Das Feuer des Daemons
Wange an seine glatte, heiße Haut.
Nicht nur, dass seine Wärme plötzlich angenehm war; er wollte sie im Arm halten. Vielleicht tat er es für sie, aber er tat es ungefragt, also musste er es auch für sich selbst tun. Seine Gegenwart umschlang sie so fest und sicher, wie es seine Arme taten, ohne dass er dabei versucht hätte, ihre eigene Stärke einzuschränken. Er bot ihr die Möglichkeit, sich an ihn zu lehnen, und das tat so gut.
Als sie einmal angefangen hatte zu reden, konnte sie nicht mehr aufhören. Sie begann mit dem Traum und arbeitete sich dann in der Zeit zurück, und sie erzählte alles komplett falsch, denn die Worte kamen völlig wirr heraus.
Der Traum. Die Göttin. Dass sie Phaedra mit einem Austreibungszauber getroffen hatte, der sie quer durch die Höhle geschleudert hatte. Wie sich die anderen am Vortag verhalten hatten – alle außer Olivia. Entweder Brandon oder Jaydon oder sonst jemand hatte gelogen, oder Grace hatte etwas nicht verstanden oder sich einfach verhört, aber es war komisch, wie sich alles verändert hatte, dass erst achtzehn Leute zum Arbeitstag kommen wollten, und es dann nur noch zwölf waren. Ihr Gespräch mit Isalynn, bei dem sie einen Aufschub für ihre Orakelpflichten erwirkt hatte, und dass sie so lange mit ihrer Kraft geübt hatte, bis sie sie überall und jederzeit, bei Tag und Nacht, herbeirufen konnte.
Mit ihm zu sprechen war genauso umwerfend, wie mit ihm zu schlafen. Es war eine solche Erleichterung, sich diese Last von der Seele zu reden. Zwar bat er sie hin und wieder darum, etwas genauer zu erklären, aber er drängte sie nicht und wirkte in keiner Weise ungeduldig, und er versuchte auch nicht, sie zu unterbrechen.
Zumindest nicht, bis sie ihm von dem Geist der Schlangenfrau erzählte.
Sein Körper löste sich auf. Vor Überraschung kippte Grace vornüber und landete mit der Nase in dem Kissen, an dem er gelehnt hatte. Ein Zyklon tobte durch den Raum und peitschte ihre Haare. Vorsichtig stützte sie sich auf dem Ellbogen ab und hob den Kopf, um sich umzusehen.
Sie hatte nie großes Interesse an Schnickschnack gehabt, und ihr kleines Schmuckkästchen war mitsamt der Kommode ins Erdgeschoss gewandert. Das war anscheinend auch gut so, denn die Uhr auf ihrem Nachttisch, drei ziemlich eingestaubte Taschenbücher und die Lampe landeten krachend auf dem Boden. Die Vorhänge an den Fenstern verhedderten sich im Wind, sämtliche Türen in der oberen Etage schlugen lautstark zu und wurden wieder aufgestoßen. Die Fenster klapperten.
Aus irgendeinem Grund war die Glühbirne in der Lampe nicht kaputt gegangen. Das Licht, das jetzt vom Boden kam, überzog alles mit langen Schatten. Die vertraute Umgebung wirkte unheilvoll und fremd.
Und Khalil schien vollkommen außer sich zu sein.
War das seine Version eines Wutanfalls?
Sie ließ sich in die Kissen zurücksinken und schob einen Arm unter ihren Kopf. Dann sagte sie zu dem Zyklon: »Ich hoffe, dir ist klar, dass du das alles wieder aufräumst und mir ersetzt, was du kaputt gemacht hast.«
Er fluchte. Das Licht flackerte wild, als die Lampe vom Boden hochgerissen wurde und wieder auf dem Nachttisch landete. »Du erzählst mir, dass dein Verstand und dein Leben in Gefahr waren, und ich erfahre das erst
Tage später?«
Jupp. Wutanfall. Sie sagte: »Hör auf, mich anzuschreien.«
Noch immer körperlos, schoss er auf sie hernieder. Der gesamte vor Wut brodelnde Zyklon konzentrierte sich auf der Fläche ihres Doppelbetts. Die Luft war schwer, viel zu dicht, und die Druckveränderung ließ ihre Trommelfelle knacken. War das ihr Problem? Ja, dachte sie, das hier war wohl tatsächlich ihr Problem. Sie zog sich die Decke über den Kopf.
Er riss sie wieder herunter. »Verdammte Götter, Grace, wie konntest du nur so etwas Gefährliches tun? Warum hast du mich nicht gerufen? Du hättest mich rufen sollen!«
Grace spürte ein Stechen in der Nase, und ihr entschlüpfte eine Träne. Mit dem Handrücken wischte sie sie fort. »Du setzt da eine ganze Menge voraus.«
»Zum Beispiel?«, fuhr er sie an.
»Ich wusste nicht, dass es gefährlich sein könnte«, sagte sie mit sanfter Stimme. »Die Besucher hatten ein Problem damit, in die Höhle zu gehen, und da dachte ich mir einfach, wenn die Kraft einmal bei Tag erschienen war, könnte ich sie vielleicht dazu bringen, es wieder zu tun. Ich hatte keine Ahnung von diesem Geist, bis er dann aufgetaucht ist. Und da war es zu spät, um etwas anderes zu tun, als irgendwie mit der
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