Das Fest Der Fliegen
Dennoch , das in seinem Beruf so oft das entscheidende Argument gewesen war. Er rang sich durch und begann zu erzählen. Es dauerte eine halbe Stunde, bis er das Wichtigste von dem Mord in Edinburgh und von den folgenden Morden berichtet hatte. Er fasste die Ermittlungen zusammen, so gut es ging, Törring half ihm aus, wo Swobodas Englisch nicht präzise genug war. Schließlich nickte Kostas Seitanides. Er lächelte, hob den Arm und reichte dem deutschen Kollegen über den Tisch die Hand. Er gab zu, dass er von einem Teil der Ermittlungen wusste, weil er mit Georges Lecouteux telefonisch in regelmäßigem Kontakt war. Der hatte ihn gebeten, Lavrakis unter Polizeischutz zu stellen, und dafür knapp die Gründe dargelegt. Dass Swoboda ihm die wesentlichen Fakten der Akte Rosenkranzmorde mitgeteilt hatte, besserte die Laune des Griechen. Zuvor hatte ihn geärgert, dass Europol ihm nur das Allernötigste zugänglich machte, so, als sei er kein vertrauenswürdiger Partner. Jetzt waren sie Kollegen. Lavrakis hatte beim Beginn des Gesprächs die Arme vor der Brust verschränkt und diese Haltung nicht geändert. Er blickte mit unverhohlener Abneigung auf den Hauptkommissar aus Kavalla. Auf den Türen der Jeeps war zu lesen, welche Truppe die Untersuchung durchführte. Er hasste seit der Diktatur der Generäle jede Sondereinheit der Polizei, besonders die D.A.E.E.B., die ausschließlich mit Gewaltverbrechen befasst war und weitreichende Befugnisse gegenüber Bürgern wie ihm hatte. Was Gewalt war, definierte der Staat. Das war jetzt nicht anders als zur Zeit der Diktatur. Seitanides fragte ihn etwas. Lavrakis schüttelte den Kopf. Der Hauptkommissar sprach geduldig auf ihn ein, Swoboda hörte, dass er mehrmals wiederholte: »Diefthynsi Diethnous Astynomikis Synergasias!«
Lavrakis nahm die Arme herunter und sagte zu Törring: »He says the case will belong now to another departement, the D. D. A. S. The Police for international cooperation. They work with Ewropol. And all of us have to come to Kavalla.« Er werde, sagte er und sah dabei Swoboda eindringlich an, die Gelegenheit nutzen und eine Mappe mit Zeichnungen mitnehmen, die er einem Händler in Kavalla versprochen habe. Es kam, wie Swoboda befürchtet hatte. Am Nachmittag mussten sie das Dorf verlassen, um den Landrover bei seinem Besitzer Dimosthenis Hatziemanouil in Kalivia abzugeben. Von dort ging es im Wagen mit Kostas Seitanides weiter nach Chrissi Ammoudia, wo die Engländerin im Autoverleih Potos befragt wurde. Sie holten ihr Gepäck bei Olga und Aristos in Panagia ab und setzten schließlich von Limenas nach Keramoti über. Von dort brachte die Polizei sie weiter nach Kavalla ins Hotel Galaxy , dessen Empfangschef offenbar bereits von ihrer Ankunft informiert worden war. Simeon Lavrakis bestand darauf, bei einem Freund zu übernachten. Swoboda versuchte, Martina auf ihrem Mobiltelefon zu erreichen, konnte aber nur in der Mailbox hinterlassen, wo er war. Jetzt erst stellte er fest, dass er seinen Panamahut in Kastro, im Haus von Lavrakis vergessen hatte. Der Maler klopfte ihm auf die Schulter. »It means you will come back next year, my friend! I will paint it for you white on red, title: My friend’s hat. And I will send it to you, so you can see your hat every fucking day.« In der Hotelbar lud Seitanides die beiden Deutschen und den griechischen Maler zu einem Ouzo ein. »I hate Tsipouro, I love Ouzo. Too much.«
Nach dem ersten Schnaps, den er mit wenig Wasser trank, rückte er mit der Frage heraus, die ihm auf den Nägeln brannte und die er auf Griechisch an seinen Landsmann Lavrakis richtete. Dem war sie unangenehm und er reichte sie sofort auf Englisch weiter an seinen deutschen Malerkollegen: Der Police Major wollte wissen, warum der Tote schwarze Finger hatte. Swoboda hob die Schultern, breitete die Hände aus und schwieg. Lavrakis senkte den Kopf, blickte dabei unwillkürlich auf die Mappe mit Zeichnungen, die er an seinen Stuhl gelehnt hatte. Kostas Seitanides folgte dem Blick. Er lächelte und bestellte eine zweite Runde Ouzo. Sie tranken und sie schwiegen. Dann bot der Police Major einen Tausch an. Er habe in Chrissi Ammoudia den Namen des Motorradfahrers erfahren, und der sei mit größter Wahrscheinlichkeit auch der Name des Ermordeten im Beinhaus von Kastro. Wenn man ihm erklären könne, woher der Kohlestaub an den Händen des Toten kam, werde er, vielleicht, den Namen preisgeben. Alexander Swoboda musste grinsen. Sie kannten beide das Spiel
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