Das Fest der Schlangen
beauftragte ein paar Leute, sich die Sache genauer anzusehen.
Noch immer wusste man nicht, wer Nina am Samstagabend in der Water Street aufgelesen hatte, falls es jemand getan hatte. Es gab weitere Vernehmungen. Die State Police von Massachusetts und das Boston Police Department bemühten sich immer noch erfolglos, den Mann zu finden, mit dem Hartmann zehn Tage zuvor gesprochen hatte. Immerhin wusste sie inzwischen, dass es jemand war, mit dem Hartmann zu Mittag gegessen hatte.
Chief Bonaldo sprach über Peggys Verschwinden, von dem alle schon wussten, und berichtete, was unternommen wurde, um sie zu finden. Die – von niemandem ausgesprochene – Befürchtung war, dass man sie erhängt im Wald auffinden könnte. Bonaldo erwähnte auch die eingeworfenen Fenster und die Suche nach den beiden Autos – einem Ford und einem Chevrolet Malibu. Er gab sich zuversichtlich, dass man den Malibu relativ bald finden würde.
»Was meinen Sie mit › relativ bald ‹ ?«, fragte Brotman.
»Heute. Wir haben mehrere Hinweise.«
»Das will ich hoffen.«
Andere, wie das FBI und der Sergeant der Brewster Police, die mit Leuten im und um das Krankenhaus gesprochen hatten, wussten nichts Neues zu berichten. Alice Alessio hielt sich in ihrer Wohnung versteckt. Zunächst hatten sie gehofft, sie würden schnell etwas finden, aber inzwischen hatten sie sich auf die fundamentale Polizeiarbeit zurückgezogen: Sie sammelten kleine Mosaiksteinchen von Informationen und hofften, dass sie sich zu einem Bild zusammenfügen würden. Dieses Vorgehen stand vor dem Hintergrund der wachsenden Angst in der Stadt, die zum Einwerfen der Fenster geführt hatte. Wenn dabei eine der Frauen in der Nähe der Fenster gewesen wäre, hätte sie womöglich Verletzungen davongetragen. Und stand ein solches Unglück vielleicht noch bevor?
»Kein Unglück«, sagte Captain Brotman. »Eine Katastrophe.«
Bobby erzählte von Carl Krause und dem Umstand, dass sein Arzt im Mai aus Brewster weggezogen war. Carl nehme also vermutlich seine Medikamente nicht mehr. Er habe Carl den größten Teil des Vormittags über gesucht, ihn jedoch nicht gefunden.
»Was hat denn dieser Krause mit all dem zu tun?«, fagte Joe Doyle, der Lieutenant aus South Kingstown.
Bobby kratzte sich am Kopf. »Das weiß ich eigentlich auch nicht. Ich habe einfach das Gefühl, dass er irgendwie damit zusammenhängt. Jedenfalls gerät dieser Kerl außer Kontrolle, und es scheint mir klug zu sein, ihn im Auge zu behalten. Ich bin sicher, dass er die graue Katze aufgehängt hat.«
»Spinnt ihr immer noch mit dieser beschissenen Katze rum? Wir haben hier Entführungen und Morde aufzuklären, und ihr spinnt mit einer beschissenen Katze rum?« Doyle gab ein sarkastisches Räuspergeräusch von sich und schüttelte den Kopf.
Bobby wollte aufstehen, und Bingo Schwartz hielt ihn beim Arm fest.
Bobby ließ sich auf seinen Stuhl zurückfallen. Er sprach in einem metallischen Flüsterton, als würde eine größere Lautstärke zu wütenden Beleidigungen führen. »Krause ist zunehmend gewalttätig und psychisch instabil. Er hat mich und Bonaldo mit einer Schrotflinte bedroht. Die Schlange gehört seinem Stiefsohn, und er hatte Zugang zu ihr. Ich glaube, er hängt in was Größerem drin.«
»Ist also so ’ne Ahnung, ja?«, sagte Doyle. »Was ist das – afrikanische Intuition?«
Innerhalb einer Nanosekunde war Bobby über den Tisch gesprungen. Nur Bingo, der ihn bei den Knöcheln packte, verhinderte, dass er noch weiter flog. Doyle warf sich nach hinten, sein Stuhl kippte um, und er fiel zu Boden. Alle anderen standen.
»Raus, raus!«, brüllte Captain Brotman. »Alle raus! Sie nicht, Doyle.«
Zwanzig Männer und Frauen gingen hintereinander zur Tür hinaus auf den Gang. Woody und Bingo nahmen Bobby in die Mitte, hielten ihn nicht fest, waren aber bereit zum Zugreifen. Der Letzte schloss die Tür. Ein paar Leute holten sich Kaffee, andere gingen zum Cola-Automaten, und wieder andere blieben weit genug von der Tür entfernt stehen, damit es nicht so aussah, als wollten sie lauschen. Zu dieser Gruppe gehörten Bobby, Woody und Bingo.
Was sie hörten, war jede Menge gedämpftes Gebrüll, ausschließlich von Brotman. Bestimmte Wörter waren zu verstehen; sie reichten von »unverzeihlich« bis »Scheiße im Hirn«. Nach fünf Minuten öffnete Brotman die Tür und rief alle wieder herein. Schweigend betraten die Polizisten den Raum. Niemand schaute irgendjemanden an. Woody warf einen verstohlenen Blick
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