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Das Fest Der Fliegen

Das Fest Der Fliegen

Titel: Das Fest Der Fliegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gert Heidenreich
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Sonne über der Bucht sah.
    Heilige Muttergottes, confiteor: Ich bin in Sünde verstrickt und finde keinen Ausweg. O Mutterherz Mariae, als verzweifelter Sünder erscheine ich vor Dir, um Dich um Erbarmung anzuflehen für meine Ratlosigkeit. Wie soll ich mein Werk der Engelslegion retten, ohne all die zu töten, die es jetzt verfolgen? Wie weit ist die Heimtücke Deiner Feinde schon gediehen? O makelloses Herz Mariae, um des Schmerzes willen, den Du empfunden hast, rate mir! O erbarmungsreiches Herz Mariae, ich habe nun all das, was wir für Dich fordern, öffentlich dargetan. Die Welt in den Klauen des Bösen weiß nun, welchen Weg sie einschlagen muss. O mildes Herz Mariae, um des Schmerzes willen, den Du empfunden hast, haben wir unser Geheimnis preisgegeben und aller Welt gesagt, wie wir gehandelt haben und wie wir handeln werden!
    O gnadenreiches Herz Mariae, hilf mir, denn ich bin in tiefen Zweifeln gebunden und sehe kein Licht: Du allein weißt, was unser Bruder Ranuccio, Gott sei seiner Seele gnädig, in den letzten Stunden seines Lebens getan hat. Du allein weißt, wer sein Geständnis, seinen Verrat (o dieser Judas, den wir geliebt haben, Jesus möge ihm verzeihen!) gelesen hat. Du hast mich zu dem Priester geführt, der Dich und Deine Inquisitio Haereticae Pravitatis verraten wollte. Du hast mir die Kraft gegeben, ihn daran zu hindern, das heilige Geheimnis der Beichte zu brechen. Du gabst mir die Entschlossenheit, sein schwaches Herz in deine gnadenreichen Hände zu legen. Nun gib mir die Gewissheit, o Du meine geliebte Mutter, wer außer ihm Ranuccios Verrat kennt. Wer ihn bezeugen kann. Denn Du weißt: Ist einer unter uns, der gegen uns Zeugnis ablegt vor Gericht, so wird er ein Diener des Teufels sein – aber in seiner Macht liegt es, die Engelslegion zu zerstören und Dich Deiner ergebenen Soldaten zu berauben. Ja, ist irgendwo draußen in der Welt einer, der Kenntnis hat von dem Geständnis und es bezeugen kann: Wir müssen ihn finden, wo immer er sich aufhält! Hilf uns, den zu finden, der das Gift in sich trägt, mit dem er uns töten kann. O Du meine geliebte Maria, keinen Augenblick würde ich zögern, für Dich mein Leben zu geben, weil ich weiß, dass ich dann aufgenommen werde in Deine liebenden Arme. Und alles in mir drängt an Dein Herz! Doch noch ist so viel zu tun in dieser verkommenen Welt. Ich habe mein Werk nicht beendet. Hilf mir zu siegen in Deinem Namen!
    Petrus peccator
    Der Großabt sicherte die Datei, verschlüsselte sie und schaltete den Computer aus. Er stand auf, ging zum Fenster und sah in den Park hinunter, der schattenlos unter dem bedeckten Himmel lag. Petrus Venerandus rief sich in Erinnerung: Er war als Leicester Burton aus dem Rathaus gekommen und dem Pfarrer begegnet. Leon Schnaubert lief da gerade über den Schillerplatz und war schon am Eingang des Rathauses vorüber, als er ihn ansprach und ihm die Zeitung mit dem Polizeifoto von Ranuccio zeigte. Der Priester war erschrocken. Er wollte nicht stehen bleiben. War es nur das Entsetzen über das Schicksal eines jungen Mannes? Er hatte es eilig. Zweifellos war er auf dem Weg in die Hedwigskirche. Doch wo kam er her? Wo war er zuvor gewesen? Seiner Richtung nach hatte er den Schillerplatz von der Hauptstraße her betreten. Und die verband Schillerplatz und Neldaplatz. Die Galerie. Die Galerie am Neldaplatz, in der jetzt die Porträts von Domingo und Ranuccio hingen. Die Galerie von Martina Matt. Warum hatte er bisher nur an den Maler gedacht? Swoboda war an diesem Tag wahrscheinlich in seinem Atelier in der Prannburg. Er arbeitete noch für die Ausstellung. Das Ranuccio-Porträt roch jetzt noch nach frischer Ölfarbe. Also Martina? Wenn der Priester zu Martina gegangen war? Warum? Welchen Grund hätte er gehabt, mit ihr über Ranuccios Beichte zu sprechen? Oder ihr gar das Papier zu zeigen? Nein. Eine so vertraute Verbindung zwischen Leon Schnaubert und Martina Matt ließ sich nicht vernünftig voraussetzen. Dennoch hatte sie eigenartig reagiert, als er nach den beiden Porträts gefragt hatte. Oder hatte er sich das eingebildet, weil er selbst von den Bildern schockiert war? Fest stand, dass sie in Edinburgh gewesen war und dort Farben für Swoboda gekauft hatte. Dort hätte sie Domingo sehen können, aber er hatte nichts von einer Frau erwähnt … Er kam nicht weiter. Seit Tagen kreisten seine Gedanken immer wieder um dieselben Fragen. Obwohl Wahrscheinlichkeit und Logik gegen eine Verbindung von Martina mit dem

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