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Das Feuer das am Nächsten liegt

Das Feuer das am Nächsten liegt

Titel: Das Feuer das am Nächsten liegt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cherry Wilder
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Ningan gröber und anmaßender würde, weil sie wußte, daß die Menschen ihre Sprache nicht verstanden. Ein Vasall klappte einen Stuhl mit einem Stoffsitz und einem Schreibpult auf der einen Seite auseinander, auf dem die Ningan Platz nahm, ohne den Blick von den Menschen abzuwenden. Als sie saß, verbeugte sich Sam Fletcher nochmals und sprach.
    „Wir haben keine Waffen“, sagte er. „Wir erwidern Eure guten Wünsche. Kapitän Sam Fletcher; der Erste Offizier, Lisa Kind …“
    Die Ningan drehte sich ungehalten um, als ein Offizier ihr etwas ins Ohr flüsterte.
    „Wo? Wieso?“ rief sie aus. „Ein Insulaner? Bist du dessen sicher?“
    Schließlich blieben die langen gelblichen Augen – die durch die jahrelange Schreiberarbeit kurzsichtig geworden waren – auf mir ruhen. Ich ging zwischen Sam und Karin hindurch, verbeugte mich vor der Ningan und stieg die Stufen der Terrasse hinunter.
    „Holt ihn“, sagte Ammur schroff.
    Ein Offizier mit einem in seinen Oberarm eingenähten Pfeil war mit zwei Schritten bei mir; ich rührte mich nicht von der Stelle. Als diese Person mich bei der Schulter packte, verlor Sam Fletcher die Geduld und ließ seiner Menschenstimme freien Lauf.
    „Einen Augenblick mal!“ brüllte er „Laßt die Finger von ihr!“
    Alle Moruianer zuckten zusammen; Ammur rieb sich die Ohren; nach zwei Pulsschlägen blinzelte sie und nickte Sam Fletcher zu. Mit einem gezwungenen Lächeln winkte sie mich zu sich heran. Ich stellte mich neben den Schreibstuhl; ich sah, daß ihr gezwungenes, unerbittliches Lächeln ihr Gesicht mit Hunderten von Runzeln überzog.
    „Wer bist du? Und was hast du mit diesen Fremden zu tun?“
    Der Ton war nicht barsch, aber dahinter lag eine Welt der Drohung und Macht. Es gab nur wenige einfache Leute in Torin, die nicht gekommen wären, wenn die Ningan sie herangewunken hätte. Ich schaute sie an und war bereit, zu lügen. Aber ihre gelblichen Augen sahen nicht weiter als bis zu meinem Gesicht, und sogar das sah sie wohl nur verschwommen. Der Schöpfer der Maschinen hätte sicherlich tiefer geblickt; es wäre schwer gewesen, einen Wahrsager anzulügen.
    „Ich bin Yolo Horn, eine Seefahrerin aus Tsagul“, sagte ich. „Ich wurde von einem Salzschiff über Bord gespült, Exzellenz, und geriet in der Rundströmung hierher. Die Menschen haben mich gefunden.“
    „Von einem Salzboot?“
    „Von der Gvalo aus Tsagul.“
    Das war tatsächlich ein Salzschiff … dasjenige, auf dem ich nach Itsik gefahren war.
    „Wie hast du diese Teufel genannt?“
    „Menschen, Exzellenz.“
    „Haben sie Waffen?“
    „In der ganzen Zeit, in der ich bei ihnen bin, habe ich keine einzige gesehen. Sie sind Wissenschaftler und kommen in Frieden.“
    „Benutzen sie Feuer und Metall?“
    „Offene Flammen nie, aber Metall wohl. Mehr als wir.“
    „Warum haben sie dir dieses Obergewand gegeben, und wie nahe stehst du ihnen? Sind sie deine Diener?“
    „Exzellenz“, sagte ich, „ich kenne ihre Sprache, und ich kann zwischen Eurer Exzellenz und den Menschen stehen, um wechselseitig zu übersetzen.“
    Die Ningan starrte mich zehn Pulsschläge lang stumm an, und obwohl ich keine Wahrsagerin bin, erkannte ich, daß diese einfache Tatsache all ihre Pläne über den Haufen geworfen hatten. Es kam so völlig unerwartet. Was wäre wohl geschehen, wenn es keine Yolo Horn, keine „Seefahrerin“ auf Tsabeggan gegeben hätte? Ich vermutete später, daß einige Rituale der Ningan unverändert geblieben wären, aber daß die „Teufel“ nach der Begrüßungsschau schnell gefangengenommen worden wären. So wie es jetzt stand, versuchte sie meine Anwesenheit zu ihrem Vorteil umzumünzen.
    „Tu das“, sagte sie. „Tu es ehrlich, beim Nordwind oder dem Geist Telve, meine junge Seefahrerin, und dann wirst du die Gunst der Höchsten im Lande gewinnen. Stell mir deine Menschen vor.“
    Also trat ich mit zittrigen Waden, als sähe ich zu einem Seesonner auf, auf die freie Fläche zwischen der Terrasse und dem Stuhl der Ningan und sagte mit lauter Stimme auf Moruianisch:
    „Die hier Anwesenden erwidern die guten Wünsche der Großen Ältesten und des Rates der Fünf. Sie heißen Kapitän Sam Fletcher, er ist der Leiter, und Lisa Kind, der Erste Offizier, und Karin Schwartz, die Wissenschaftlerin, von dem Luftschiff Silberreiher, das von dem Planeten Erde durch den Weltraum nach Torin geflogen ist.“
    „Ich begrüße sie“, sagte die Ningan. „Sag ihnen, daß ich Ammur bin, die Oberhofmeisterin des

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