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Das Erwachen

Das Erwachen

Titel: Das Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Horwood
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und es wird auch kein Protokoll geführt.Tun Sie sich also keinen Zwang an, sagen und essen Sie, was Sie wollen!«
    Er wandte sich an Stort. »Vielleicht könnten Sie beginnen und uns schildern, wie Sie den Stein gefunden haben?«
    Alle beugten sich erwartungsvoll vor.
    Stort mochte solche Zusammenkünfte nicht, und diese schon gar nicht. So öffentlich über den Stein zu sprechen kam ihm wie eine Indiskretion vor. Am liebsten wäre er gleich wieder aufgestanden und gegangen, aber natürlich wäre das nicht klug gewesen. Und so berichtete er in kargen Worten von seiner Entdeckung und den Ereignissen, die sich in den frühen Morgenstunden des ersten Maitags und danach auf dem Waseley Hill zugetragen hatten.
    »Wenn ich mich wunderlich verhalten habe, so deshalb, weil der Stein große Macht besitzt. Vielleicht hätte ich ihn nicht berühren sollen, aber unter den gegebenen Umständen war es unumgänglich. Nur würde ich jedem anderen davon abraten. Eines Tages soll die Schildmaid ihn tragen. Bis dahin sollten wir ihn verstecken und vor den Blicken verbergen.«
    »Ausgezeichnet, Mister Stort, ich danke Ihnen! Vielleicht könnten wir den Stein mal sehen. Ich nehme doch an, Sie haben ihn bei sich?«
    Für Storts Empfinden ging diese Bitte zu weit und kam obendrein viel zu früh, und so murmelte er: »Später vielleicht, Hochaltermann ...«
    Er gab sich alle Mühe, der anschließenden Debatte, die viele Themen berührte, zu folgen, doch wurde er den Verdacht nicht los, dass alle anderen in erster Linie darauf erpicht waren, den Stein zu sehen und anzufassen, und das war das Letzte, was er wollte. Immer wieder wurde er gebeten, den Stein zu zeigen. Jedes Mal lehnte er ab.
    Als Stort zum soundsovielten Mal antwortete: »Ich werde ihn der Schildmaid geben, meine Herren, und nur ihr«, schaltete sich Igor Brunte ein. Er streckte die Hand aus und sagte: »Zeigen Sie mir den Stein, Mister Stort, sonst muss ich annehmen, dass Sie ihn nie gefunden haben und nur unsere Zeit verschwenden. So etwas kann ich nicht auf die leichte Schulter nehmen oder ungestraft durchgehen lassen.«
    Stort blickte auf die mit Narben übersäte Hand. Sie sah gemein und gierig aus.
    Plötzlich schloss er die Augen, hielt sich die Ohren zu und saß eineWeile summend da, ehe er augenscheinlich zu einem Entschluss gelangte und sich erhob.
    »Sie alle wollen ihn sehen, das ist nur zu offensichtlich«, rief er. »Und mir widerstrebt es, ihn zu zeigen, was ebenfalls offensichtlich ist und mich selbst nicht weniger überrascht als Sie. Ob ich ihn habe? Natürlich habe ich ihn!«
    Damit griff er in seine Jacke, tastete darin herum, zog den Lederbeutel hervor, in dem er den Stein aufbewahrte, und warf ihn auf die Anrichte.
    »Sie wollen ihn? Da haben Sie ihn. Sehen Sie ihn sich an. Begaffen Sie ihn, fassen Sie ihn an, stupsen Sie dagegen, polieren Sie ihn ... diskutieren Sie über seine sichere Aufbewahrung, seinen Wert und der Spiegel weiß worüber noch. Aber ... aber denken Sie stets daran, dass der Stein weder mir noch Ihnen gehört und am allerwenigsten einem Ausschuss.
    Der Stein des Frühlings ist unser Erbe. Er steht für Macht. Er steht für Schönheit. Er ist das Feuer des Lebens. Aber eines ist er nicht: ein Objekt zum Begaffen und Betatschen für ehemalige Fyrd, Altermänner, Schreiber und Knüppelmänner – nicht einmal für einen Marschall, schon gar nicht für einen, der mir droht! Wir Brumer Bürger haben es nicht gern, wenn man uns durch Einschüchterung zwingen will, gegen unsere Überzeugung zu handeln, mag man uns auch dafür belächeln.«
    Er stopfte den Beutel wieder in seine Jacke. »Ich werde jetzt gehen und den Stein an einem sicheren Ort verstecken ... Ich bleibe keine Sekunde länger hier!«
    Damit eilte er zur Tür.
    Er hatte sie fast erreicht, als er jemanden rufen hörte: »Mister Stort!«
    Die Stimme klang so scharf, so fest und so gebieterisch, dass sie wohl eine Herde angreifender Elefanten zurückgehalten hätte. Auf jeden Fall hielt sie Stort zurück.
    Es war wieder Marschall Brunte.
    Er lächelte.
    »Mister Stort«, sagte er, jetzt sehr sanft, »darf ich Ihnen eine Frage stellen?«
    »Nur zu«, antwortete Bedwyn Stort.
    »Es ist eine einfache Frage, aber bevor Sie antworten, möchte ich, dass Sie mir versichern, sie wahrheitsgemäß zu beantworten.«
    »Das muss ich wohl«, sagte Stort, der ahnte, wie die Frage lauten würde.
    Er kam zurück und stellte sich neben seinen Platz.
    »Haben Sie den Stein, ja oder nein?«, fragte

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