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Das Feuer das am Nächsten liegt

Das Feuer das am Nächsten liegt

Titel: Das Feuer das am Nächsten liegt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cherry Wilder
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befallen worden“, sagte Ammur Ningan. „Man meint, er sei verrückt geworden. Er ißt sehr spärlich und erkennt seine Freunde unter den Moruianern nicht mehr. Vor allem spricht er nicht mehr; er sitzt still da und sagt kein einziges Wort. Er pfeift der Dienerschaft, wenn er etwas zu essen haben möchte.“
    Ich hatte diese Geschichte halb übersetzt, als mir einfiel, wo ich sie schon einmal gehört hatte: es war ein moruianischer Wahnsinn von der Art, wie er die alte Grande Elbin befallen hatte. Aber die Menschen waren bereit, alles zu glauben, was sie hörten; alle drei von ihnen begannen darüber zu diskutieren.
    „Irgendein schizoider Zustand“, sagte Lisa. „Er ist, weiß Gott, auf seine Ausgeglichenheit gründlich getestet worden, aber er ist schon so lange von uns fort.“
    „Sam – wir müssen hingehen – laß mich mit ihnen gehen“, bettelte Karin.
    „Ich weiß nicht …“, sagte Sam. „Lisa, könnten diese Leute ihm einen Virus oder eine Droge verabreicht haben?“
    „Sicherlich“, sagte Lisa. „Erinnere dich daran, daß Tsorl eine religiöse Sekte, die Wirbler, erwähnte, die für ihre Riten Drogen nahmen.“
    Ihre Aussprache des Namens war fehlerhaft, aber trotzdem alarmierte es mich.
    „Nenn nicht diesen Namen, Lisa“, sagte ich beherrscht. „Bitte nenn nicht den Namen dieses anderen.“
    „Yolo, es ist schwierig, dieses Doppelspiel von dir mitzumachen“, sagte Sam ungehalten. „Wir sind in großer Sorge um Scott Gale, das hörst du doch? Was ist denn mit … deinem Freund los?“
    „Glaubt mir, es ist kein Spiel“, sagte ich. „Sobald bekannt würde, daß mein Freund lebendig auf dieser Insel war, würde er gejagt und getötet werden.“
    „Yolo“, sagte Karin freundlich, „wie können wir wissen, daß dies wahr ist?“
    Aber eben ihre Freundlichkeit und die Anstrengung all der Worte, die ich gesprochen hatte, machten mich wütend.
    „Ihr könnt es nicht wissen“, sagte ich. „Ihr könnt nur wissen, was ich sage. Und ich sage noch etwas, die Ningan lügt.“
    „Sprich wieder!“ sagte die Ningan. „Was haben die Menschen zu meiner traurigen Nachricht zu sagen?“
    Also übersetzte ich ihre Frage, und Sam antwortete.
    „Wir machen uns Sorgen. Vielleicht sollte einer von uns mitkommen, um ihn zu pflegen.“
    „Das haben wir gehofft“, sagte die Ningan sanft. „Der Große Älteste hat ein reges Interesse an diesem Wunder: Besucher von jenseits der Sterne. Er hat sich oft mit Scott Gale unterhalten und möglichst viel daraus gelernt.“
    Als ich das den anderen übersetzte, ertönte ein leises Surren. Es war die Reiseuhr der Ningan, die in ihrem Kasten ein warnendes Geräusch von sich gab. Die Ningan wandte sich um und sprach mit leiser Stimme mit dem jungen Diener.
    „Sag den Menschen, daß sie ein Wunder unseres Landes gewahren werden. Es ist an der Zeit. Obal steht in Diensten des Großen Ältesten und ist als Zeuge unserer Stadt Rintoul eingetragen.“
    Ich übersetzte das mit wachsendem Interesse; ich hatte in meinem bisherigen Leben noch nie mitgemacht, daß ein Zeuge als Botschaftsvermittler eingesetzt wurde. Sam schaltete sich mit lebhaften Fragen ein.
    „Ein Zeuge? Jene Telepathes, die du … und dein Freund zu beschreiben versuchten? Was wird er tun?“
    „Ein anderer wird aus ihm sprechen“, sagte ich. „Glaub mir Sam, das ist möglich.“
    „Uns fällt es schwer, das zu begreifen oder zu glauben. Sag das der Ningan“, sagte er.
    „Sag dem Leiter, daß er zuschauen und zuhören soll, dann werden sich seine Ohren öffnen“, erwiderte die Ningan.
    Obal hatte seinen unheilvollen Blick verloren; sein Gesicht hatte einen stillen verträumten Ausdruck. Er trat hinter dem Stuhl der Ningan hervor, und sie begann eine Reihe ritueller Fragen zu stellen. „Ist da jemand, der sprechen möchte?“
    „Ja“, antwortete Obal mit klarer Stimme. „Tiath Avran Pentroy, der Große Älteste von Torin, möchte mit der Menschenfamilie sprechen, die aus drei Personen zu bestehen scheint, und mit Ammur der Oberhofmeisterin in Gegenwart all dieser Personen.“
    „Wie sind sie zu erkennen?“
    „Durch Ammurs Wort …“
    „Alle Zuhörer sind anwesend“, sagte Ammur. „Wo willst du stehen?“
    Obal schaute im Zelt umher und stellte sich neben den „Wuschkorb“. Seine Schultern begannen etwas zu zucken, sein Kopf senkte sich allmählich auf seine Brust.
    „Hoheit“, rief er mit gedehnter schläfriger Stimme, „Hoheit, Ihr könnt jetzt sprechen …“
    Obal geriet in

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