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Das fehlende Glied in der Kette

Das fehlende Glied in der Kette

Titel: Das fehlende Glied in der Kette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Schatten fiel über das Bett, und als ich aufsah, erblickte ich neben der Tür Mrs. Cavendish, die den Arm um Cynthia gelegt hatte. Anscheinend stützte sie das Mädchen, das völlig verstört aussah, ganz verändert. Ihr Gesicht war stark gerötet, und sie gähnte immer wieder.
    «Die arme Cynthia hat solche Angst», sagte Mrs. Cavendish mit ihrer tiefen, klaren Stimme. Ich bemerkte, dass sie ihren weißen Bauernkittel trug. Dann war es wohl schon später, als ich gedacht hatte. Ich sah einen schmalen Streifen Tageslicht durch die Vorhänge fallen und dass die Uhr auf dem Kaminsims fast fünf Uhr zeigte.
    Ein erstickter Aufschrei vom Bett ließ mich zusammenzucken. Eine neuer Anfall hatte die unglückliche alte Dame gepackt. Die Krämpfe waren von schrecklicher Heftigkeit. Alle im Zimmer rannten wild durcheinander. Wir drängten uns um sie, unfähig zu helfen oder die Schmerzen zu lindern. Ein letzter Krampf hob sie vom Bett, bis es schien, als stütze sie sich nur auf ihren Kopf und ihre Fersen, ihr ganzer Körper bog sich auf schier unvorstellbare Weise. Vergeblich versuchten John und Mary, ihr mehr Kognak einzuflößen. Die Zeit raste. Wieder krümmte sich der Körper so schrecklich.
    In diesem Augenblick bahnte sich Dr. Bauerstein gebieterisch seinen Weg in das Zimmer. Einen Augenblick lang blieb er wie angewurzelt stehen und starrte auf die Gestalt auf dem Bett, und genau da schrie Mrs. Inglethorp mit erstickter Stimme, die Augen auf den Arzt gerichtet: «Alfred – Alfred –» Dann fiel sie in die Kissen zurück und regte sich nicht mehr.
    Mit einem großen Schritt war der Arzt am Bett, ergriff ihre Arme und bewegte sie rhythmisch auf und ab, er wandte, wie ich wusste, künstliche Beatmung an. Er gab den Dienstboten ein paar knappe Anweisungen und scheuchte uns alle mit einer herrischen Geste zur Tür. Wir sahen ihm fasziniert zu, obwohl ich glaube, im tiefsten Herzen wussten wir alle, dass es zu spät war und man jetzt nichts mehr tun konnte. Der Gesichtsausdruck des Arztes verriet mir, dass auch er wenig Hoffnung hatte.
    Schließlich ließ er davon ab und schüttelte ernst den Kopf. In diesem Augenblick hörten wir draußen Schritte und Dr. Wilkins, Mrs. Inglethorps korpulenter, übereifriger Hausarzt, kam hereingeeilt.
    In wenigen Worten erklärte Dr. Bauerstein, dass er gerade das Parktor passierte, als das Auto herauskam und er dann, so schnell er konnte, zum Haus hoch gelaufen war, während man mit dem Auto Dr. Wilkins holen fuhr. Mit einer matten Handbewegung wies er auf die Gestalt auf dem Bett.
    «Sehr traurig. Sehr traurig», murmelte Dr. Wilkins. «Arme alte Dame. Immer hat sie zu viel gearbeitet – viel zu viel – gegen meinen Rat. Ich habe sie gewarnt. Lassen – Sie – es – leichter – angehen. Aber nein – ihr Einsatz für die gute Sache war zu groß. Die Natur hat sich gewehrt. Hat sich gewehrt.»
    Ich bemerkte, dass Dr. Bauerstein den Hausarzt scharf beobachtete. Auch als er sprach, hielt er die Augen auf ihn gerichtet.
    «Die Krämpfe waren von einer sonderbaren Heftigkeit, Dr. Wilkins. Ich bedaure, dass Sie sie nicht mit eigenen Augen sehen konnten. Sie waren ähnlich wie beim Tetanus.»
    «Ach!» Dr. Wilkins setzte eine wissende Miene auf.
    «Ich würde gern unter vier Augen mit Ihnen reden», sagte Dr. Bauerstein. Er drehte sich zu John um. «Sie haben doch nichts dagegen?»
    «Nein, selbstverständlich nicht.»
    Wir gingen alle hinaus in den Flur und ließen die beiden Ärzte allein. Ich hörte, wie sich hinter uns der Schlüssel im Schloss drehte.
    Langsam gingen wir die Treppe hinunter. Ich war völlig aufgewühlt. Ich besitze eine gewisse Begabung für logische Schlussfolgerungen und Dr. Bauersteins Verhalten hatte in meinem Kopf die wildesten Theorien ausgelöst. Mrs. Cavendish legte ihre Hand auf meinen Arm.
    «Was ist los? Warum benahm sich Dr. Bauerstein so – sonderbar?»
    Ich schaute sie an. «Wissen Sie, was ich denke?»
    «Was?»
    «Hören Sie!» Ich sah mich um, die anderen waren außer Hörweite. Ich senkte meine Stimme zu einem Flüstern. «Ich glaube, sie wurde vergiftet! Ich bin sicher, dass Dr. Bauerstein denselben Verdacht hat.»
    «Was?» Sie wich zur Wand zurück, die Pupillen ihrer Augen weiteten sich vor Entsetzen. Dann stieß sie plötzlich einen Schrei aus, der mich zusammenfahren ließ, und rief laut: «Nein, nein – das nicht – das nicht!» Sie rannte von mir weg die Treppe hoch. Ich folgte ihr, weil ich fürchtete, sie würde in Ohnmacht fallen. Als

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