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Das Fest der Schlangen

Das Fest der Schlangen

Titel: Das Fest der Schlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Dobyns
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Verpflichtungen verbunden war.
    »Was ist mit dem Murmeltrick?«
    »Später«, sagte Hercel, dessen Fahrrad in der Nähe auf dem Boden lag.
    Als Baldo erkannte, dass die Mitfahrt auf Hercels Fahrrad erforderte, sich mit den Turnschuhen aufrecht auf die kleinen Knubbel rechts und links an der Achse des Hinterrads zu stellen und an Hercels Schultern festzuhalten, bekam er Zweifel. Er hatte viele gute Eigenschaften, wobei Mut allerdings ziemlich weit unten auf der Liste stand.
    »Meinst du, ich könnte neben dir herrennen?«
    Das Tierheim war auf der anderen Seite der Stadt beim Recyclinghof. Hercel sah Baldo schweigend an.
    »Okay«, sagte Baldo. »Ich schaff’s schon.« Hoffentlich würden die Schrecken des Balancierens auf den Achsknubbeln durch den intimen Kontakt mit Hercels Schultern ausgeglichen werden.
    In wackliger Fahrt ging es die Gaspee Street hinunter, weg von der Schule. Die gefederten Stoßdämpfer des Fahrrads ließen sie hüpfen. Baldo war beeindruckt, dass Hercel angesichts seines jähzornigen Stiefvaters die fünfte Klasse so locker in den Wind schrieb. Er beugte sich zu Hercels Ohr nach vorn und erzählte, wie Carl ihn durch die Straße gejagt und ihm Drohungen hinterhergebrüllt hatte und wie er mit knapper Not entkommen war.
    »Ja«, sagte Hercel, »so ist er.« Es klang ganz sachlich, und genauso sachlich fragte er: »Willst du sehen, wie ich freihändig fahre?«
    Bevor Baldo antworten konnte: »Nein danke, nicht heute«, hatte Hercel schon die Hände vom Lenker genommen.
    Es folgte eine selige Sekunde, in der die Gesetze der Schwerkraft aufgehoben waren, und dann noch eine und noch eine, aber in der vierten Sekunde schwenkte das Rad nach rechts. Baldos Hände umklammerten Hercels Schultern wie zwei starke Schraubzwingen, und Hercel schrie auf. »Hey, das tut weh!« Nach zwei weiteren Schlenkern fuhr das Fahrrad wieder geradeaus.
    »Vielleicht hab ich’s noch nicht ganz raus. Kannst du aufhören, mich in die Schultern zu kneifen?«
    Baldo lockerte seinen Griff. »Mach das nicht noch mal, okay?«
    Hercel antwortete nicht. Er bog um eine Ecke und dann gleich noch einmal, um der Water Street auszuweichen, die jetzt von Autos verstopft war, nicht nur, weil so viele Polizisten und Journalisten da waren, sondern auch wegen der Neugierigen, die ihren Freunden erzählen wollten, sie seien unversehrt mitten durch Brewster gefahren.
    Nach ein paar Minuten fragte Hercel: »Wie denkst du über Wurmlöcher?«
    Baldo vermutete, dass Hercel nicht von den Würmern sprach, die von Vögeln gefressen wurden, sondern von Ghulen, den leichenfressenden Dämonen, die von Würmern völlig durchlöchert waren, und von denen verstand Baldo eine ganze Menge, auch wenn sie nicht so interessant wie Vampire waren. Tatsächlich sah er einen Klassenunterschied zwischen ihnen, denn Vampire nährten sich von den Lebenden, während Ghule die Toten bevorzugten. Aber Ghule waren Gestaltwandler wie die Vampire und erschienen als Hyänen. Wenn Hercel etwas über Ghule wissen wollte, wäre Baldo ein bereitwilliger Lehrer.
    »Ghule?«, fragte Baldo.
    Das Rad bog um die Kurve.
    »Wurmlöcher«, sagte Hercel, »verbinden einen Teil des Universums mit einem anderen oder sogar mit einem anderen Universum. Man kann sie für Zeitreisen benutzen. Man könnte durch eine Tür aus exotischer Materie treten und Milliarden von Lichtjahren entfernt ankommen. Oder du landest sozusagen in einem anderen Alter. Ich meine, ich könnte da durch diese Tür gehen und zehn Jahre älter sein. Ich weiß nicht genau, was mir am besten gefällt.«
    »Gibt’s die wirklich?« Wie Baldo womöglich in der Grauzone zwischen Wahr und Falsch umherstreifte, so gefiel ihm auch die Grauzone zwischen Wirklichem und Unwirklichem. Wurmlöcher waren da durchaus eine Konkurrenz für Ghule, ja sogar für Vampire.
    »Na klar gibt’s die. Sie haben metrische Maßeinheiten, zum Beispiel metrische Fuß und metrische Unzen. Um ihre Raum-Zeit-Geometrie zu berechnen, benutzt man metrische Einheiten, aber davon verstehe ich nichts. Einstein hat mitgeholfen, die Wurmlöcher zu entdecken. Er nannte sie Brücken. Das Dumme ist nur, dass sie theoretisch sind. Ich meine, man kann nicht einfach losgehen und eins finden. Wäre es nicht cool, durch eine Tür zu gehen und an einem unglaublich weit entfernten Ort anzukommen? Und wenn es dir da nicht gefällt, kannst du durch die Tür zu einem anderen Ort gehen, zu einem neuen Ort. Das kannst du immer so weitermachen, bis es dir irgendwo

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