Das Erwachen
Brunte.
»Ja.«
»Haben Sie den Stein in diesem Beutel, ja oder nein?«
Statt zu antworten, trat Stort an den Rand des Tisches, lockerte die Schnur und stülpte den Beutel um.
Eine Nuss fiel auf den Tisch, hüpfte umher und blieb dann liegen.
Alle bis auf Brunte blickten höchst erstaunt.
»Was ist das?«, fragte Barklice.
»Eine Haselnuss«, sagte Stort. »Um die Wahrheit zu sagen: Ich habe den Stein bereits an einem Ort versteckt, an dem ihn hoffentlich niemand finden wird.«
Alle blickten schockiert, nur Brunte strahlte.
Er allein hatte die Wahrheit erraten.
»Meine Herren«, sagte er, »ich glaube, was wir soeben erlebt haben, ist weit mehr als nur Ausdruck des Freiheitsgeistes und schrulligen Eigensinns, für die Brum zu Recht in ganz Hyddenwelt bekannt ist. Wir sind Zeugen einer Demonstration geworden, warum der Stein des Frühlings, der mit Sicherheit seinen eigenen Willen besitzt, Bedwyn Stort zu seinem Hüter erkoren hat. Er ist ohne Frage ein außerordentlich beharrlicher, kluger und mutiger Hydden.
Erstens war er so vernünftig, den Stein heute nicht mitzubringen. Zweitens so umsichtig, sich nicht zum Herzeigen des Steins bewegen zu lassen. Schließlich, als ihm kein anderer Ausweg mehr blieb, weil wir ihm gewissermaßen das Messer an die Kehle setzten, hat er uns hinters Licht geführt! Es scheint mir an der Zeit, dass wir aufhören, Mister Stort zu sagen, was er zu tun hat, und ihn stattdessen fragen, was er von uns erwartet!«
Der Marschall stand auf, fasste über den Tisch und drückte Stort kräftig – und deutlich weniger schmerzhaft als beim ersten Mal – die Hand.
»Nun«, fuhr Brunte nach einer kurzen Pause fort, »darf ich rasch noch etwas sagen, bevor Mister Stort erneut das Wort an uns richtet?«
Alle nahmen wieder Platz.
»Wie ich aus verschiedenen Quellen erfahren habe, soll Slaeke Sinistral, Kaiser von Hyddenwelt, letzte oder vorletzte Woche aus seinem achtzehnjährigen Schlaf erwacht sein.«
Festoon nickte, ebenso Pike, der gleichfalls davon unterrichtet worden war.
»Wie mir Master Brif gestern im Vertrauen mitgeteilt hat, könnte zwischen der Rückkehr des Kaisers und der Entdeckung des Steins des Frühlings ein unmittelbarer Zusammenhang bestehen. Für Brum verheißt das nichts Gutes. Ich kenne die Fyrd, ich kenne das Reich, und ich kenne den Kaiser. Sie werden uns angreifen, um den Stein in ihren Besitz zu bringen und uns anschließend zu vernichten. So wie Mister Stort darüber zu entscheiden hat, was mit dem Stein geschehen soll, so haben wir, die wir Brum lieben, Vorkehrungen zu seiner Verteidigung gegen das Reich zu treffen.
Nun bin ich weder Gelehrter noch Historiker, doch wenn mir die Legenden über Beornamunds Steine richtig in Erinnerung sind, müssen, sobald der Frühling in sterbliche Hände gelangt ist, unbedingt auch die Steine des Sommers, Herbstes und Winters gefunden werden. Habe ich recht?«
Brif überlegte einen Augenblick und sagte: »Es war kein Zufall, dass Stort den Frühling am ersten Tag des Sommers gefunden hat. So wie eine Jahreszeit in die andere übergeht, so führt ein Stein zum anderen. Der Stein des Sommers muss als Nächster gefunden werden, so viel ist gewiss, und natürlich sind die Gerüchte aus Bochum, wonach der Kaiser aufgewacht und im Besitz dieses Steines ist, bekannt und meines Erachtens auch glaubhaft.«
»Storts Entdeckung des Steins bringt unsere Stadt in Gefahr«, sagte Brunte. »Es besteht wohl kaum Zweifel daran, dass Sinistral seine dauerhafte Jugend dem Stein des Sommers verdankt. Aber seine immer länger währenden Ruhepausen lassen vermuten, dass die heilsame Wirkung des Steins auf ihn schwindet und die verderbliche Wirkung zunimmt. Sinistral wird den Stein des Frühlings in seinen Besitz bringen wollen, um dem entgegenzuwirken. Ich vermute, dass er die Fyrd aussenden wird, um seiner habhaft zu werden. Aber damit nicht genug. Wenn er ihn bekommt, glauben Sie mir, wird ihn der Stein zusammen mit dem des Sommers unbesiegbar machen.Dann wird er früher oder später auch die Steine des Herbstes und des Winters in seinen Besitz bringen, wo immer sie sein mögen.«
»Aber sie können überall sein«, sagte Barklice.
»Wohl wahr«, pflichtete Brif ihm bei. »Die Friedensweberin hat in ihrem langen Leben die ganze Welt bereist, darum werden die Steine nicht leicht zu finden sein. Nun aber, da der Frühling gefunden ist, werden sich die anderen Steine mit ihm vereinen wollen. Sie gehören zusammen.
Und die Feuer, die sie
Weitere Kostenlose Bücher