Das Fest der Schlangen
schwieg einen Moment lang. »Ich würde ihn ins Nichts denken.«
Vom Rücksitz kam ein Grunzen.
»Na«, sagte Jill, »das wollen wir aber nicht, oder?«
Eine Minute später fuhr sie auf den Parkplatz vor Dunkin’ Donuts. »Übrigens, wie nennst du eigentlich diese Schlange? Wie heißt sie?«
»Sie hat keinen Namen. Sie ist eine Schlange.«
»Hast du denn keine Haustiere? Wie nennst du deine Haustiere?«
»Meine Mom hat einen Hund und eine Katze, aber ich habe nur die Schlange. Mr. Krause lässt mich keine anderen Tiere halten. Kennen Sie den Unterschied zwischen einer Schlange und einer Eidechse?«
»Natürlich.« Jill schloss den Wagen ab und kam zu den Jungen auf den Gehweg. »Die eine kriecht, die andere krabbelt. Fies sind sie beide, wenn du mich fragst.«
Hercel ignorierte diese Bemerkung. »Schlangen haben keine Augenlider, und sie haben keine äußeren Ohren.«
»Und Schlangen haben keine Beine, aber Eidechsen wohl«, sagte Baldo.
»Es gibt eine Menge Eidechsen ohne Beine«, sagte Hercel und beschrieb sie, als sie in das Lokal gingen.
Sie setzten sich hin, und Jill sagte: »Vielleicht können wir deiner Schlange einen Namen geben. Das würde mir bei meiner Story helfen. Wollt ihr Donuts? Coke? Was immer ihr wollt, es geht auf mich.«
Sie unterhielten sich. Jill fand, wenn sie Hercel dazu bringen könnte, seiner Kornnatter einen Namen zu geben, wäre sie den anderen Reportern gegenüber im Vorteil. Es wäre ein journalistischer Coup. Hercel bestellte sich eine Coke und einen einfachen Donut. Baldo nahm ein Erdbeer-Coolatta und zwei Donuts mit Cremefüllung. Jill orderte Kaffee und ein Frühstückssandwich.
»Ich würde sagen, wir nennen sie Satan«, schlug sie vor.
Sie diskutierten darüber. Hercel wollte der Schlange keinen Namen geben, aber er war bereit mitzuspielen, wenn sie es wirklich wollte.
»Wieso Satan?«, fragte Baldo.
»Das ist ein eingängiger Name. Die Leute werden ihn behalten. Gut für die Auflage.« Sie sah Hercel an. »Welche Farbe hat die Schlange?«
Sie hatte große orangegelbe Flecken, irgendwie geformt wie Spanien und Frankreich, schwarz umgrenzt und mit goldenen und braunen Flüssen dazwischen, und sie war zwischen eins fünfzig und eins achtzig lang.
»Wow, das klingt satanisch«, sagte Jill. »Nicht vergessen. Wenn jemand fragt: Sie heißt Satan.«
Dann ging es mit den Standardfragen weiter. Wann hatte er die Schlange zuletzt gesehen? Am Montagabend gegen neun. Wo wurde sie gehalten? In einem Käfig im Keller. Früher in Hercels Zimmer, aber Mr. Krause war deshalb wütend geworden. Wann hatte Hercel entdeckt, dass sie weg war? Am Donnerstagmorgen gegen halb sieben. Jemand hatte die Kellertür aufgebrochen. Das Schloss geknackt. Woher hatte er die Schlange? Sein Dad hatte sie ihm zum Geburtstag geschenkt, als er sechs wurde. Seine Mom hatte getobt. Sie konnte Schlangen nicht ausstehen. Geburtstag hatte er am fünfzehnten März.
So redeten sie eine halbe Stunde miteinander. Jill hatte nichts von Carl Krause gewusst, doch während Hercel erzählte, entwickelte sie ein Gefühl dafür, wie sein Leben zu Hause war – das, was sie als familiäre Dynamik bezeichnete. Als Hercel berichtet, wie Mr. Krause sie mit der Schrotflinte bedroht und wie Bobby sie ihm weggenommen hatte, fing Jill an, sich Notizen zu machen.
Als sie fertig war, fragte Baldo: »Was ist Ihre Meinung über Vampire?«
Jill lachte. »Du hast weit gefächerte Interessen, so zwischen Fürzen und Vampiren. Ehrlich gesagt, ich habe keine Meinung über Vampire. Die Realität kann schrecklich genug sein, ohne dass man sich den Kopf über etwas zerbricht, das es nicht gibt.« Sie dachte an den Mord an Ernest Hartmann und daran, dass ihn jemand skalpiert hatte, was die beiden Jungen noch nicht wussten.
Ungefähr um diese Zeit, um neun Uhr morgens, kam Woody Potter ins Dunkin’ Donuts. Er war auf der Suche nach einer Freundin von Alice Alessio, die hier arbeiten sollte. Die Krankenschwester war immer noch nicht gefunden worden. Er sah Jill mit den beiden Jungen und erriet, was da im Gange war. Sein Zorn zerrte an der Leine.
»Was zum Teufel machen Sie hier?«, fragte er, als er an den Tisch kam.
Andere Gäste starrten ihn erschrocken an.
»Wie kommen Sie dazu, diese Kinder am Schulbesuch zu hindern? Das Gesetz schreibt vor, dass sie in der Schule sein müssen, und Sie haben sie entführt. Das ist eine Straftat.«
In die Pause hinein, die darauf folgte, sagte Hercel: »Sie hat uns nicht am Schulbesuch
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