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Das Fest Der Fliegen

Das Fest Der Fliegen

Titel: Das Fest Der Fliegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gert Heidenreich
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Bergkuppen. Ringsum flammten Herbstfarben auf. »Einsam, aber ganz schön.« Swoboda sah, dass sein Begleiter, der ein guter Polizist war, nicht wahrnahm, was ihn selbst in jedem Frühjahr und Herbst sprachlos machte: Beginn und Abschied der Natur steigerten sich von geringsten Andeutungen zum Schwelgen in Farben, und in beiden Zeiten hatten Maler, die sich darauf einließen, an den Farbkästen Disziplin nötig: In Frühling und Herbst lauerte der Kitsch. Jedes Zeitalter der Malerei hatte das Problem, die Nachahmung der Farbenverschwendung zu vermeiden, die die Natur im Blühen und im Vergehen ausbreitet. Er rief seine abschweifenden Gedanken zurück. In einigen seiner Kriminalfälle hatte er aus solchen Umwegen die Lösung gewonnen. Hier, ahnte er, würde es nicht so sein. In dieser karstigen Gegend, die nach Armut und Zorn aussah, spürte er Gewalt. Sein Begleiter deutete auf ein Haus neben der kleinen Kapelle, aus dessen Kamin Rauch aufstieg.
    Als der Suzuki-Jeep endlich kam, musste er noch abgerechnet und begutachtet, gereinigt und gewaschen werden, und so wurde es Mittag, bevor die Engländerin in der Wagenvermietung Potos ihn an Domingo ausleihen wollte. Sie entschuldigte sich überschwänglich für die Verspätung, schuld sei der vorherige Kunde, der den Wagen leider nicht am Abend, sondern erst jetzt zurückgebracht habe. Domingo bestand darauf, für drei Tage im Voraus bar zu zahlen, was die Verleiherin misstrauisch akzeptierte. Auch dass er seinen Koffer dabeihatte und hinten in den Wagen legte, war ungewöhnlich. Seinen Papieren nach war er Holländer, wenn auch in den USA geboren. Holländer war sie auf dieser Insel gewohnt. Kurz nach Domingo verlangte ein Belgier mit Namen Liefen van Alcke einen Jeep, doch es war nur noch ein Fiat Uno verfügbar, den er ablehnte. Er machte einen hektischen Eindruck und schien sich mühsam zu beherrschen. Motorräder bot sie an, zwei Maschinen zur Wahl, die man mit seinem Führerschein fahren durfte. Sie zeigte ihm eine, die vollgetankt war, er sagte sofort Ja, bestand ebenfalls darauf, den Wochenendtarif bar zu zahlen, und verwirrte die Verleiherin, die den Vertrag ausstellte, durch die Hastigkeit, mit der er das Geschäft abzuschließen wünschte und ihr den schwarzen Leihhelm aus der Hand riss. Carafa verzurrte seine Reisetasche auf dem Gepäckträger, fuhr los und wäre beinahe in der ersten Kurve, die er aus der Einfahrt des Autoverleihs auf die Straße hinaus zu schnell nahm, gestürzt. Er jagte Domingo nach, betete zu Maria, dass er ihn finden würde, wenn er sich an der nächsten Kreuzung zwischen den Richtungen Potamias und Limenaria entscheiden musste. Maria half. An der einzigen Tankstelle bei Skala Potamias sah er den Suzuki stehen, fuhr vorüber, wartete in einiger Entfernung, bis Domingo ihn überholte, setzte den Helm wieder auf, senkte das Visier vor sein Gesicht und folgte dem weißen Jeep auf der Küstenstraße nach.
    Sie stiegen die schmale Holztreppe hinauf und sahen von der Veranda aus in den halbdunklen Raum, der eine Küche zu sein schien. Jedenfalls stand dort ein Mann am Herd und kochte. Er hatte einen großen Waschkessel vor sich auf dem Feuer stehen und rührte darin herum. Simeon Lavrakis hatte sie längst bemerkt, schaute kurz zu ihnen her und nickte. »Who of you guys is the painter?« Swoboda trat in die Küche ein und sagte: »Ich bin der Maler. My Name is Alexander Swoboda. And you? You are Mister Lavrakis?« Er sah nicht her, ließ seinen Bottich nicht aus den Augen und rührte mit dem langen Holzlöffel kräftig weiter. »So you can help me. Cooking. Cooking raddle. You know raddle wall paint? Good for grounding canvas! Take my coat!« Er deutete mit der linken Hand an die Stirnseite des Raumes, wo einige verfleckte und von Farbe starrende Arbeitsmäntel hingen. Swoboda folgte der Aufforderung. So viel hatte er verstanden, dass Lavrakis eine rote Wandfarbe kochte, die sich auch als Malgrund für Bildleinwände eignete. Während er den Kittel anlegte, betrachtete er den Maler am Kessel. Dem Farbton nach rührte er Rotocker an. Offenbar hatte er mit raddle dieses Pigment gemeint, das er nach und nach hinzugab. Der Grieche sah so aus, wie er in der Turmspitze der Camera Obscura von Edinburgh ausgesehen hatte, Jeans und Hemd, diesmal ein schwarzes, der Bauch über den Gürtel gewölbt. Die schweißnass glänzende Glatze und die Ringe unter den Augen. Nur dass er jetzt eine alte Schürze aus Schafleder trug, die ihn vor den brühend heißen

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