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Das Evangelium nach Satan

Das Evangelium nach Satan

Titel: Das Evangelium nach Satan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Graham
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della Sera, dem von La Stampa oder irgendeiner großen amerikanischen Tageszeitung, der Washington Post oder der New York Times. Ja, das ist es. Man muss das Geheimnis öffentlich machen, das die Existenz der römischen Kirche bedroht. Alles ist besser als zuzulassen, dass die Kardinäle des Schwarzen Rauchs einen der Ihren auf den Stuhl Petri bringen.
    Als er sich bückt, um das Diktiergerät aufzuheben, das er auf den Boden gelegt hatte, um die Hände frei zu haben, spürt er einen Luftzug im Nacken. Ihm bleibt keine Zeit, sich umzudrehen. Ein Arm legt sich mit übermenschlicher Kraft um seinen Hals. Ein Dolch dringt in seinen Rücken, und ein greller Blitz weißen Lichts blendet ihn. Während die Klinge zum nächsten Stoß herausgezogen wird, sucht Ballestra nach einem Gebet, das er an den Gott richten kann, an den er so fest geglaubt hat. Doch als er mit unendlicher Seelenqual merkt, dass sein Glaube so tot ist, wie er es bald selbst sein wird, stößt er einen tiefen Seufzer aus, dessen Widerhall sich im Gewölbe der Halle der Siegel verliert.

15
    In den Tiefen der Klosterfestung in den Dolomiten hat Pater Carzo die Hand Maria Parks’ losgelassen. Sie ruft verzweifelt seinen Namen, streckt flehend die Finger nach ihm aus. Er entfernt sich immer mehr. Sie läuft, so schnell sie kann, doch ihre Beine schmerzen, sie kann nicht mehr, wird langsamer. Hinter ihr kommt der keuchende Atem Abigails immer näher.
    Maria stößt einen Entsetzensschrei aus, als sich die Hände der Oberin um ihren Hals schließen. Tief drückt sie ihr die knochigen Finger ins Fleisch. Sie stürzt auf die Knie, sie spürt den Atem der verrückten Alten auf ihrem Gesicht, die ihr jetzt die Zähne in den Hals schlägt. Eine warme Flüssigkeit läuft der Nonne über das Kinn. Maria will erneut schreien, doch das Blut, das ihre Lunge anfüllt, erstickt jeden Laut. Die anderen Nonnen stürzen sich knurrend, bellend und beißend auf sie, um sie zu verschlingen. Maria streckt die Hand in Richtung auf den Tunnelausgang aus. In der Ferne ist der Exorzist soeben ins Licht getreten. Er wendet sich um. Er lächelt.
    ∗ ∗ ∗
    Maria fährt aus dem Schlaf hoch und hört das beruhigende Geräusch der Triebwerke. Sie sieht ihr Gesicht in der Scheibe gespiegelt. Wie gefroren liegt das Wasser des Nordatlantiks im Licht des Vollmonds tief unter dem Flugzeug. Sie sieht auf die Uhr. Sie sind seit etwas mehr als sieben Stunden unterwegs. Am Horizont wird es allmählich hell – eine schmale rötliche Linie, die der Erdkrümmung folgt. Sie sieht zu Carzo hin, der mit weit geöffneten Augen in die Dunkelheit starrt. Man könnte glauben, er habe sich seit dem Start keinen Millimeter bewegt. Bei der Erinnerung an ihren Traum, der langsam entschwindet, beißt sie sich auf die Unterlippe. Sie streckt sich.
    »Entweder erklären Sie mir jetzt genau, was wir in der Schweiz wollen, oder ich springe aus dem Flugzeug.«
    Carzo fährt leicht zusammen, als hätten ihn ihre Worte aus tiefem Nachdenken gerissen. »Was wollen Sie wissen?«
    »Alles.«
    Er dreht sich um und blickt aufmerksam in die Runde. Die anderen Fluggäste liegen schlafend in ihren Sesseln. Er entspannt sich.
    »Wie ich Ihnen schon gesagt habe, hat man mich in so gut wie alle Länder der Erde geschickt, damit ich den Fällen von Vielfachbesessenheit nachging, die allem Anschein nach mit den Morden an Weltfernen Schwestern einhergingen.«
    »Was für Fälle, sagten Sie?«
    »Vielfachbesessenheit. Über die ganze Welt verteilt fanden sich vom Teufel Besessene, die alle die gleichen Symptome aufwiesen und in ein und demselben Augenblick dieselben Wörter sagten, ohne einander je im Leben begegnet zu sein.«
    »Wollen Sie damit sagen: als wäre ein und derselbe Dämon in verschiedenen Ländern zur selben Zeit in sie alle gefahren?«
    »So in etwa. Allerdings waren das immerhin Dämonen der siebten Hierarchiestufe, sozusagen die Leibgarde des Satans. Fälle solchen Kalibers sind ausgesprochen selten, vor allem, wenn man hinzunimmt, dass jedem von ihnen einer gegenüberstand, in dem sich ein Engel im Körper eines Menschen niedergelassen hatte, ein von Gott entsandter Geist, der sich durch dessen Mund äußerte, während der Körper in tiefem Schlaf zu liegen schien. Man könnte das als ›göttliche Besessenheit‹ bezeichnen. Dabei wiesen sie einer wie der andere sämtliche Wundmale Christi auf: die an den Händen und Füßen, die Wunde in der Seite wie auch die von der Dornenkrone an der Stirn, auf dem

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