Das Fest der Schlangen
auch Pan, und darüber haben wir gesprochen. Wissen Sie, dass das Wort › Panik ‹ von Pan kommt? Die entsteht, wenn Pan schreit. Die Leute geraten in Panik. Kann man’s ihnen verdenken? Anscheinend haben wir im Moment eine Menge Panik hier in Brewster. › Pandämonium ‹ , das ist das Gleiche. Die Leute sind ganz aus dem Häuschen. Jedenfalls – Hexen benutzen Münzen, um sich gegenseitig zu erkennen zu geben. Geheime Talismane. Ist das nicht eigenartig? Ich hab’s gehört und eine Gänsehaut bekommen, als ob jemand über mein Grab spaziert.«
Gabes Gerede war ermüdend. Nie im Leben würde Woody eine Massage bei ihm ertragen, ohne aus dem Zimmer zu rennen. »Wer hat Ihnen das mit den Münzen erzählt?«
»Ein Mann, den ich kenne.«
»Arbeitet er hier?«
»Ich möchte vorher mit ihm sprechen. Wenn er mit Ihnen reden will, gebe ich Ihnen seinen Namen.«
Woody spürte, wie ihm der Zorn in die Kehle stieg. »Entweder kriege ich jetzt seinen Namen, oder ich schmeiße Sie in die Ausnüchterungszelle.« Gab es in Brewster eine Ausnüchterungszelle? Woody hatte keine Ahnung.
»Sie sind gar nicht so nett, wie ich zuerst dachte, wissen Sie das?«
»Damit kann ich leben. Jetzt reden Sie.«
Gabe schnaufte und hüstelte noch ein bisschen und nannte ihm dann den Namen eines Yogalehrers im You-You. »Ich behaupte nicht, dass er ein Hexenmeister ist, wohlgemerkt. Er ist nur sehr gescheit.«
Woody notierte sich den Namen. »Eins noch: Verlassen Sie die Stadt nicht.«
Gabe war entsetzt. »Stehe ich unter Verdacht? Ich war die ganze Nacht zu Hause. Dafür habe ich Zeugen.«
»Bleiben Sie einfach in der Stadt.«
Bevor Woody zur nächsten Befragung weiterging, rief er die Einheiten an, die Hartmanns Auto und sein Motelzimmer durchsucht hatten, und fragte sie, ob sie eine Münze mit einem Stern auf der einen und einer Ziege auf den Hinterbeinen auf der anderen Seite gefunden hätten. Fehlanzeige. Er bat sie, noch einmal zu suchen. Einer der Trooper von der Spurensicherung, Lou Rossetti, sagte: »Hey, Woody, der Typ, der die Leiche gefunden hat, hatte zwei große Labradors bei sich, die um den Wagen herumgelaufen sind. Wir haben auch noch andere Spuren gefunden. Zuerst dachten wir, es wären ebenfalls Hunde gewesen, aber wahrscheinlich waren es Kojoten. In der Nacht ist ein ganzes Rudel Kojoten um den Wagen herumgelaufen.«
Der Mann, den Woody als Nächstes aufsuchte, war Todd Chmielnicki. Woody fand ihn in seinem Büro im zweiten Stock, in einem weißen Zimmer mit einem weißen Schreibtisch und einem weißen Bücherregal, einem weißen Fußboden und einem roten Teppich. Die Wände waren kahl, und das einzige Fenster lag so hoch, dass man nicht hinausschauen konnte. Chmielnicki stand auf, um ihm die Hand zu geben. Er war groß und um die vierzig, größer als Woody und sehr fit: kein Kilo zu viel, kein Kilo zu wenig. Er hatte kurzes, schwarzes Haar und ein kantiges Gesicht mit hohen Wangenknochen, und er trug ein schwarzes T-Shirt und schwarze Jeans. Die Wirkung von Zimmer und Mann war dramatisch – allzu dramatisch für Woodys Geschmack –, als hätte Chmielnicki sich eine Persönlichkeit angeeignet wie ein Schauspieler, statt sie zu erwerben. Seine leuchtend blauen Augen erinnerten an einen Sibirischen Husky.
Chmielnicki hatte einen fremdländischen Akzent, den Woody nicht unterbringen konnte, und er sprach in einem ruhigen Flüsterton. Er lud Woody ein, Platz zu nehmen. Woody hatte die Wahl zwischen einer Couch an der Wand oder einem Stuhl vor dem Schreibtisch. Er nahm den Stuhl. Schon jetzt war er misstrauisch. Chmielnickis Haltung, seine kontrollierte Körpersprache, diese Augen, seine körperliche Kraft und die leise Stimme, die Woody nur mit Mühe hören konnte – das alles bereitete ihm Unbehagen.
»Und was tun Sie hier?«, fragte Woody.
»Ich gebe Unterricht in verschiedenen Arten von Yoga, hauptsächlich für andere Lehrer, aber ich habe auch eine Meisterklasse in Raja.«
»Ist das eine Art Yoga?«
»Es ist ein System, mit dem man versucht, den Geist zu beherrschen.«
Woody wusste wenig über Yoga, obwohl Susie zu einer Yoga-Gruppe gegangen war, bei der heftige Aktivität in einem fast vierzig Grad heißen Raum geherrscht hatte. Sie war immer puterrot nach Hause gekommen. »Und wie geht das?«
»Indem man die Modifikationen des Geistes blockiert.« Als Woody nicht reagierte, fuhr Chmielnicki fort. »Fast jede geistige Aktivität hinterlässt eine Spur, einen schlammigen Fußabdruck – Gedanken,
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