Das Feuer und die Rose
mich dem
Kolinahr
zu unterziehen.«
»Ist das eine Antwort auf meine Frage?«, entgegnete sie. »Ich weiß gar nicht, was das
Kolinahr
ist.«
»Dabei handelt es sich um eine Reihe von Studien und Ritualen, in deren Verlauf sich Vulkanier ihrer Emotionen entledigen«, erklärte er.
»‚Sich ihrer Emotionen entledigen‘«, wiederholte sie. »Was genau bedeutet das?«
»Es bedeutet, dass ich lernen werde, Informationen, Gedanken und sensorische Eindrücke ohne Gefühle wahrzunehmen«, führte Spock weiter aus. »Ich werde meine Emotionen in einem solchen Maße beherrschen können, dass sie letztendlich kein Teil meines Lebens mehr sein werden.«
Alexandra nickte. Offenbar verarbeitete sie gerade, was Spock ihr erklärt hatte. »Und dabei handelt es sich um eine Reaktion auf den Verlust deines Freundes?«
»Es ist etwas komplizierter«, antwortete Spock. »Doch in der Tat hat Captain Kirks Tod mich auf ein Defizit in meinem Leben stoßen lassen.«
»Du empfindest Emotionen als ein Defizit«, sagte sie. Dieses Mal schwang eine deutliche Anschuldigung in ihren Worten mit, obwohl es ihr gelang, ihren passiven Gesichtsausdruck beizubehalten.
»Ich wuchs auf Vulkan als Außenseiter auf«, erklärte Spock. Auch wenn es ihm Unbehagen bereitete, diese Fakten seines Lebens offenzulegen, war Alexandra ihm wichtig, und er wollte, dass sie verstand, wieso er diesen Weg beschreiten musste. »Aus diesem Grund befand ich mich schon früh in der ungewöhnlichen Position, mich bewusst für eine Welt entscheiden zu müssen, in der ich leben wollte: In der Welt der Menschen oder der Vulkanier. Ich entschied mich dafür, als Vulkanier zu leben.«
»Aber das hast du doch nicht wirklich getan, oder?«, fragte Alexandra. Du hast jahrelang, jahrzehntelang, in der Sternenflotte gedient, und zwar auf Schiffen, deren Besatzungen hauptsächlich aus Menschen bestanden.«
»Das ist wahr«, erwiderte Spock, und ihm wurde klar, dass Alexandra seine Entscheidung nicht verstehen würde. Dennoch wollte er versuchen, es ihr zu erklären. »Ich habe dieses Leben schon einmal zuvor hinter mir gelassen, um mich dem
Kolinahr
zu unterziehen. Ich hätte es auch beendet, wenn mich nicht einige ungewöhnliche Umstände davon abgehalten hätten. Danach habe ich begonnen, meine zwiespältige Natur zu akzeptieren: Nach außen hin zeigte ich mich stets als Vulkanier, während in meinem Inneren, obwohl von der Logik beherrscht, auch Platz für ein gewisses Maß an Emotionen vorhanden war.« Diese Emotionen beinhalteten ein schmerzliches und schon lange anhaltendes Gefühl von Reue, das nach all den Jahren nun tief in seinem Inneren verborgen lag. Jims Tod hatte ihm dabei geholfen, zu erkennen, dass er sich nicht länger vor diesen Gefühlen verstecken wollte; er wollte sie ein für alle Mal eliminieren. »Die Ereignisse der letzten Wochen haben mich daran erinnert, dass ich mich bereits vor langer Zeit dazu entschlossen habe, als Vulkanier zu leben. Nun treffe ich diese Entscheidung erneut.«
Alexandra schaute ihn einen Moment lang an, ohne etwas zu sagen. Er konnte in ihrem Gesicht nicht lesen, was gerade in ihr vorging. Doch dann sagte sie plötzlich: »Ich hoffe, dass du findest, was du suchst, Spock, und dass du dein Ziel erreichst.«
»Das hoffe ich auch für dich«, erwiderte Spock.
Sie wandte sich zum Gehen, hielt dann aber inne und sagte: »Manchmal bekommt man nicht das, was man sich wünscht.« Jetzt bemerkte Spock die Anspannung in ihren Zügen. Die Maske, die ihren Schmerz verbergen sollte, begann zu bröckeln. »Und manchmal wünscht man sich etwas, das man gar nicht braucht.« Er wusste nicht, wie er darauf reagieren sollte, aber vermutlich erwartete sie auch gar keine Erwiderung von ihm. »Auf Wiedersehen, Spock.«
Als Alexandra fortging, hasste er sich dafür, dass er sie verletzt hatte, und war betrübt, da sie sich nun nicht besser kennenlernen konnten und sich ihre Beziehung nicht weiter vertiefen würde. Diese Gedanken bestärkten seinen Wunsch nach dem
Kolinahr
.
»Achtung, eine Durchsage an alle Reisenden nach Vulkan«
, ertönte eine Stimme aus den Lautsprechern.
»Das Boarding für die
Ri’Luje
beginnt in fünf Minuten. Reisende der ersten Boarding-Gruppe melden sich bitte an der Transporterplattform.«
Während sich die Leute um ihn herum in Bewegung setzten, schaute Spock Alexandra hinterher. Sie blickte nicht zurück.
ELF
1930
Kirk verließ den Elektronikladen mit zwei vollen Tüten und kaum Geld in der Tasche. Abgesehen
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