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Das fehlende Glied in der Kette

Das fehlende Glied in der Kette

Titel: Das fehlende Glied in der Kette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Kapitel

Poirot untersucht den Fall
     
    D as Haus, in dem die Belgier im Dorf wohnten, lag ganz in der Nähe des Parktors. Man konnte den Weg dorthin abkürzen, indem man nicht die Auffahrt entlangging, sondern einem schmalen Pfad durch das hohe Gras folgte. Also ging ich dort entlang. Ich hatte das Pförtnerhaus fast erreicht, als ich einen Mann auf mich zulaufen sah. Es war Mr. Inglethorp. Wo war er gewesen? Welche Erklärung hatte er für seine Abwesenheit?
    Aufgeregt sprach er mich an.
    «Mein Gott! Das ist ja schrecklich! Meine arme Frau! Ich habe es eben erst erfahren.»
    «Wo sind Sie gewesen?», fragte ich.
    «Denby hat mich gestern lange aufgehalten. Es war schon ein Uhr, als wir fertig waren, und dann merkte ich, dass ich den Hausschlüssel vergessen hatte. Ich wollte nicht das ganze Haus aufwecken, deshalb habe ich bei Denby übernachtet.»
    «Wie haben Sie die Neuigkeit erfahren?»
    «Wilkins weckte Denby, um es ihm mitzuteilen. Meine arme Emily! Sie hat sich so aufgeopfert – so ein edler Mensch! Sie überschätzte ihre Kräfte.»
    Eine Aufwallung von Ekel erfüllte mich. Was war dieser Mann doch für ein vollendeter Heuchler!
    «Ich muss mich beeilen», sagte ich und war erleichtert, dass er mich nicht nach meinem Ziel fragte.
    Wenige Minuten später klopfte ich an die Tür von Leastways Cottage.
    Da niemand darauf reagierte, klopfte ich voller Ungeduld noch einmal. Über mir wurde vorsichtig ein Fenster geöffnet und Poirot höchstpersönlich schaute heraus.
    Bei meinem Anblick entfuhr ihm ein Ausruf des Erstaunens. Mit wenigen kurzen Worten beschrieb ich ihm die Tragödie und bat um seine Hilfe.
    «Warten Sie mein Freund, ich werde Sie hereinlassen und Sie erzählen mir alles, während ich mich ankleide.»
    Schon nach wenigen Augenblicken hatte er die Tür entriegelt, und ich folgte ihm hinauf in sein Zimmer. Dort komplimentierte er mich in einen Sessel, und dann erzählte ich ihm die ganze Geschichte, hielt nichts zurück und vergaß keine auch noch so geringfügige Kleinigkeit, während er sorgfältig und bedächtig mit seiner Toilette beschäftigt war.
    Ich berichtete, wie ich aufgewacht war, von Mrs. Inglethorps letzten Worten, von der Abwesenheit ihres Ehemannes, von der Unterhaltung zwischen Mary und ihrer Schwiegermutter, von der ich Satzfetzen aufgeschnappt hatte, von dem schon etwas zurückliegenden Streit zwischen Mrs. Inglethorp und Evie Howard und deren versteckten Anspielungen.
    Leider drückte ich mich nicht so klar und präzise aus, wie ich es gern getan hätte. Ich wiederholte mich mehrere Male und musste manchmal eine ausgelassene Einzelheit nachtragen. Poirot lächelte freundlich.
    «Die Gedanken sind verwirrt? Nicht wahr? Lassen Sie sich Zeit, mon ami. Sie sind erregt, Sie sind aufgebracht – das ist ganz natürlich. Wenn Sie sich beruhigt haben, werden wir die Tatsachen ordentlich sortieren und in die richtige Reihenfolge bringen. Wir werden sie prüfen und eliminieren. Die wichtigen Dinge suchen wir heraus, die unwichtigen – paff 1 .», er verzog sein Gesicht und stieß auf eine drollige Art die Luft raus – «pusten wir einfach weg!»
    «Das ist ja alles schön und gut», widersprach ich, «aber woher wollen Sie wissen, was wichtig ist und was nicht? Das erscheint mir sehr schwierig.»
    Poirot schüttelte energisch den Kopf. Er zwirbelte nun mit großer Sorgfalt seinen Schnurrbart.
    «Nicht doch. Voyons! Eine Tatsache führt zur nächsten – und so machen wir weiter. Passt die nächste dazu? Ja – merveilleux! Gut! Wir können weitermachen. Dieser nächste kleine Fakt – nein! Ah, das ist aber seltsam! Da fehlt etwas – ein Glied der Kette fehlt. Wir überprüfen alles. Wir suchen es. Und dieses möglicherweise unbedeutende Detail, das einfach nicht dazu passen will, das tun wir hier hin!» Er machte eine überschwängliche Handbewegung. «Es ist wichtig! Es ist entscheidend!»
    «Äh ja…»
    «Ah!» Poirot fuchtelte mit dem Zeigefinger so heftig vor meiner Nase herum, dass ich zurückwich. «Achtung! Schande über den Detektiv, der sagt: ‹Das ist so geringfügig – das hat keine Bedeutung. Es passt einfach nicht. Ich werde es vergessen.› Das führt zu Verwirrung! Alles ist wichtig.»
    «Ich weiß. Das haben Sie schon immer gesagt. Deshalb habe ich ja auch alle Einzelheiten erzählt, ganz gleich, ob sie mir wichtig oder unwichtig erschienen.»
    «Und ich bin mit Ihnen sehr zufrieden. Sie haben ein gutes Gedächtnis und Sie haben mir die Tatsachen wahrheitsgetreu

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