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Das Erwachen

Das Erwachen

Titel: Das Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Horwood
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alle Dinge würden vergehen, der Spiegel aller Dinge, in dem wir unser Leben leben, würde zerbrechen, und wir selbst würden aufhören zu existieren.
    Meine Freunde, wir können die Wahrheit über diese Dinge nicht ergründen, aber es liegt in unserer Macht, nach unserem Glauben zu handeln. Trotz aller Logik und Vernunft, die Gelehrte wie ich der Welt an die Hand geben, sind es doch häufig unsere inneren Instinkte, auf die es vor allem ankommt. Meine sagen mir, dass Stort in dem Augenblick, da er den Stein an sich nahm, im Namen aller Sterblichen eine Herausforderung angenommen hat. Missklang steht uns bevor, die jüngste Gewalt der Erde, die sich, wie ich voraussage, bald verschlimmern wird, ist dafür ein Anzeichen. Die Schildmaid muss als Freundin betrachtet werden, aber als eine, die Furcht und Schrecken erregt. Wir haben den Stein, sie wird ihn brauchen. So schwach wir auch sind – und keiner wird das bereitwilliger zugeben als Bedwyn Stort –, wir müssen gemeinsam einen Weg finden, ihn der Schildmaid zukommen zu lassen. Sollen wir warten, bis sie erwachsen ist, oder sollen wir ihr den Stein geben, solange sie noch ein Kind ist? Ich weiß es nicht. Aber mein Gefühl sagt mir, dass die Zeit drängt und dass der Stein Stort vertraut und ihn deshalb vor allen anderen zu seinem Finder auserkoren hat.«
    Damit nahm Brif wieder Platz, trank abermals einen Schluck Wasser und murmelte mit gerunzelter Stirn: »Der Spiegel stehe uns bei!«
    Es folgte längeres Schweigen, das schließlich von Stort gebrochen wurde. »Mein Instinkt sagt mir, dass ich unverzüglich nach Woolstone aufbrechen sollte, um mich davon zu überzeugen, dass meine Freundin Katherine ein Kind geboren hat, von dem ich glaube, dass es die Schildmaid ist. Aber das wäre nicht der einzige Grund, mich auf diese Reise zu begeben. Diese Mission würde noch einem anderen Zweck dienen.
    Aus allem, was hier gesagt wurde, geht doch hervor, dass wir – oder vielmehr diejenigen unter uns, deren oberste Anliegen das Leben der Schildmaid und die Sicherheit des Steins sind – jemanden brauchen, der uns führt. Sie alle wissen nur zu gut, dass das nicht meine Bestimmung ist und niemals war.
    Doch ich glaube, dass es Jacks Wurd ist, uns in dieser Sache zu führen, wie Sie, Master Brif, selbst vor langer Zeit einmal gesagt haben. Wenn meine Vermutung stimmt, dass ihm und Katherine die Schildmaid geboren worden ist, dann ist er der Vater. Außerdem ist er ein Riesengeborener, ein kühner Wanderer zwischen den Welten und ein Krieger. Wer wäre geeigneter, uns zu führen?
    Wir brauchen ihn in den gefährlichen Zeiten, die seinem Kind, dem Stein, der Stadt Brum und Hyddenwelt bevorstehen. Wenn es eine Möglichkeit gibt, ihn zur Rückkehr nach Hyddenwelt zu bewegen, dann muss ich sie finden, und das dürfte mir in Woolstone leichter fallen als hier ...«
    Pike und Brunte erboten sich sofort, ihm Knüppelmänner und Gardisten mitzugeben.
    Doch Stort schüttelte den Kopf.
    »Dies ist kein militärisches Unternehmen, sondern eine private und delikate Mission, bei der wir es nicht nur mit Jack, sondern auch mit seiner Tochter zu tun bekommen. Wie Master Brif bereits dargelegt hat, altert die Schildmaid anders und viel schneller als Sterbliche, daher rechne ich damit, dass sie körperlich und geistig beträchtlich weiter entwickelt sein wird als eine gewöhnliche Sterbliche in ihrem Lebensalter.«
    »Sie meinen, sie ist womöglich gar kein Säugling mehr?«, fragte Pike.
    »Ganz recht. Unter den gegebenen Umständen würde ein Aufgebot an Soldaten eher abschreckend wirken. Ich brauche lediglich Mister Barklice an meiner Seite, denn er weiß, was zu tun ist, wenn ich in die Irre gehe oder um den Verstand komme. Außerdem jagt er Kindern keine Angst ein, wie es Mister Pike oder ein paar Knüppelmänner möglicherweise tun würden.«
    »Oh«, sagte Barklice zaghaft, unschlüssig, ob er sich geschmeichelt fühlen sollte oder nicht.
    Storts Augen leuchteten. Seit er mit dem Stein des Frühlings nach Brum zurückgekehrt war, hatte er nie besser ausgesehen oder besser gesprochen.
    »Wir brechen morgen nach Woolstone auf!«, rief er, nun da die Entscheidung gefallen war.

16
GELIEBT
    K aiserliche Majestät ...?«
    »Blut?« Der Kaiser erwachte sanft, umgeben von duftender Stille. Rings um den Stuhl waren Kerzen aufgestellt. In einer Schale glommen Kiefernnadeln, deren Waldgeruch ihn an seine Jugend erinnerte. Wasser, so klar wie aus einem Gebirgsbach, stand für ihn zum Trinken

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