Das Fest Der Fliegen
in die Mitte der Halle, schenkte aus der Flasche Neuseeländer Sauvignon Cloudy Bay zwei Gläser ein und trug sie zu Martina und Burton. Der strohgelbe Wein nahm die grünen und blauen Reflexe des Aquariums auf. »Dann lassen Sie uns doch auf einen guten Vertrag anstoßen, oder?« Martina roch an dem Sauvignon, der tatsächlich sehr stark duftete. »Wenn Alexander zurück ist, können wir gern über den Preis reden.« »Ja«, sagte Burton und hielt ihr sein Glas entgegen. »Wenn er zurück ist.«
»Morgen oder übermorgen.« »Dann muss ich mich eben gedulden.« Er ließ sein Glas an ihres stoßen. Martina trank. Der Wein schmeckte ihr, hatte aber im Hintergrund eine herbe, fast bittere Note, die sie nicht mochte. »Jetzt genießen wir erst einmal diesen Sauvignon, er schmeckt grasig, mineral, nach Stachelbeere und Basilikum mit einem winzigen Hauch Ananas!« Sie trank einen größeren Schluck. Jetzt schmeckte sie die Bitterkeit ganz deutlich, die alle anderen Aromen überlagerte. Vermutlich war es diese Komponente, die Burton als »Basilikum« bezeichnete. Sie dachte, dass sie einen solchen Wein nicht für die Karte des Hotels wählen würde. »Na? Ist er nicht großartig? Die Neuseeländer haben im Wein unglaubliche Fortschritte gemacht! Dieser Sauvignon wird aus über fünf verschiedenen Lagen komponiert!« »Ich weiß nicht, er ist etwas grob im Abgang.« »Abgang!« Burton lachte laut. »Das ist wirklich ein treffendes Wort dafür! Grober Abgang!« Sie fand Burtons Gerede und Gelächter albern. Andererseits war es ihr egal. Ihre Gedanken lösten sich auf, sie konnte nicht mehr bestimmen, was sie dachte, sie fragte sich, warum die Farben des Aquariums ausblichen und nun sogar in einem seltsam überstrahlenden Weiß verschwanden. Leicester Burton nahm ihr das Glas aus der Hand, bevor sie in sich zusammensackte und Salviati sie auffing. De Cupis kam hinzu. Sie trugen sie ins Refektorium und betteten sie mit dem Rücken auf die lange Tafel. Salviati desinfizierte die rechte Armbeuge, legte einen dünnen Venenkatheter mit gelbem Verschluss und injizierte Thiopental nach. Eine winzige Menge des Barbiturats hatte den Geschmack des Weins in ihrem Glas verdorben. Er fixierte die Venüle mit zwei Mullkompressen und weißem Heftpflaster. »Später kriegt sie dann Propofol«, sagte Salviati und lächelte, »das macht nicht nur müde, sondern auch noch glücklich.« »Gebt ihr eine Decke«, sagte Burton, »und ein Kissen unter den schönen Kopf. Du passt auf sie auf, Salviati. Sie ist eine Schwester der heiligen Martina von Rom. Wir warten die Dunkelheit ab.« Er trat an die Glastüren zur Terrasse. Der Regen hatte aufgehört, die Wolkendecke begann sich aufzulösen und ließ ein paar Flecken blauen Himmels zu. Der Großabt Petrus Venerandus alias Leicester Burton hielt das für ein gutes Zeichen.
Obwohl Essen und Wein ihn müde gemacht hatten, legte sich Alexander Swoboda nicht im Hotelzimmer schlafen, sondern lief von der Straße Eleftheriou Venizelou, an der das Galaxy lag, zum Hafen hinunter. Er hatte Törring gesagt, dass er allein sein wollte. Fischerboote lagen ruhig im glatten Wasser, die Uferlaternen spiegelten sich, auf der anderen Seite der Bucht waren in den Mietshäusern der Neustadt die Wohnungen beleuchtet, und am Verladekai lagen zwei große Fähren, die von Scheinwerfern angestrahlt wurden. Swoboda telefonierte, während er auf der gepflasterten Mole an der Bucht der Fischer entlangschlenderte. Er versuchte, Martina im Hotel Korn zu erreichen. Ilse Matt nahm ab. Sie war so betrunken, dass er kaum ein Wort verstand und das Gespräch beendete. Er versuchte es in der Galerie. Martinas Stimme vom Anrufbeantworter bat, eine Nachricht zu hinterlassen. »Ich liebe die Leiterin dieser Galerie«, sagte Swoboda, »ruf bitte zurück.« Dann meldete er sich bei Michaela Bossi, die ihm versprach, ihn mit Georges Lecouteux in einer Konferenz zusammenzuschalten. Er wartete auf ihren Rückruf. Kurz darauf meldete sie sich und verband ihn mit dem Commissaire in Paris. »Immer wieder ein Wunder, nicht? Man sitzt so weit und redet so nah!« Lecouteux’ Stimme tat ihm gut. »Ich habe ein paar Fakten, die uns weiterhelfen werden«, versprach Swoboda und Frau Bossi bat die beiden Kollegen, das Gespräch mitschneiden zu dürfen. »Es gab gestern tatsächlich einen Mordanschlag auf den Maler Simeon Lavrakis. Er ist unverletzt. Der Täter ist flüchtig, aber wir wissen, wer er ist. Er ist der Mörder von Edinburgh. Er hatte sogar
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