, Arthur?«
»Die Idee ist gut, das Cottage ein Graus. Wie waren seit Jahren nicht mehr dort.«
»Schreckliche Gegend«, sagte Margaret, »aber jede Menge Wald und nebliges Heideland, in dem sich Judith austoben kann. Und um diese Jahreszeit dürfte es nicht so schlimm sein. Doch, ich finde die Idee gut.«
Man wurde sich einig. Jack nach Brum, der Rest in den Norden, und Woolstone House wurde für eine Weile dichtgemacht.
»Du kannst ja nachkommen, wenn du in Brum fertig bist.«
Er blieb noch zwei, drei Tage, damit sich Judith an den Gedanken gewöhnen konnte. Auch andere Väter oder Mütter gingen für eine Weile fort, eine oder zwei Wochen konnten nicht schaden.
»Mir ist es lieber, du gehst für eine Weile fort und bist zufrieden, als wenn du hier die ganze Zeit auf heißen Kohlen sitzt, Jack. Verstehst du?«, sagte Katherine. »In meinem Herzen habe ich immer gewusst, dass wir dich nicht für immer von Hyddenwelt fernhalten können, deshalb finde ich es gut, wenn du ihr hin und wieder einen Besuch abstattest.«
In diesen letzten Tagen und Stunden waren sie eine Familie und einander sehr zugetan. Es war eine glückliche Zeit, eine kostbare Zeit. Dann aber musste er gehen, was er bei Sonnenaufgang tat.
»Ich muss los.« Er kniete sich vor Judith hin und umarmte sie. Sie war mittlerweile so groß, dass man sie nicht mehr mühelos hochheben konnten. »Freust du dich auf deinen Urlaub?«
Sie nickte und erwiderte seine Umarmung, wobei sie die Hände fest auf die rauhen Narben an seinem Hals drückte.
»Passt aufeinander auf«, sagte er. »Judith, gib auf deine Mom Acht. Und du, Katherine, auf Margaret. Arthur, lass dir von ihnen nicht auf der Nase herumtanzen ...«
Er sagte ihnen, dass sie ihm vom Haus aus winken sollten, und ging zum Eingang des Henges. Doch Judith lief ihm nach und nahm am Rand des Henges ein letztes Mal Abschied.
Die Windspiele sagten auf ihre Weise Lebewohl, indem sie flirrten und klirrten. Seine Familie, die ihm nachsah, hatte den Eindruck,als würden die großen Koniferen sich biegen, sich weit zum White Horse Hill hinüberneigen und eine grüne Straße bilden, auf der er davonmarschierte, bis er ihren Blicken entschwand.
»Wird Dad wiederkommen?«, fragte Judith.
»Bald«, flüsterte Katherine. »Bald.«
31
EINE WÜRDIGE BESTATTUNG
M aster Brifs Bestattung erfolgte eine Woche nach seinem tragischen Tod.
Es war sein Wunsch gewesen, mit dem Boot zum Einäscherungsplatz überführt zu werden. Alle wollten seinen Sarg sehen, denn er hatte sich großer Beliebtheit erfreut und die Art seines Ablebens erfüllte jedermann mit Trauer und Wut.
Auf Lord Festoons Geheiß sollte der Leichenzug zunächst auf Kanälen und Straßen in westliche Richtung ziehen, ehe der Sarg in Northfield, wo Brif geboren worden war, auf ein Boot umgeladen wurde, das auf dem River Rea ankerte. Von dort würde er seine letzte Fahrt durch die
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