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Das Fest der Schlangen

Das Fest der Schlangen

Titel: Das Fest der Schlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Dobyns
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sie sollten. Brachte man sie zusammen, wurde es zur Gewissheit. Letztlich waren sie keine schlechten Kerle. Sie waren nur sicher, dass die Polizei sich nicht kümmerte. Dass die Polizei ihre Arbeit nicht machte.
    Und als sich am Samstag herausstellte, dass Hexen mit diesen Ereignissen zu tun hatten, waren sie empört. Nein, das stimmt nicht ganz. Einzeln waren sie bestürzt, zusammen waren sie empört. Und da sie wie Mackie McNamara die Welt ohne Grauzonen wahrnahmen, wuchs ihre Wut. Nein, auch das ist nicht ganz richtig: Einzeln nahmen sie vielleicht noch Grauzonen wahr, aber nicht zusammen.
    Sie waren zu sechst, wobei ihre Namen unwichtig sind, abgesehen davon, dass es lauter Verkleinerungsformen waren: Dickie und Jackie und Chucky. Am Sonntag waren sie stinkig, und am Montag waren sie richtig stinkig. Sie waren stinkig, weil die Cops nichts unternahmen. Sie waren stinkig, weil mitten in der Stadt Hexen wohnten. Sie waren stinkig, weil alles immer schlimmer wurde.
    Leuchtet es deswegen nicht ein, dass sie Ziegelsteine durch Fenster werfen wollten? Scheiße, sie wollten doch niemanden erschießen. Sie wollten ihnen nur Angst einjagen. Also fuhren sie zu dem Haus am Ende der Whipple Street, zu dem alten Farmhaus, wo Schwester Asherah und Schwester Isis wohnten – schon die Namen waren furchtbar –, und dort taten sie, was sie taten.
    Am nächsten Tag waren drei der Männer bestürzt über das, was passiert war. Die Ziegelsteine hatten mehr Schaden angerichtet als erwartet. Ein einzelner Stein ist eine Sache, acht Ziegelsteine sind eine andere. Die anderen drei fühlten sich ziemlich gut. Sie hatten sich gewehrt, hatten getan, was die Cops nicht tun wollten, weil sie zu ängstlich oder zu faul waren. Mackie McNamara war einer von den dreien, und ihm gehörte der blaue Chevrolet Malibu. Auf dem Sticker an der hinteren Stoßstange stand: STOPPT DAS TREIBHAUSGEJAMMER .
    Keiner der drei hatte Helen Greene in der Grundschule als Lehrerin gehabt, aber sie wussten, dass sie eine war. Sie wussten auch, dass sie gern lange bunte Röcke und Bauernblusen trug und dazu jede Menge Silberschmuck, der an einer alten Frau eher albern aussah. Genau genommen kleidete sie sich genauso wie Schwester Asherah und Schwester Isis, als gäbe es so was wie eine Uniform für Hexen. Es lag also nahe, dass sie eine war. Diese Krankenschwester, Bernie Soundso, trug die Hexenuniform auch, und sie hatten vor, ihr ebenfalls einen Schrecken einzujagen, sowie sie rausgefunden hätten, wie sie mit Nachnamen hieß. Sie mussten sich nur noch überlegen, wie sie es anstellen wollten. Vielleicht ihre Autofenster einschlagen.
    Also waren Mackie, Chucky und Dickie am Dienstagabend, nachdem sie sich mit ein paar Bier geschmiert hatten, zur Bucklin Street hinübergefahren und hatten bei Helen ein paar Steine in die Fenster geworfen. So einfach war das.
    Mittwochabend, als Mackie mit seinem Freund Chucky nach der Arbeit in seiner Bude saß, bekamen sie Besuch. Chief Fred Bonaldo, Detective Gazzola und acht Uniformierte fielen über sie her wie bei einer Großrazzia, stürmten mit gezogenen Waffen durch die Tür und brüllten Obszönitäten. So erzählte Fred es hinterher ein Dutzend Mal. »Wir sind über sie hergefallen wie bei einer Großrazzia.« Schade war nur, dass Mackie und Chucky keinen Widerstand geleistet, sondern sich zu den Streifenwagen hatten führen lassen wie ungezogene Hundewelpen, die ins Tierheim sollten.
    Der kommissarische Polizeichef Bonaldo rief Captain Brotman an, um ihm die gute Nachricht zu übermitteln. »Die wussten gar nicht, wie ihnen geschah«, sagte er. Als Brotman ihn für seine Arbeit lobte, strahlte Bonaldo wie eine errötende Braut.
    Innerhalb einer Stunde saßen alle sechs in einer Zelle auf dem Revier. Noch am Mittwochabend würde man sie in die Erwachsenenhaftanstalt der Strafvollzugsbehörde bringen, einen Komplex von acht Gebäuden in Cranston, wo sie im Aufnahmecenter in Untersuchungshaft genommen werden würden. Wegen der Natur der Anklage – Hassverbrechen und der ganze Rest – würde die Kaution sehr hoch ausfallen, und deshalb würden sie so bald nicht wieder auf die Straße kommen. In der Haftanstalt waren viertausend Männer und Frauen in Minimal-, Normal- und Hochsicherheitstrakten sowie in einem besseren County-Knast untergebracht.
    »Wie bei einer Großrazzia«, erzählte Chief Bonaldo seiner Frau Laura.
    Aber sie waren keine schlechten Kerle.
    Am Mittwoch gegen Mittag wurde Peggy Summers in ihrer grünen

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