Das Fest der Pferde
Waldcafé einen Eisbecher zu gönnen.
„Die Schulpferde sind heute auf der Waldkoppel, wollen wir schnell mal bei ihnen vorbeischauen?“ fragte Bille.
„Laß uns das auf dem Rückweg machen. Unsere Leute sind heute dabei, die Ernte auf dem Roggenschlag hinterm Wald einzubringen. Daniel hat mich gebeten, einen Blick hinüber zu werfen. Einer der beiden Mähdrescher fiel gestern aus, der Mechaniker wollte heute früh draußen sein.“
„Aber Daniel glaubt nicht, daß er wirklich erschienen ist“, vollendete Bille den Satz. „Okay, sehen wir mal nach.“
„Hast du das Fliegenspray eingesteckt? Die Biester sind heute ekelhaft.“
„Jede Menge. Blackyboy geht doch sonst keinen normalen Schritt, nächstens nehme ich mir einen Palmwedel mit, um dem Herrn die Fliegen zu verscheuchen.“
„Das gefiele ihm sicher ausgezeichnet. Mir übrigens auch. Von Nathan ganz zu schweigen.“
Nathan machte den Hals rund und scharrte heftig mit dem Huf, wie zur Bestätigung.
„Ein Pferd, schön wie ein Denkmal“, sagte Bille begeistert. „Nun, was das betrifft, haben sich die beiden wohl nichts vorzuwerfen. Black Arrow nimmt es allemal mit ihm auf. Ich würde eher sagen: Ein würdiger Rahmen für zwei so schöne Reiter, wie wir es sind!“
„Spinner!“
„Keine Intimitäten, jetzt wird gearbeitet!“
Simon galoppierte an und bog in den Waldweg ein. Bille folgte ihm und hatte ihn schnell eingeholt. In ruhigem, gelöstem Galopp ritten sie eine Weile schweigend nebeneinander her; erst am Moorsee parierten sie zum Schritt durch, hielten sich aber nicht lange auf, denn hier attackierten die Bremsen sie besonders heftig. Sie wählten einen kleinen Weg, der mitten durch die Tannen führte und angenehme Kühle verströmte. Wie Riesensonnenschirme breiteten vereinzelte Buchen ihr Blätterdach über dem Nadelgehölz aus.
„Kein schlechter Rastplatz“, stellte Bille fest und wies auf eine winzige Lichtung, von dichtem Moos überwachsen und geformt wie ein behagliches Nest.
„Das meint man immer, und kaum hat man es sich gemütlich gemacht, stellt man fest, das Tausende von Ameisen die Stelle vor einem entdeckt haben.“
Vor ihnen lichtete sich der Wald, und bald waren sie wieder auf freiem Feld.
„Links rauf, da drüben ist der Roggenschlag“, sagte Simon. „Scheint alles in Ordnung zu sein, beide Mähdrescher sind in Betrieb. Na, schauen wir trotzdem mal hin.“
Sie hielten am Rande des Feldes an und beobachteten eine Weile das Hin und Her der schwerfälligen Maschinen. Die Arbeiter winkten ihnen zu, riefen auch etwas, das im Lärm der Motoren unterging, aber da Black Arrow nervös zu tänzeln und zu steigen begann, drehte Bille ab und ritt zum Waldrand zurück. Simon folgte ihr bald.
„Reiten wir außen rum?“
„Okay, das ist mal was anderes.“
Jetzt kamen sie an einer Reihe Koppeln vorbei, die zum Dorf Wedenbruck gehörten. Da sie ziemlich weit abseits vom Dorf lagen, blieb das Vieh hier über Nacht draußen. Es gab einen offenen Unterstand mit weit hinausgezogenem Dach, der Schutz bei Regen bot, und auch über eine Tränke verfügte, die aus dem angrenzenden Bach gespeist wurde.
„Na, den Kühen scheint die Hitze heute auch zuviel zu werden“, sagte Bille, als sie sich der Koppel näherten. „Sie machen einen ziemlich angeschlagenen Eindruck. He! Du, warte mal, da scheint eine Kuh zu kalben! Die da drüben, schau, sie stöhnt so merkwürdig, vielleicht ist etwas nicht in Ordnung!“
Bille sprang aus dem Sattel und gab Simon Black Arrows Zügel. Langsam näherte sie sich der Kuh, um sie nicht aufzuschrecken.
„Um Gottes willen!“ entfuhr es ihr. „Sie ist gar nicht trächtig, du! Sie ist krank, sie scheint zu krepieren!“
„Was?“
Nun sprang auch Simon aus dem Sattel. Die Pferde drängten zur Tränke, aber dafür war jetzt keine Zeit, Simon band die beiden am Koppelzaun an und hinkte zu Bille hinüber.
„Die anderen auch, schau sie dir an, sie sind wie gelähmt. Ich kenne mich mit Krankheiten bei Rindern nicht aus, ob das irgendeine Seuche ist?“
Simon sah sich die Tiere eingehend an.
„Eine Seuche oder... Gift!“
„Gift? Welcher Idiot vergiftet denn harmlose Kühe?“ Simon antwortete nicht. Er sah sich aufmerksam um, dann hüpfte er an die Tränke. Er schöpfte mit der Hand ein wenig Wasser und schnupperte daran.
„Mein Gott, hier, riech mal!“
„Das stinkt ja gräßlich! Irgendwie nach... nach etwas Chemischem auf jeden Fall. Nach Medizin oder Farbe oder Verdünnung, ich
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