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Das Fest der Zwerge

Das Fest der Zwerge

Titel: Das Fest der Zwerge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Polzin
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mindestens einer von dieser Brut lauert irgendwo im Stollen vor uns.«
    »Ho!«, rief Ingrimmsch begeistert. »Warum hast du das nicht gleich gesagt?!« Er lief los – geradewegs in den gesperrten Tunnel hinein. »Heya, kleines Schwarzauge! Wo steckst du denn? Komm schon, damit ich dir die Ohren gerade schneide!«
    »Bei Vraccas! Bist du von allen guten Ahnen verlassen?!« Boëndal hatte den Kampfdurst seines Bruders einmal mehr unterschätzt. Er griff um sich, aber erwischte ihn nicht mehr. Das Krachen von Holz sagte ihm, dass Boïndil die Absperrung zerlegt hatte. »Sie sind uns in der Dunkelheit überlegen!«
    »Aber nicht, solange wir uns in einem Stollen befinden, der von zwergischer Hand erschaffen wurde!«, brüllte Ingrimmsch zurück. Dem hallenden Klang der Stimme nach, hatte er sich schon sehr weit entfernt. »Ich hacke ihn in dünne Scheibchen und bringe die Einzelstückchen unserem König! Wir werden gefeiert, wie es Helden gebührt!«
    Fluchend folgte Boëndal ihm und setzte sich den Helm auf. »Warte doch! Ich komme zu dir.«
    Bald liefen sie Rücken an Rücken und sich stets im Kreis drehend durch den Tunnel und tasteten sich vorwärts. Der Schwefel reizte sie immer wieder zum Husten, die Augen tränten.
    Plötzlich erkannte Ingrimmsch ein entferntes Schimmern am Ende des Ganges. Durch die Tränen wurde es zu einem überirdischen Strahlenglanz. »Ist das ein Licht?«, flüsterte er.
    Boëndal sah ihm über die Schulter. »Scheint so. Gehen wir nachsehen und hoffen wir, dass es kein flüssiges Bergblut ist, das uns entgegenkommt und uns verbrennen wird.«
    »Da kann man sehen, wie dämlich die Albae sind. Sie entzünden eine Fackel, obwohl sie wissen, dass es Schlagwetter gibt«, knurrte Ingrimmsch und wirbelte seine Beile. »Wie ich mich darauf freue, sein hässliches Gesicht mit Schnitten zu verschönern!«
    Eine ähnliche Frage hatte sich Boëndal auch gestellt. Seine eigene stumme Antwort lautete, dass die Albae, die hier aufgetaucht waren, Zwergenrunen und die Warnung vor dem Gas nicht verstanden hatten.
    Oder, und das war die weitaus beruhigendere Vorstellung, es hatte sich bereits verflüchtigt! Das machte den Stollen zum perfekten Unterschlupf, denn es gab keinen unliebsamen Besucher zu fürchten.
    Boëndal hoffte, dass sie es doch mit Zwergen zu tun bekamen, welche die Zyklenprüfung auf Geheiß des Königs vorbereiteten.
    Sie näherten sich der Lichtquelle und erkannten nun, dass es sich um eine Lampe handelte, deren Docht sehr kurz gedreht worden war. Sie hing an der Wand neben einer alten, rissigen Holztür. Rechts und links verlief der Quergang weiter in undurchdringliche Dunkelheit. Hinter der Tür erklangen Stimmen.
    Die Brüder lauschten und vernahmen eine gedämpfte Unterredung.
    »Ich sage, es sind Zwerge, die wir hören«, raunte Ingrimmsch.
    Boëndal legte den Zeigefinger an die rauen Lippen. Er teilte diese Meinung nicht. Die Stimmen auf der anderen Seite hörten sich dunkel an, aber er verstand kein einziges Wort der Unterhaltung. Er drückte sein Gesicht gegen einen breiteren Riss im Holz und spähte hindurch.
    Ein gepanzerter, breiter Rücken war zu erkennen, der unmöglich einem Zwerg gehören konnte. Dann eine Männerhand, die sich zwischen den Schulterblättern kratzte, dabei klirrten Waffen.
    »Es sind Lange«, flüsterte Boëndal seinem Bruder zu.
    »Damit ist es sicher, dass wir es nicht mit der Zyklenprüfung zu tun haben«, grollte Ingrimmsch. »Lass uns anklopfen und fragen, was sie ohne Erlaubnis in unserem Gebirge verloren haben.« Er hob einen Beilstiel, aber Boëndal hinderte ihn.
    »Warte! Wir wissen nicht, wie viele es sind.«
    »Wen kümmert das? Wir haben schon zu zweit so viele Schweineschnauzen zerhackt, da werden wir doch mit einer Handvoll räuberischer Menschen zurechtkommen?«, höhnte Boïndil. »Kommen hierher und klauen uns das Felsöl! So geht es ja wohl nicht!« Und bevor sein Bruder widersprechen konnte, trat er die Tür auf.
    Das marode Holz verging durch die Wucht in einer kleinen Explosion, Späne und Stückchen schossen in den Raum und trafen einige der Versammelten. Die morschen Reste fielen aus den Angeln auf den Boden und wirbelten Staub empor.
    Ingrimmsch stürmte mit einem beeindruckenden Kampfschrei hinein, die Beile wirbelnd, um die Feinde einzuschüchtern.
    Boëndal folgte, den Krähenschnabel in beiden Händen.
    Sie standen in einem Raum von nicht mehr als neun Quadratschritten. Der Mann, den Boëndal durch den Riss im Holz gesehen

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