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Das Evangelium nach Satan

Das Evangelium nach Satan

Titel: Das Evangelium nach Satan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Graham
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Hilfsorganisation tätig war, oder beides. Zum Beispiel Martha Jennings. Erinnerst du dich an sie, Carzo? Die dicke, hässliche und gütige Frau, bei der dich deine Mutter manchmal abgegeben hat, als du klein warst … Sie roch nach einer Mischung aus Mimosen und einem Müllsack, den man in der prallen Sonne hat stehen lassen. Ein wenig nach Mimosen und stark nach dem Übrigen. Willst du wissen, warum sie gleichzeitig nach diesen gegensätzlichen Dingen roch?«
    »Halt den Mund.«
    »Sie hatte zwei geistig behinderte Kinder adoptiert, die niemand wollte. Deswegen der Duft nach Mimosen. Und das andere hat sie sich damit verdient, dass sie, wenn ihr Mann abends nach Hause kam und nach Alkohol roch, den Fernseher auf volle Lautstärke gedreht hat, um nicht hören zu müssen, was er im Schlafzimmer mit der Kleinen getrieben hat.«
    »Halt jetzt um Gottes willen den Mund!«
    Schweigen.
    »Und erinnerst du dich noch an den alten Schweinehund Ron Calbert? Nein, natürlich nicht. Du warst ja erst acht. Trotzdem, ein großer Dürrer mit runden Brillengläsern und langen Haaren. Du hattest ihn berührt, als er sich in der Schlange vor dem Kino an dir und deinem Vater vorbei vordrängelte. Du wärest fast ohnmächtig geworden, so sehr stank er nach Ammoniak. Der Geruch von Kindermördern. Im Verlauf von zwei Jahren hatte er vierzehn Kindern Gewalt angetan und sie dann lebend begraben.«
    Carzo schließt die Augen. Als ihm Ron Calberts Geruch in die Nase gestiegen war, nachdem er an jenem Tag dessen Arm berührt hatte, war er so bleich geworden, dass ihn sein Vater beiseitegeführt und gesagt hatte, er solle sich auf eine Bank setzen.
    »Ja, jetzt erinnerst du dich an Ron Calbert. Er hat damals gemerkt, dass dir etwas aufgefallen war und dich nicht aus den Augen gelassen, während sich dein Vater um dich kümmerte. Er hatte sogar Lust, dich zu seinem fünfzehnten Opfer zu machen. Dann hat er es sich aber anders überlegt, als er gesehen hat, dass du mit deinem Vater in dessen Kleinlaster gestiegen bist, um nach Hause zurückzufahren. Du hast dich sogar noch nach ihm umgesehen. Weißt du das nicht mehr?«
    Doch, Carzo erinnert sich. Er hatte zu Calbert hingesehen, und der Mörder hatte das bemerkt und ihm zugewinkt.
    »Willst du den wahren Grund für seinen Sinneswandel wissen, soll ich dir sagen, warum er dich doch nicht zu seinem nächsten Opfer gemacht hat?«
    »Nein.«
    »Ich sage es dir trotzdem. Unmittelbar vor deinem Vater und dir stand ein kleines Mädchen mit blonden Zöpfchen in der Schlange. Genau auf so etwas hatte Calbert Lust. Deswegen hat er sich auch vor euch gedrängt. Er wollte näher an sie heran, um an ihren Haaren zu riechen. Drinnen im Kino hat er gewartet, bis es dunkel war, und dann das Mädchen und die Mutter mit Chloroform betäubt. Übrigens hieß die Kleine Melissa. Soll ich dir sagen, wie viele Kinder er noch umgebracht hat, bevor man ihn fassen konnte? Wirklich schade, dass du an dem Tag nichts gesagt hast.«
    »Niemand hätte mir geglaubt.«
    »Das stimmt.«
    Wieder Schweigen.
    »Und dann war da noch Barney.«
    »Wer?«
    »Dein Schulfreund Barney Clifford, mit dem du jeden Abend und jedes Wochenende zusammengesteckt hast. Ihr habt alle eure Streiche gemeinsam ausgeheckt und alles miteinander geteilt, Gutes wie Schlechtes. Sogar die Mädchen … Na ja, Hochwürden, nicht nur Mädchen. Oder täusche ich mich?«
    »Halt den Mund.«
    Kaleb pfeift leise durch die Zähne.
    »Bei allen Dämonen der Hölle, Carzo. Du warst doch nicht etwa in Clifford verliebt? Oho! Wie weit ist es denn gegangen?«
    »Halt die Schnauze.«
    »Tut mir leid. Schmerzliche Erinnerungen. Deswegen bist du ja auch wohl Priester geworden, oder?«
    »Barney ist mit zwanzig Jahren bei einem Autounfall umgekommen. Ja, ich habe ihn geliebt. Danach bin ich ins Priesterseminar eingetreten.«
    »Ich habe Barney umgebracht. Das musste sein. Er ist übrigens hier bei uns. Willst du mit ihm sprechen?«
    »Hau ab.«
    Carzo ballt die Hände zu Fäusten, als er die Stimme seines Freundes aus dem Mund des Tieres hört.
    »Grüß dich. Na, alles klar?«
    »Spar dir die Mühe, Kaleb. Du weißt genau, dass das nicht Barney ist.«
    Kaleb seufzt.
    »Na schön. Machen wir weiter. Du bist also ins Priesterseminar eingetreten. Nach der Priesterweihe hast du gelernt, die Gerüche, die du unterscheiden konntest, zuzuordnen, und bist in der Wunder-Kongregation Exorzist geworden. Der beste von allen. Kein Dämon war dir gewachsen. Außer mir. Na ja … fast.

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