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Das Evangelium nach Satan

Das Evangelium nach Satan

Titel: Das Evangelium nach Satan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Graham
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muss sie abgeschnitten haben, als Ballestra noch lebte. So war man früher bei Menschen verfahren, die Kenntnis von einem Geheimnis bekommen hatten, um zu verhindern, dass sie es ausplauderten. Lauter beunruhigende Hinweise darauf, dass sich der Täter getreulich an den Ritus der Inquisition gehalten hat. Mithin müsste er ein Geistlicher oder ein kundiger Historiker sein. Höchstwahrscheinlich hat jemand den Mord begangen, der beides in seiner Person vereint. Der Kardinal wischt seine Finger an Ballestras Soutane ab und stößt einen Seufzer aus.
    »Und wo hat man ihn also getötet?«
    »Das lässt sich unmöglich sagen, Eure Eminenz. Auf keinen Fall hat man den Toten vom Tatort hierhergezerrt. Er muss auf irgendeine andere Art und Weise hergebracht worden sein.«
    »Ohne dass dabei die geringste Blutspur hinterlassen wurde? Ihre Männer müssten doch gesehen haben, wie jemand mit dem Opfer auf dem Rücken den Petersplatz überquert hat.«
    Der Kommandant der Schweizergarde spreizt die Hände zum Zeichen seiner Ratlosigkeit. Camano wendet sich jetzt Ballestras Sandalen zu. Feuchte Erde und winzige Steinchen sitzen in den Rillen der Sohlen.
    »Hat es heute Nacht geregnet?«
    Der Kommandant schüttelt den Kopf. Bei seiner weiteren Untersuchung fallen Camano Spinnweben an der Soutane des Archivars auf. Er fährt dem Leichnam mit einer Hand durch die Haare und betrachtet im Licht der Lampe seine Finger: Gips, Staub und weitere Spinnweben. Man könnte glauben, Ballestra sei durch Kellerräume oder unterirdische Gänge gezogen. Als sich Camano weiter vorbeugt, fällt ihm ein sonderbarer Geruch nach verbranntem Fleisch auf. Als er die Soutane des Toten öffnet, beginnen die anwesenden Kardinäle vor Schrecken zu zittern. Sein Rumpf ist eine Masse verbrannten Fleisches, in die der Mörder mit einem glühenden Eisen die vier Buchstaben INRI gedrückt hat. Halblaut sagt der Kommandant der Schweizergarde in die Dunkelheit des Raums hinein: »Jesus aus Nazareth, der Juden König.«
    »Aber nein: Janus aus Nazareth, der Hölle König.«
    Während sich Camano aufrichtet und die anderen Kardinäle einen nach dem anderen ansieht, fügt er hinzu: »Das ist ein klarer Beweis dafür, dass sich der Schwarze Rauch des Satans erneut in der Welt ausbreitet, und ein unübersehbares Zeichen dafür, dass die Angehörigen dieser Bruderschaft alles in ihrer Macht Stehende tun werden, um im Konklave die Oberhand zu gewinnen. Und wissen Sie, was die Pointe dabei ist?«
    Gemurmel erhebt sich ringsum.
    »Die Pointe ist, dass jetzt, wo die mächtigsten Kardinäle des Vatikans hier beisammen sind, mit größter Wahrscheinlichkeit zumindest ein Mitglied dieser Bruderschaft hört, was ich sage.«
    »Was schlagen Sie vor?«
    »Da die Teilnehmer am Konzil ohnehin bereits an Ort und Stelle sind, scheint es mir das Beste, die Zeit der Trauer um den Heiligen Vater abzukürzen und das Konklave unmittelbar nach seiner Beisetzung einzuberufen.«
    »Würde man damit nicht unseren Feinden in die Hände spielen?«
    »Ich glaube ganz im Gegenteil, dass wir am ehesten dann eine Möglichkeit haben, das Konklave in die Hand zu bekommen, wenn wir den Schwarzen Rauch zwingen, seine Karten früher als von ihm vorgesehen auf den Tisch zu legen. Das könnte dazu führen, dass die Leute gleichsam unter Zeitdruck einen Fehler machen und sich auf diese Weise selbst demaskieren. Wenn wir sozusagen mit einer Stimme wählen und uns binnen weniger Stunden auf einen Mann unseres Vertrauens einigen, hat der Schwarze Rauch das Spiel verloren und kann keinen ihm genehmen Papst auf den Stuhl Petri bringen.«
    Nach einer Pause fragt der Camerlengo in zögerndem Ton: »Und was ist mit Ballestras Leichnam? Müssen wir nicht die Polizei rufen?«
    »Warum nicht gleich das FBI? Der Beginn des Konklaves steht unmittelbar bevor. Da dazu die Tore zum Vatikan geschlossen werden, sind wir gezwungen, diese Sache intern zu regeln. Habe ich mich klar ausgedrückt, meine Herren? Kein Wort über diese Angelegenheit. Was Sie betrifft, Kommandant, sehen Sie zu, dass Ihre Männer den Mund halten – oder wollen Sie, dass ich ausdrücklich um des Vergnügens willen, Sie dorthin abkommandieren zu können, eine Botschaft des Vatikans in Teheran eröffne?«
    Eine Frauenstimme sagt: »Diese Art von Geheimhaltung hinterlässt gewöhnlich eine breite Spur von Leichen, Eure Eminenz.«
    Überrascht fahren die Kardinäle zusammen. Camano leuchtet mit seiner Taschenlampe zum Mittelgang hin, aus dem laute

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