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Das Feuer das am Nächsten liegt

Das Feuer das am Nächsten liegt

Titel: Das Feuer das am Nächsten liegt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cherry Wilder
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bestimmt.
    „Guter Offizier“, sagte ich, „wie heißt Ihr?“
    „Mital Gullan, Erste Eskorte der Abgesandten. Was ist das für ein Obergewand, das Ihr tragt?“
    „Eine Art Flachs.“
    „Also Ihr habt hier eine gute Stellung, wenn ihr Essen genießbar ist, Seefahrerin.“
    „Das könnt Ihr mir glauben“, sagte ich. „Sie sind alle sehr nett und freundlich – überhaupt keine Teufel.“
    „Das weiß ich schon. Sie sind Geschöpfe aus Fleisch und Blut.“
    Mital grinste und zeigte dabei eine Lücke in ihrem Gebiß, wo ein Zahn fehlte. Ihr Name beunruhigte mich ein wenig. Gullan bedeutet „Siebener“ oder „Eine-von-Sieben“; irgendwann einmal gehörte Mital einem Gulgavor, einem siebenfältigen Bündnis an, um irgendeine gefährliche Aufgabe für den Großen Ältesten, ihren Lehnsherrn, auszuführen.
    Inzwischen hatte sich die Ningan bis auf Armweite dem Luftschiff genähert; Sam erklärte es, und ich ging mit diesem Paar dessen Länge und Breite entlang, wobei ich unbeholfen übersetzte, denn es gibt nicht einmal Wörter für das Äußere eines solchen Fahrzeuges. Ich lieh sie mir von Flugmaschinen – die ich nur oberflächlich kannte – und von Seeschiffen. Ammur nahm alles auf.
    „Frage den Kapitän, wie viele seiner Leute nötig sind, um dieses Luftschiff zu fliegen?“
    „Sag der Ningan, daß es mit einer Dreiermannschaft fliegen kann.“
    „Welche Luft atmet man in einem solchen Fahrzeug?“ erkundigte sich die Ningan.
    „Sag der Ningan, daß unsere Luft gespeichert und gereinigt ist und daß ihr Vorrat von den grünen Pflanzen in den Sonnenräumen auf dem gleichen Stand gehalten wird.“
    So übersetzte ich weiter; es klang wie magischer Unsinn; niemand in Torin brachte gewöhnlich grüne Pflanzen mit frischer Luft in Verbindung. Schließlich wandte die Ningan sich ab und schielte die Große Sonne an und erteilte der Reihe der Vasallen eine Anweisung. Der junge Hausdiener in Grau und Grün rannte auf die Lichtung, kniete vor der Ningan nieder und öffnete den Deckel eines Holzkastens, damit diese dessen Inhalt inspizieren konnte.
    „Was ist das?“ flüsterte Karin. „Was tut die Alte?“
    „Das ist ihre Reiseuhr“, sagte ich. „Sie liest die Tageszeit ab.“
    „Ich setze mich privat mit diesen Menschen zusammen“, verkündete Ammur. „Die Vasallen können gruppenweise lagern.“
    Der Befehl dazu wurde gegeben, und die Vasallen ließen sich in ihren Fünfereinheiten am Rande des Hafens nieder, möglichst weit von allem entfernt, was die Menschen geschaffen hatten. Ihnen wurde gezeigt, wo sie im Westen der Lichtung frische Früchte pflücken konnten. Drei Matrosen der Esnar, die Netze und Äxte, die Baumfällergeräte trugen, brachen über die alte Straße der Tsatroys nach Süden auf. Die Dampfer von Mattroyan verbrannten Holz oder Torf aus den Schwarzsümpfen im fernen Westen. Bei ihrem Anblick regte sich in mir ein Anflug der Angst bei dem Gedanken an den im Wald versteckten Tsorl, aber ich wußte, daß er weit weg war.
    Ammur trat in das blaue Zelt, und als sie sich davon überzeugt hatte, daß es keine Gefahr in sich barg, erlaubte sie zwei Vasallen und dem Hausdiener, ihren Schreibstuhl und den „Wunschkorb“ voller Geschenke hereinzubringen.
    „Also bitte …“, sagte Karin-Ru, als die Besucherin sich gesetzt hatte, „Yolo, stelle nochmals die letzte Frage. Warum ist Scotty nicht hergekommen? Ist er krank?“
    Ich fragte es, und die Ningan rutschte erst betrübt herum, ehe sie antwortete.
    „Scott Gale konnte sich in Torin frei bewegen. Das hatten ihm der Rat der Fünf und die Hundert gestattet. Geplant war, daß er diese Reise mitmachen sollte, und der Große Älteste stellte ihm dieses Schiff, die Esnar, zur Verfugung. Aber bevor wir ausliefen, befiel ihn eine Krankheit …“
    „Was für eine Krankheit?“ fragte Lisa. „Hat er sich verletzt? Ist er so krank, daß er nicht einmal einen Brief schreiben kann?“
    Ich übersetzte das alles mit Unbehagen, denn ich dachte, daß die Antwort immer durch die Frage eingegeben wird. Es war zu leicht für die Ningan, das zu bejahen, was sie auch mit einer angemessenen Miene von Traurigkeit und Bedauern tat. Ich spürte immer deutlicher, daß sie log; ich sah über das runzlige Gesicht hinweg und fing den Blick des jungen Hausdieners aus seinen hellbraunen Augen voller Intelligenz und Unheil auf. Er saugte die Geschichte mit einem höchst sonderbaren Lächeln in sich auf.
    „Scott Gale ist von einer merkwürdigen Krankheit

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