Das Feuer des Daemons

Vereinigten Staaten das größte Forschungsarchiv für Hexenkräfte bei Menschen, magische Energie und Magiesysteme. Außerdem besaß die Bibliothek eine der weltweit größten Sammlungen. Olivia gehörte einem Hexenzirkel von freien Wissenschaftlern, Lehrern, Professoren und anderen Bibliothekaren an.
    Sie begrüßte Grace mit einem echten Lächeln, und im Laufe des Tages suchte Grace immer wieder ihre Nähe.
    Nachdem die Aufgaben verteilt waren, verstreuten sich die Leute und waren beschäftigt, und die unterschwelligen Spannungen ließen etwas nach. Grace musste am laufenden Band Fragen beantworten. Welche Kommode sollte nach unten getragen werden? Wo genau sollte sie im Büro aufgestellt werden? Sollten alle Kleidungsstücke aus der Kommode ebenfalls heruntergetragen werden, oder sollten sie im Obergeschoss bleiben? Sollten die Rosensträucher vor dem Haus gestutzt werden, und brauchten sie Wasser? Wusste sie, dass der Gartenzaun hinter dem Haus ein Loch hatte? Das müsste repariert werden, bevor sie die Kinder draußen spielen ließ. Sollte das heute erledigt werden?
    Am späten Vormittag dann, als Grace und Olivia gerade das Mittagessen auf dem Küchentisch anrichteten, klingelte das Telefon.
    Der Anrufer war Brandon, der mit seinem Handy von der hinteren Wiese aus anrief. Handys funktionierten auf dem Grundstück nicht besonders gut, daher war die Verbindung bruchstückhaft, aber es gelang ihm, Grace zum hinteren Teil des Grundstücks zu bestellen, weil er eine Auskunft von ihr brauchte. »Wenn es Ihnen nicht zu viele Umstände macht«, sagte er durch das Knacken in der Leitung. »Wir hatten gehofft, Sie und Olivia könnten uns auch noch etwas Eistee vorbeibringen.«
    »Sicher«, sagte sie mit einem entmutigten Blick auf den vollen, schweren Krug und die Gläser. Nachdem sie aufgelegt hatte, wandte sie sich an Olivia: »Ich habe etwas auf der hinteren Wiese zu erledigen. Würdest du mir vielleicht helfen, die Getränke für die Männer rauszutragen?«
    »Natürlich«, sagte Olivia. Sie warf einen prüfenden Blick auf den Tisch. »Hier sind wir sowieso fertig. Die anderen können sich selbst bedienen, wenn sie Hunger kriegen.«
    Sie suchten die Sachen zusammen. Olivia griff nach dem vollen Eisteekrug, ehe Grace es tun konnte. Anstatt etwas dazu zu sagen, nahm Grace die Gläser an sich, und die beiden gingen hinaus. »Ich muss zugeben«, sagte Grace, »dass ich erleichtert bin, für ein paar Minuten von den anderen wegzukommen.«
    »Sie sind heute Morgen ein ganz bezaubernder Haufen, nicht wahr?«, sagte Olivia mit einem verächtlichen Schnauben.
    Grace warf ihr einen schnellen Blick zu. Im kurzen, kastanienbraunen Haar der Bibliothekarin leuchteten in der Sonne honigfarbene Strähnchen, und ihre grauen Augen funkelten vor Intelligenz. Olivia besaß eine leise, unauffällige magische Energie; Tag für Tag arbeitete sie mit Büchern und Quellen magischer Energie, sie musste ihr Handwerk also gut beherrschen. Meistens waren Hexen im Bibliothekswesen Symbologen, sie konnten Worten und Bildern magische Energie einhauchen, derart aufgeladene Worte und Bilder lesen und Macht über sie ausüben.
    Zögerlich sagte Grace: »Ich war nicht darauf vorbereitet, wie sich die Leute heute verhalten. Also, alle bis auf dich. Es sind Hexen und Hexer aus unterschiedlichen Zirkeln hier. Ich hätte erwartet, dass sie … ich weiß nicht, gesprächiger wären, dass sie sich freuen würden, einander kennenzulernen. Der letzte Arbeitstag war um einiges lauter.«
    Olivia hob die Augenbrauen. »Das vergesse ich immer wieder; du selbst gehörst zu keinem Zirkel, oder?«
    »Nein.«
    »Nun, Hexenzirkel orientieren sich an Berufsgruppen, sie bieten Gelegenheit zum Netzwerken und eine regelmäßige und kontinuierliche Ausbildung in verschiedenen magischen Disziplinen«, erklärte Olivia. »Eine Hexe hat ihre engsten Freunde nicht unbedingt in ihrem Zirkel. Viele fühlen sich ihrer Bowlingmannschaft, ihrer Kirche, Leserunde oder politischen Partei stärker zugehörig.«
    Grace runzelte die Stirn. »Okay, das ist ein gutes Argument, darauf wäre ich nicht gekommen. Was bedeutet das für die Leute, die heute hier sind?«
    »Wenn ich mir ansehe, wer hier ist, habe ich nicht den Eindruck, dass die Leute schweigen, weil sie einander nicht kennen«, sagte Olivia. »Für mich sieht es so aus, als würden sie nicht miteinander reden, weil sie sich sehr gut kennen.«
    Grace blieb stehen. »Was meinst du damit?«
    Die Bibliothekarin zuckte die