Das Feuer des Daemons
Jetzt ist sie die Ausgestoßene. Sie will mit keinem der Dschinn-Häuser Bündnisse eingehen, und sie wird aggressiv, sobald ich ihr zu nahe komme – oder sonst jemand. Bisher gibt es noch keine Anzeichen dafür, dass sie jemandem Schaden zugefügt hat.« Als er weitersprach, waren seine Worte so leise, dass sich Grace vorbeugen und genau hinhören musste, um sie zu verstehen. »Ich hoffe sehr, dass ich nicht auch sie eines Tages jagen und vernichten muss.«
»Es tut mir so leid«, sagte Grace, so sanft sie konnte.
»Wie gesagt, das alles ist vor sehr langer Zeit geschehen«, sagte er. »Du bist so temperamentvoll, dass ich manchmal vergesse, wie kurz der Verlust zurückliegt, den du selbst erlitten hast.«
»Wir alle haben jemanden verloren«, sagte Grace. »Ich, Chloe und Max, Petra und Niko.«
»Ja«, sagte Khalil. »Aber du musst für alle anderen die Last auf deinen Schultern tragen.« Er hob ihre Hand an und küsste ihre Fingerspitzen. »Wenn du einverstanden bist, werde ich morgen wiederkommen.«
Sie lächelte. »Das wäre wunderv… nein, warte, das geht nicht. Morgen sind die Kinder nicht hier. Weißt du noch, dass ich sagte, am Samstag wäre Freiwilligen-Arbeitstag? Chloe und Max sind morgen bei Katherine und übernachten auch da.«
Er sah sie stirnrunzelnd an. Sein Schweigen dauerte so lange, dass auch sie verstummte und sich fragte, was sie da gerade gesagt hatte.
»Grace«, sagte Khalil.
Noch nie in ihrem Leben hatte jemand ihren Namen so klar und rein ausgesprochen. Das verlieh ihm eine gespenstische Schönheit. Allein dieser Klang weckte in ihr den Wunsch, besser zu sein, es wert zu sein, mit einem so wundervollen Wort angesprochen zu werden. Wenn er jemals singen sollte, dachte sie, wäre dieses Lied so unerträglich schön, dass es sich über alle Türme aus Stein und Stahl erheben und die Herzen der Menschen und aller anderen Kreaturen durchdringen würde. Er würde die Welt beherrschen.
Wenn er jemals für sie singen sollte, würde sie ihm überallhin folgen. Wirklich überallhin.
Er hatte eine Pause gemacht. »Warum siehst du so ergriffen aus?«
»Mach dir keine Gedanken«, flüsterte sie. »Sprich weiter.«
»Ich komme nicht nur wegen der Kinder, weißt du?«, sagte er. »Wann sind die Leute morgen wieder weg?«
»Ich … ich weiß nicht, vielleicht gegen fünf oder sechs«, stammelte sie.
»Du wirst mich rufen, wenn sie weg sind«, sagte er mit eindringlichem Blick.
Der Gedanke daran, mit ihm allein im Haus zu sein, weckte in ihr eine träge, sinnliche Hitze, die sich in ihrem ganzen Körper ausbreitete. Verdammt, er konnte es spüren, und das Lächeln, das sich auf seine elfenbeinfarbenen Züge legte, war genauso träge und sinnlich und unglaublich lasterhaft.
Sie befand sich auf gefährlich abschüssigem Gelände, wenn sie von »keine Küsse« und »mal sehen« dazu überging, ihn einzuladen, wenn die Kinder nicht im Haus waren. Sie kramte in ihrem Kopf nach etwas, irgendetwas, das sie daran hindern konnte, kopfüber in die Tiefe zu stürzen.
Sie platzte heraus: »Haben Dschinn Dates?«
Er blinzelte. »Darüber habe ich mir noch nicht sonderlich viele Gedanken gemacht«, sagte er. »Vielleicht gehen manche Dschinn … manchmal … mit manchen … Geschöpfen aus. Bisher haben derartige Verabredungen nicht zu meinen Gewohnheiten gehört.«
Sie nickte – viel zu schnell – und musste sich zwingen, damit aufzuhören. »Ich hab mich nur gefragt.«
»Menschen gehen gern aus«, sagte Khalil nachdenklich. Dann schien er sich zu etwas entschlossen zu haben. »Das machen wir morgen. Wir haben ein Date.«
Plötzlich glaubte Grace, sie müsste sterben. Sie wusste nicht genau, woran – ob an unterdrücktem Lachen oder an Demütigung, oder vielleicht an einer Mischung aus beidem. Mühsam brachte sie hervor: »Du kannst ein Date nicht anordnen.«
»Ich wüsste nicht, was dagegenspricht«, sagte Khalil, dessen Energie die ihre mit gemächlicher Erheiterung liebkoste. Er stupste sie auf die Nase. »Menschen brauchen Luft. Atme jetzt.«
Sie tat es, und ihr entschlüpfte ein Kichern. »Wenn du ein Date anordnest, ist es kein Date mehr. Es ist, ich weiß nicht, ein Termin, eine Entführung oder so.«
»Wie ist der richtige Ablauf?«, frage er. »Für ein Date?«
Die Sinnlichkeit in seiner leisen Stimme beschwor in ihrem Kopf alle möglichen heißen Bilder von Dates und Abläufen herauf. Jetzt versuchte er definitiv, sie zu ärgern. Mit fester Stimme sagte sie: »Wenn man daran
Weitere Kostenlose Bücher