Das Feuer Kabals
stellten Fragen, lachten, weinten, schrien, wisperten. Sie hörte immer wieder ihren Namen. Der Chor wurde drängender. Die Männer, die Faunus waren, riefen in einer Stimme und tausend unterschiedlichen Betonungen ein einziges Wort:
»SERAPHIA!«
»Hört auf!«, schrie sie und hielt sich die Ohren zu.
Der Lärm endete abrupt.
Im Gras lagen tausend Fackeln.
Seraphia nahm die Hände von den Ohren. Sie drehte sich um. Hinter ihr stand Faunus. Er lächelte sie an. Seine Aura glühte machtvoll.
»Seraphia! Ich danke Euch für euer Kommen! Der Grund Eures Besuchs ist denkbar schlecht, aber Ihr habt mir geholfen, mein Selbst wiederzufinden. Ich schulde Euch etwas.«
Seraphia beruhigte sich und schaute sich noch einmal ungläubig um. Sie blickte diesen neuen Faunus an. Etwas war grundlegend anders an ihm. Dies war ein Mensch, mit einem komplexen Charakter, keine einzelne Facette einer Persönlichkeit. Faunus der Tausendfache, vereint in einem Körper und einem Geist.
»In dem Zusammenhang fällt mir etwas ein. Teilt Ihr euch ein Gedächtnis mit allen Euren Inkarnationen?«
Faunus warf seine Stirn in Falten und nickte, dann hielt er sich plötzlich die Hand vor den Mund. Er straffte sich. Er verneigte sich tief. »Verzeiht, Seraphia. Ein Mann besteht aus vielen Facetten. Nicht alle davon sind es Wert, ein eigenes Leben zu führen. Bitte behaltet mein Verhalten am Teich für euch. Es liegt mir nicht daran, dieses Geschehnis mit anderen zu teilen.«
Er hat mich tatsächlich heimlich beobachtet!
Seraphia holte tief Luft. Das war definitiv eine der seltsamsten Situationen, die sie je erlebt hatte. »Mir liegt auch nicht daran. Versuchen wir, es zu vergessen«, sagte sie und verneigte sich ebenfalls tief. »Ihr seid der bemerkenswerteste Mann, der mir je über den Weg gelaufen ist.«
»Und Ihr seid die mit Abstand schönste Frau, die mir je begegnet ist«, sagte Faunus lächelnd.
Seraphia wurde abermals rot, aber nur ein bisschen. Faunus sah es nicht im Dunkeln. Sie wollte endlich ihre Robe zurück. »Lasst uns aufbrechen! Und ihr könnt mich Sera nennen. Nach allem, was wir erlebt haben.«
»Sehr gern!«, sagte Faunus lachend und wies auf das Portal, zu dem sie nun gingen. Er schaute sich besorgt um und kratzte sich ratlos am Kopf. »Ich sollte mich um die Fackeln kümmern, sonst fängt es noch an, zu brennen.«
»Ich kümmere mich darum«, sagte Seraphia. Sie erhob die Hände und bewegte sich tanzend im Kreis. Die Aura-Sicht offenbarte die Energiepünktchen, die jeweils eine Fackel zeigten. Sie sog die Energie ein und drehte sich weiter im Kreis. Tausend Flämmchen flogen auf sie zu. Ein jedes abgelöst von den Fackeln, die harmlos erloschen. Als sie jede Flamme eingesogen hatte, wirbelte ein kleiner Feuerorkan um Seraphia herum. Sie stieß das wirbelnde Feuer in den Himmel. Ein brennender Kreisel stieg über der Lichtung auf und ließ den Nebel orangerot aufleuchten, bis das Feuer endlich erlosch. Seraphia trat zu Faunus, der sie fasziniert ansah.
»Deine Magie ist das Anmutigste, was ich je sah.«
Seraphia wurde verlegen und wusste nicht, was sie sagen sollte. »Danke. Wir brechen besser auf. Vorhin ist irgendetwas mit der Zeit geschehen und mittlerweile ist es bereits Nacht. Wir verlieren wertvolle Stunden und ich bin todmüde.«
Faunus nickte lächelnd. »Ruf du das Portal, Sera, ich ebne den Weg!«
»Was?«
»Oder sollen wir es umgedreht machen? Ich finde den Teil mit dem Weg immer etwas anstrengender, deswegen wollte ich dir die Mühe ersparen.«
»Ich bin noch nie mit dem Portal gereist. Charna sagte, du würdest mir das zeigen.«
»Oh.« Faunus holte tief Luft und seufzte dann. »Nun gut. Die Reise besteht aus zwei Teilen. Dem Portal diesseits und dem Weg. Das Portal muss zunächst geöffnet werden. Das geht so.«
Faunus streckte seine Hand aus. Seraphia wechselte in die Aura-Sicht und erkannte die magischen Ströme, die wie wilde Schlangen aus dem Torbogen nach Faunus Hand ausschlugen und sich darin verbissen. Eine schillernde Wasseroberfläche erschien senkrecht im Torbogen und trotzte der Schwerkraft. Faunus schüttelte seine Hand und die Energieströme wurden zurück in das Tor gezogen. Die Wasseroberfläche verschwand.
»Jetzt du. Versuch es!«
Seraphia streckte die Hand aus und konzentrierte sich auf das Sammeln von Energie, wie sie es gelernt hatte. Denn das war es scheinbar, was Faunus getan hatte. Sein Element war das Wasser, ihres das Feuer. Sie fragte sich, ob das einen Unterschied
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