Das ewige Lied - Fantasy-Roman
den Arm: „Ich wäre untröstlich gewesen, wenn Ihr euch etwas getan hättet wegen Daphnus’ kleiner Zauberspielchen. Würdet Ihr mir die Ehre erweisen und heute Abend meine Tischdame sein?“ Jayel konnte nur noch nicken und setzte sich neben ihn an den Tisch. Unglücklicherweise setzte sich Daphnus an ihre andere Seite. So eingekeilt zwischen ihren Peinigern, schöpfte Jayel erst einmal wieder Kraft, während Chrisofus den ersten Gang servierte.
Ars war von ausgesuchter Höflichkeit und Galanterie ihr gegenüber, während Daphnus stumm seine Suppe in sich hinein löffelte. Ars schaffte es außerdem, nebenher noch mit Peer über Geschäfte zu plaudern. „Mein Vater wird sicher nichts dagegen haben, wenn ich noch ein bisschen in der Stadt bleibe. Da wir ihm ja nun keine Kostprobe der Tinte mitbringen können … ja, Fräulein Jayel, da staunt Ihr. Für uns war die Tinte bestimmt. Nun ja, wir haben sie ja in gewissem Sinne auch bekommen, nicht wahr?“ Er hüstelte gekünstelt. „Mein Vater, Gernot Guldenbrink, ist auf der Suche nach einer Tinte dieser Art für unsere Spedition. Die Warenlisten könnten mit besonders haltbarer Tinte weniger leicht bei Regen verschmieren.“
Damit erging sich Ars eine Weile in Ausführungen über die Spedition der Familie, und bald war er mit Peer und Grat in ein geschäftliches Gespräch über Handel- und Transportmöglichkeiten zu Lande und zu Wasser vertieft.
Mittlerweile war man beim Hauptgang angelangt. Jayel stocherte etwas lustlos auf dem Teller herum und versuchte, möglichst interessiert auszusehen und dabei an etwas anderes zu denken.
„…Ja, nur mein kleiner Bruder ist leider überhaupt nicht für das Geschäft zu begeistern“, hörte sie Ars’ Stimme. „Er ist der festen Überzeugung, seine Bestimmung sei im magischen Bereich zu finden. Muss wohl an seiner Herkunft liegen. Ihr müsst wissen, meine verstorbene Stiefmutter stammte aus dem Süden, und da sind die Menschen ja ein wenig eigen. Mein Vater ist so gutmütig, er lässt Daphnus die Magische Akademie besuchen. Und dort hat er mal mehr und mal weniger Erfolg…“
„Ich habe gerade als Bester meines Jahrgangs die Abschlussprüfung bestanden“, hörte man plötzlich Daphnus’ ruhige und offenbar gelassene Stimme. Es wurde still am Tisch. Jayel warf Daphnus von der Seite einen überraschten Blick zu. Abschlussprüfungen? Aber Daphnus war doch noch so jung … und Magie erforderte ein langes Studium, hieß es.
Ars lachte leise: „Was heißt das schon. Daphnus hat den theoretischen Teil hinter sich. Aber was das Praktische angeht, das hat man ja an dem kleinen Ereignis gesehen, das unser Zusammentreffen mit Fräulein Jayel heute begründet hat.“
Daphnus tat so, als hätte er diese Bemerkung überhört. „Nach dem Grundstudium, das fünf Jahre dauert, ist es Sitte an der Magischen Akademie, für ein Jahr umherzuwandern und zu entscheiden, welchem Zweig der Magie man sich endgültig verschreiben will. Und das ist es, was ich zur Zeit tue,“ erklärte er steif.
„Das klingt sehr interessant,“ sagte Peer höflich. „Vielleicht interessiert es euch zu hören, dass meine Tochter auch einer Ausbildung nachgeht, die nicht dem Familiengewerbe entspricht?“
Ars riss erstaunt die Augen auf. „Ach, tatsächlich? Mir war nicht bewusst, dass es Frauen in eurer Position überhaupt nötig haben zu arbeiten…“
Jayel richtete sich in ihrem Stuhl auf. „In der Tat ist es keine Frage der Notwendigkeit, Herr Guldenbrink.“
Peer Ysternas lachte: „Nein, das ganz sicher nicht. Aber seit meine Tochter mit zwölf Sommern zum ersten Mal einem Barden gelauscht hat, war es ihr Bestreben, eines Tages dieser Gilde anzugehören. Sie hat nun die Ausbildung fast vollständig hinter sich gebracht und fährt morgen zurück nach Farseth, um ihre Abschlussprüfungen abzulegen.“
Jayel war gerührt und erstaunt über den Stolz, den sie in der Stimme ihres Vaters hörte. Jahrelang hatte sie geglaubt, dass ihr Vater nur ihrem Drängen nach der Bardenausbildung nachgegeben hatte, um ihr einen Gefallen zu tun, und dass er im Grunde nicht mit ihrer Wahl einverstanden war. Doch offenbar hatte sie sich getäuscht, und er war wirklich stolz auf sie. Daphnus wandte sich Jayel höflich zu: „Wie lange dauert diese Ausbildung, wenn ich euch fragen darf?“
„Vier Jahre“, gab Jayel bereitwillig Auskunft.
„Was denn, vier Jahre um Singen zu lernen?“, erklang Ars’ spöttische Stimme.
Jayel wurde zornig, zwang sich aber,
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