Das ewige Lied - Fantasy-Roman
gehen!“, sagte sie ruhig, aber bestimmt, „Ihr habt hier alles erfahren, was Ihr wissen müsst!“
Jayel bedankte sich nochmals bei der Hohen Herrin, und rasch brachte man sie zurück zu den Pferden. Ein Elf setzte sich an die Spitze des kleines Zuges und führte sie durch das Dorf. Als sie die Elfensiedlung verließen, wandte sich Jayel noch einmal im Sattel um und blickte zurück: Die Elfen waren derweil wieder zu ihren alltäglichen Tätigkeiten übergegangen und schienen den Fremden keine Beachtung mehr zu schenken. Es war fast, als wäre diese kleine Siedlung nur bedingt von dem betroffen, was draußen in der Welt vor sich ging.
Als sie am Abend rasteten, wagte sich Jayel endlich, dem Elf doch ein paar Fragen zu stellen. Ihr Führer erklärte ihnen, dass der Kristall schon seit Jahrhunderten im Heiligen Hain aufbewahrt würde. Dieses Heiligtum der Elfen wurde von zwei Priesterinnen bewacht, jeweils einer alten Hohepriesterin und einer jungen Akolythin. Starb die Alte – was bei einer elfischen Lebenserwartung von 300 Jahren bisher nur zweimal vorgekommen war – wurde die Akolythin zur neuen Hohepriesterin und bildete ihrerseits eine Nachfolgerin aus. Auf die Frage, welches Zeichen der Hass denn in seinem Volk hinterlassen hätte, wich der Elf jedoch geschickt aus, und Jayel wollte nicht weiter in ihn dringen. Sie nahm sich vor, eine der Priesterinnen danach zu fragen.
Den nächsten Tag ritten sie noch durch, doch am Abend bedeutete ihnen der Elf, anzuhalten: „Hier beginnt der Heilige Hain. Wenn ihr weiter nach Süden reitet, erreicht ihr den Tempel. Ich darf euch leider nicht weiter begleiten. Viel Glück!“ Damit wandte sich der Elf um und ging zurück.
Jayel sah ihm eine Weile nach, bis der Elf zwischen den Bäumen verschwunden war. Dann blickte sie wieder nach vorne: Sie versuchte, eine Grenze zu erkennen, die dem Boten verraten hatte, dass hier der Heilige Hain begann, doch sie konnte nichts entdecken. Achselzuckend trieb sie ihr Pferd an, um den Tempel so bald wie möglich zu erreichen.
Als der Tempel nach einer geraumen Weile in Sicht kam, stiegen die Gefährten von den Pferden ab, um sich dem Heiligtum in angemessener Ruhe zu nähern. Der Tempel sah aus wie eine säulenumrankte Arena und stand auf einer kleinen Waldlichtung. Elf hoch aufragende Steinsäulen waren in einem Kreis um eine Plattform aus weißem Stein herum aufgestellt, so daß der Tempel zum Himmel hin offen war. In der Mitte befand sich eine kupferne Opferschale, die etwa einen Schritt durchmessen mochte.
Schon von weitem sahen die Reisenden, dass der Tempel leer war. Rechts daneben konnte Jayel eine kleine Hütte erkennen; wahrscheinlich der Wohnraum der beiden Priesterinnen. Beim Näherkommen fiel ihnen auf, dass es eigenartig still war.
Jayel trat auf die Hütte zu. „Hallo?“, rief sie. Niemand antwortete. „Hallo!“ rief die Bardin etwas lauter, obwohl sie sicher war, dass ihre Stimme in der herrschenden Stille gut hörbar gewesen sein musste. Da wurde sie einer Bewegung am Fenster gewahr. Entschlossen trat Jayel an die Tür der Hütte. Sie wollte anklopfen, doch da bemerkte sie, dass die Tür einen Spalt breit offen stand. Vorsichtig drückte sie dagegen, und die Tür schwang auf. Jayel konnte das karge Innere der Hütte erkennen: ein Tisch, zwei Stühle, eine Truhe und zwei Betten. Auf einem der Betten kauerte eine Gestalt. „Seid gegrüßt!“, sagte Jayel vorsichtig. Die Gestalt sprang zitternd auf, und Jayel erkannte nun im Halbdunkel, dass es ein Elfenmädchen war, vom Aussehen her etwas jünger als sie selbst. In den Händen hielt sie einen kräftigen Stock.
„Gehört ihr zu ihnen?“, hörte die Bardin eine weinerliche Stimme wispern.
„Zu wem?“, fragte Jayel erstaunt. „Die Hohe Herrin schickt uns hierher, wir...“
Weiter kam sie nicht, denn die Elfin ließ den Knüppel fallen, rannte auf sie zu und rief: „Endlich kommt jemand. Ich dachte schon, sie würden mich auch noch holen...“
Beim Näherkommen stutzte sie jedoch und kniff, geblendet vom durch die Tür einfallenden Licht, die Augen zusammen: „Aber ... ihr seid ja Menschen..?“
„Ja“, versuchte Jayel zu erklären, „wir sind auf der Suche nach dem Luftkristall. Wir haben schon den Wasser- und Erdkristall und sollen...“
„Oh, ihr sollt die Prophezeiung erfüllen“, heulte da die junge Elfin los, „Murja wusste es, sie hat es vorausgesehen. Wie schrecklich...“
Jayel war zurück ins Freie getreten, und die Elfin war ihr
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