Das Fest der Pferde
entgegen, gefolgt von Wachtmeister Bode und seinem Gehilfen.
„Wir wollen gerade den Bach unter die Lupe nehmen, um eventuell die Ursache zu finden, bevor der Mann aus der Kreisstelle für Umweltfragen da ist. Sie schicken einen Chemiker. Daß die Kühe vergiftet sind, steht bereits fest“, rief Daniel. „Kommt ihr mit?“
„Klar!“
„Logisch!“
„Bis hierher haben wir den Bach untersucht und nichts Verdächtiges gefunden. Ich nehme an, wir werden die Ursache jenseits des Groß- Willmsdorfer Landes finden.“
„Gibt’s da nicht auch eine wilde Müllkippe?“ erkundigte sich Joy.
„Es gab sie. Sie ist von amtlicher Seite geschlossen worden, das heißt, man hat das Gebiet eingezäunt und Warntafeln aufgestellt. Das sagt allerdings nichts darüber, ob nicht doch jemand heimlich seinen Dreck dort abgeladen hat“, sagte Daniel. „Manche Leute sind richtig gewissenlos. Sie denken nicht eine Sekunde darüber nach, was sie anrichten.“
„Sag lieber gleich: Hirnlose!“ knurrte Bille. „Man sollte sie mitten zwischen die verendenden Kühe setzen und sie zwingen, sich das traurige Schauspiel von Anfang bis Ende anzusehen! Vielleicht würden sie dann aufwachen.“
„Hier müssen wir zu Fuß weiter. Simon, übernimmst du die Pferde solange?“
„Klar. Ich werde mich da drüben in den Schatten setzen und sie anbinden. Für meinen Fuß wird’s sowieso Zeit für eine Pause, er zwickt gewaltig.“
Sie halfen Simon vom Pferd und betteten ihn so unter einen Baum, daß er den gebrochenen Fuß hochlegen konnte. Er wehrte sich lachend, aber Bille war eine strenge Krankenpflegerin, und Wachtmeister Bode unterstützte sie dabei.
„Mit so einer Sache ist nicht zu spaßen, Junge, du weißt ja gar nicht, was da Zurückbleiben kann! Ich hatte eine Tante, bei der der Knochen falsch zusammengewachsen ist, er drückte auf einen Nerv, und sie konnte gar nicht mehr auftreten! Und mein Vetter zweiten Grades aus Hamburg, Skilaufen war er in den Bergen, und gleich am dritten Tag ist es passiert! Hat sich um einen Baum gewickelt, und das rechte Bein war dreimal gebrochen! Aber dann ging’s erst los! Er mußte operiert werden und...“
„Wir können!“ unterbrach Joy seinen Redefluß , ehe er erzählen konnte, was noch zwei weiteren Verwandten beim Knochenbrechen passiert war.
„Na, erzähl ich dir später“, entschuldigte sich Wachtmeister Bode und stiefelte davon.
Bille vergewisserte sich noch einmal, daß die Pferde richtig angebunden waren.
„Wie Robin Hoods Lager!“ Simon streckte lachend die Hand nach ihr aus. „Komm her, Räuberbraut, küß deinen Helden, wer weiß, ob er nicht inzwischen entführt wird!“
„Keine Privatgespräche in der Dienstzeit“, tadelte Daniel den Bruder grinsend. „Hier wird ernsthaft gearbeitet!“
„Und der Fall ist ernst genug!“ sagte Joy bedrückt. „Wenn ich denke, wie viele Wildtiere von der Vergiftung vielleicht schon betroffen sind! Schrecklich!“
Meter für Meter suchten sie den Bach und das Umfeld ab. Immer wieder mußten sie durch Koppelzäune kriechen, sich durch dichtes Gesträuch kämpfen oder ganze Felder von Brennesseln durchkämmen. Die Sonne brannte unbarmherzig, und Wachtmeister Bode, der Außendienst nur noch im Auto absolvierte und auch das ziemlich selten, fuhr sich immer häufiger mit dem Taschentuch über Gesicht und Hals, am Kragen entlang und rund um den Mützenrand.
Billes Hände und Arme waren voller Risse und Kratzer, sie trug - im Gegensatz zu Joy in ihrem festen Khakihemd - nur eine ärmellose Bluse zur Reithose und war Sträuchern und Unkraut erbarmungslos ausgesetzt.
„Der liebe Gott hat sich ja viel Schönes einfallen lassen. Wenn ich so an die Pferde denke“, seufzte sie. „Aber daß er die Schlehen mit Dornen geschaffen hat, nehme ich ihm übel.“
„Schreib einen Beschwerdebrief“, meinte Daniel. „Ich unterschreibe dann mit. Mein Hemd ist nämlich auch hin.“
„Was ist mit der Brücke da vorn? Wer kriecht durch das Rohr?“ erkundigte sich Joy.
„Schmitz, sehen Sie mal nach“, rief Wachtmeister Bode und blieb ächzend stehen. „Sie sind jung und sportlich.“
Polizist Schmitz wäre in diesem Augenblick lieber weniger jung und sportlich gewesen, aber er ging gehorsam in die Knie und unterzog das Rohr, durch das der Bach hier geleitet wurde, einer eingehenden Prüfung.
„Nichts, Wachtmeister.“
„Hab ich mir schon gedacht. Also weiter.“
Der Bach machte jetzt einen scharfen Knick nach links und verschwand in
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