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Das Fest der Zwerge

Das Fest der Zwerge

Titel: Das Fest der Zwerge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Polzin
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deutete darauf hin, dass ihr Flüchtiger seine Geschwindigkeit erhöhte. Hatte er sie gehört?
    »Von nun an sprechen wir nicht mehr«, flüsterte er Ingrimmsch zu und erhob sich. »Keinen Laut, hörst du?«
    Boïndil nickte.
    Sie folgten den Spuren weiter und wunderten sich, dass sie geradewegs in die verlassenen Minen führten.
    Auch wenn es sich bei der Prüfung nur um scheinbare Überläufer und Verräter handeln sollte, waren die verlassenen Stollen als Lager selbst für Ortskundige ein zu gefährlicher Ort. Sie waren nicht umsonst aufgegeben worden. Schlagwetter, weiche Gesteinsschichten und giftige Schwefeldämpfe hatten die Zwerge vom Stamm des Zweiten gezwungen, die Grabungen einzustellen. Die Verluste unter den Arbeitern hatte der König nicht in Kauf nehmen wollen.
    »Ich kann mir Besseres vorstellen, als dort hineinzugehen«, murmelte Boïndil.
    »Da bist du nicht alleine, Bruderherz.« Boëndal stand unschlüssig vor dem Eingang und betrachtete die Felsölspur. Es gab keinen Zweifel, dass ihr Flüchtiger hineingegangen war. Mit seiner Beute.
    Ein gelblicher, stinkender Schwefelduft drang aus dem Tunnel und ließ sie erahnen, was sie darin erwartete.
    Es war Ingrimmsch, der letztlich losstapfte. »Komm schon. Es hat ihn nicht umgebracht, was soll es uns dann anhaben?« Entschlossen hob er die Beile, als könnte er gegen Stein und Gase antreten wie gegen einen Feind aus Fleisch und Blut. »Und zieh deinen Helm an.«
    »Du willst in diesem Zyklus der Sieger der Prüfung sein?«
    »Bei Vraccas, und wie ich das will!«, schnaufte Boïndil. Er nahm eine Laterne von der Wand und klemmte ihren Griff so zwischen die Zähne, dass sie nach vorne wies und er die Arme frei hatte. Sein Zwillingsbruder folgte ihm.
    Während Ingrimmsch den Weg leuchtete und sich stets bereithielt, einem Angriff aus dem Hinterhalt zu begegnen, beschränkte sich Boëndal darauf, die Tropfen des Felsöls nicht aus den Augen zu lassen. Er fühlte sich in der Obhut seines Bruders sicher.
    Dann hob er die Hand. »Ich höre etwas«, wisperte er und deutete in einen Gang, der nach rechts abzweigte. Er war mit Brettern zugenagelt worden, zwei Elemente im unteren Teil der Absperrung fehlten allerdings. Auf den hölzernen Stützen und dem Türsturz waren die Symbole für Schlagwetter eingetrieben worden.
    Etwas Gefährlicheres gab es unter Erden beinahe nicht. Entweder man erstickte an den geruchlosen Gasen oder sie entzündeten sich an den Flämmchen von Fackel oder Laterne. Die Lohen brannten innerhalb eines Blinzeins eine gewaltige Strecke des Tunnels aus und hinterließen entweder Asche der Unglücklichen oder schwer verwundete Zwerge. Dazu kam die Druckwelle, die Streben und Abstützungen beiseitefegte und Stollen zum Einsturz brachte.
    »Die sind in diesem Zyklus aber besonders anspruchsvoll«, grummelte Ingrimmsch und stellte die Laterne auf den Boden. »Wenn es da drinnen kein Leuchtmoos gibt, müssen wir den Spuren im Dunkeln folgen.«
    Boëndal atmete laut aus. »Hier stimmt was nicht!«, meinte er. »Es hat mich schon stutzig gemacht, dass sie in diesen Teil des Gebirges führen. Aber wer begibt sich freiwillig in die Gänge mit dem Schlagwetter?«
    »Sie werden es uns schwer machen wollen!«, beharrte Boïndil. Er sah seinem Bruder an, dass er lieber umkehren und den Vorfall melden wollte. »Sei kein Gnom, Bruderherz! Begleite mich.«
    Boëndal setzte zu einer Erwiderung an – da erlosch die Flamme in der Laterne.
    Ohne einen spürbaren Luftzug.
     
    *
     
    Die Zwillingsbrüder standen in der Finsternis, keiner der beiden rührte sich.
    »Ein Schlagwetter war das nicht«, sagte Boïndil leise. »Sonst wären wir jetzt nichts weiter als schwarze Ascheflöckchen.« Er tastete an sich herum, um nach Stahl und Zunder zu suchen und die Laterne zu entzünden.
    »Nein, warte«, vernahm er die Anweisung Boëndals, der erraten hatte, was Ingrimmsch beabsichtigte. »Ich glaube nicht, dass das etwas nutzen würde.« Er bewegte sich rückwärts. »Wir kehren zum Einstieg zurück.«
    »Ach ja? Nur weil die Lampe …«
    »Boïndil!«, herrschte Boëndal ihn an. »Tu, was ich dir sage!«
    »Ich höre gerade ganz schlecht«, maulte er wie ein störrisches Kind. »Die Dunkelheit schlägt sich auch auf meine Ohren nieder, und ich …«
    »Es war vielleicht Magie, welche die Lampe zum Verlöschen brachte! Und wo Magie ist, sind die Albae nicht weit«, fiel ihm sein Bruder ins Wort. »Sie beherrschen schreckliche Künste, sagt man, und ich fürchte,

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