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Das Erwachen

Das Erwachen

Titel: Das Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Horwood
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aus dem Nichts auftauchte, zu den Bäumen lief, in die Höhe sprang und die untersten Äste zu greifen versuchte.
    »Ich auch nicht«, stimmte Stort zu, in dessen Kopf eine Idee Gestalt annahm, wie sie zu Jack Kontakt aufnehmen konnten.
    Judith lief jetzt im Henge umher, rein und raus, schlug Purzelbäume, ließ sich zum Spaß fallen, immer flink und akrobatisch.
    »Wir sollten dem ein Ende machen«, sagte Stort. »Sie läuft verkehrt herum, und das ist nicht gut in einem Henge.«
    Verkehrt herum bedeutete links herum. Wenn jemand so durch ein Henge lief, schwächte er sich, wenn das Muster unvollendet blieb. Rechts herum wäre besser gewesen.
    »Übernehmen Sie das, Barklice ...«
    Der Forstmeister huschte zu Judith, glitt zwischen Bäume, führte sie anhand der Schatten nach draußen, dann wieder zurück, bis sie ihren eigenen Weg kreuzte und das Henge aus der entgegengesetzten Richtung betrat. Es war ein Tanz von mathematischer Präzision.
    Er kam atemlos zurück. »Sie ist ein Energiebündel, Stort. Rennt wie ein Geschöpf der Wildnis. Nicht einmal ein Hund könnte mit ihr mithalten ... Sie sähe hübsch aus, wenn sie nicht so merkwürdig angezogen wäre. Ich sehe es nicht gern, wenn Mädchen Hose und Weste tragen.«
    Es beunruhigte sie, dass Judith immer wieder ganz unerwartet auftauchte.
    Anscheinend lernte sie die Kunst des Versteckens instinktiv und begriff, dass sie den Besucher, mit dem sie sprach, nämlich Stort, überrumpeln musste, wenn sie ihn zu Gesicht bekommen wollte. Anfangs hörten sie Judith trotz ihres leisen Gangs in dem Moment, da sie das Haus verließ. Bald näherte sie sich aus dem Halbschatten, wie sie selbst es zu tun pflegten, und trat hinter einem Busch hervor, helles, blendendes Sonnenlicht im Rücken.
    »Bald«, sagte Barklice, »wird sie uns finden.«
    »Das ist auch gut so, denn ich möchte sie nicht verschrecken.«Am frühen Morgen nach diesem Gespräch saßen die beiden Hydden in einiger Entfernung vom Henge gemütlich beim Frühstück. Stort hatte sich gerade den dritten Becher duftenden Tees eingegossen und lehnte sich zurück, um selbigen zu genießen, als Barklice plötzlich erstarrte und ganz bleich im Gesicht wurde.
    »Äh ... Stort«, sagte er mit kaum verhohlener Panik in der Stimme. »Ich möchte Sie nicht erschrecken, und um Unannehmlichkeiten zu vermeiden, sollten Sie auch nicht zu heftig reagieren, aber ... wir haben Besuch.«
    Stort bekam einen trockenen Mund, denn er spürte, dass jemand hinter ihm stand, genau dort, wo Barklice hinsah.
    »Sie meinen ...?«
    »Ja, Stort, genau das meine ich.«
    Stort straffte sich, stand auf und drehte sich um.
    Und blickte direkt in die Augen der Schildmaid. Sie stand nur drei Meter entfernt, reglos, wachsam, aber nicht ängstlich.
    Stort schluckte.
    Judith lächelte verhalten.
    »Hallo«, sagte sie.
    »Hallo«, antwortete er.
    Die Geräusche der Welt verschwanden aus Storts Wahrnehmung, aber das Licht blieb. Der Sonnenschein, der auf sie und ihn fiel. Ein sommerlicher Augenblick.
    Hallo. Das Wort schwebte zwischen ihnen in der Luft wie eine grün, blau und golden schillernde Libelle über dem Ufer eines klaren Baches.
    Stort sah sie an und sie ihn, und kein Hindernis jedweder Art stand zwischen ihnen.
    Sie hob eine Hand, streckte sie ihm hin und öffnete sie.
    Die Sonne beschien, was sie ihm hinhielt.
    »Die kannst du haben«, sagte sie.
    Es war eine Kirschtomate, orangerot, und ihre Stimme war so klar und deutlich wie die eines Hydden.
    Er trat vor und nahm die Tomate.
    »Die kann man essen«, sagte sie. »Schau!«
    Sie führte die andere Hand zum Mund und schob eine zweite Tomate hinein.
    »Iss«, sagte sie wieder mit versonnenem Blick, »und bring sie zum Platzen!«
    Stort gehorchte. Die Tomate platzte und löste eine wahre Geschmacksexplosion in seinem Mund aus. Er sah Judith an und sie ihn.
    »Lecker«, sagte sie, und als er lachte, rannte sie los, tanzte davon. »Lecker!«
    Er stand verdutzt da und tat es noch immer, als sie rennend zurückkam. Vor ihm blieb sie stehen, dichter als zuvor und kein bisschen außer Atem.
    »Ich bin Judith«, sagte sie.
    Er lächelte, was nicht schwer war, da er noch das Lachen von eben im Gesicht hatte.
    »Ich bin Bedwyn Stort.«
    Sie flüsterte den Namen bedächtig und formte die Silben dann noch einmal tonlos mit den Lippen.
    »Judith«, sagte er, und sie lächelte, als sie den Namen aus dem Mund eines Freundes hörte. Dann hopste sie grinsend davon, denn vom Haus wurde nach ihr gerufen.
    »Ich

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