Das Feuer und die Rose
Farm seiner Familie in Iowa getan hatte.
»Vielleicht kenne ich Sie wirklich schon«, stimmte Edith zu. »Zumindest ein bisschen. Aber kennen Sie mich?«
»Zumindest ein bisschen«, wiederholte Jim und lachte leise. »Aber auch Sie sind von einem Geheimnis umgeben. Ich könnte Ihnen ebenfalls einige Fragen stellen.«
»Sie mir?«, stieß Edith mit gespielter Überraschung hervor.
»Oh, und sehen Sie mich bitte nicht mit diesem ‚Ich bin gerne das Opfer Ihrer Neugier‘-Blick an«, erwiderte Jim und wiederholte damit genau das, was sie zuvor am Tag zu ihm gesagt hatte.
»Dann mal raus damit, Jim«, begann sie, »welche Fragen wollen Sie mir denn stellen?«
»Lassen Sie mich überlegen«, sagte Jim und versuchte, etwas zu finden, was er sie fragen konnte. In Wahrheit wollte er alles über sie wissen, aber dann kam ihm etwas in den Sinn, das er merkwürdig fand.
»Sie führen die Mission«, sagte er.
»Ich versuche es jedenfalls«, entgegnete Edith.
»Also sind Sie für alles, was damit zusammenhängt, verantwortlich«, sprach er weiter.
»Ja, sofern es in meiner Macht liegt.«
»In Ordnung«, sagte er. »Wieso hängt dann ein acht Jahre alter Kalender an der Wand?« Das war ihm bereits am ersten Tag aufgefallen, den er und Spock in der Mission verbracht hatten, und bis ihm eine Zeitung in die Hände gefallen war, hatte er geglaubt, im Jahr 1922 gelandet zu sein.
Neben ihm senkte Edith plötzlich den Blick, und als sie nicht antwortete, wurde ihm klar, dass in diesem Jahr etwas passiert sein musste.
»Es tut mir leid«, sagte er schnell. »Wenn ich etwas Falsches gesagt habe …« Er blieb stehen und sah sie an.
»Nein, nein, nichts Falsches, es ist nur …« Sie schaute zu ihm hoch, als ob sie sich dazu zwingen musste, sich den Tatsachen zu stellen. Schließlich ging sie weiter. »Ich kam vor etwa acht Jahren mit meinem Vater hierher«, erzählte sie. »Im Juni 1922. Die Zeiten waren schwierig für ihn daheim in England … Meine Mutter starb, als ich noch ein kleines Mädchen war. Schließlich beschloss er, einen Neuanfang zu wagen, und er dachte, dass ihm die Vereinigten Staaten eine Chance dafür bieten würden.«
Sie blieben kurz stehen, als ein Auto an ihnen vorbeifuhr, und überquerten dann die Straße, um zum nächsten Block zu gelangen.
»Er dachte auch, dass dieses Land für mich mehr Möglichkeiten bereithalten würde«, erzählte Edith weiter. »Frauen hatten hier bereits im Jahr 1920 dieselben Wahlrechte wie Männer erhalten, in England war dies noch undenkbar. Also überredete er mich dazu, mit ihm zu gehen.« Edith wurde wieder still und sagte dann: »Das hätte er gar nicht tun müssen. Ich hätte auf keinen Fall mit einem Ozean zwischen uns leben wollen. Also ging ich mit ihm.« Wieder schaute sie Kirk an. »Er starb nur ein paar Tage nachdem wir in New York angekommen waren.«
»Das tut mir sehr leid«, sagte Kirk und empfand aufrichtige Trauer über ihren schweren Verlust.
»Ich danke Ihnen«, erwiderte sie. »Jedenfalls war dieser Kalender eines der ersten Dinge, die wir kauften, als wir hier ankamen, weil er Szenen der amerikanischen Geschichte enthielt. Ich habe ihn behalten, weil … Ich weiß nicht, wieso. Vielleicht weil es sich eine Zeit lang so anfühlte, als wäre die Zeit stehen geblieben. Ich habe meinen Vater sehr geliebt.«
Kirk wollte etwas sagen, um sie zu trösten, aber ihm war klar, dass er nichts sagen konnte, um den Schmerz zu lindern, den sie nach all den Jahren immer noch empfand. Deshalb ging er einfach weiter neben ihr her und leistete ihr Gesellschaft. Ein paar Minuten später, als die Dämmerung langsam einsetzte, wurden die Straßenlaternen eingeschaltet. Kirk betrachtete eine davon, dann fiel sein Blick auf Edith. Sie schenkte ihm ein bezauberndes Lächeln, und er ergriff ihre Hand. Erneut spürte er die Verbindung zwischen ihnen.
Sie passierten ein Geschäft, das Radios verkaufte, und ein Lied drang zur Tür hinaus. Dann kamen sie an eine Kreuzung und huschten vor einer Pferdekutsche noch schnell über die Straße. Dabei lösten sich ihre Hände, doch es fühlte sich ganz natürlich an. Mit Edith fühlte sich alles ganz natürlich an.
Als sie den nächsten Block entlangliefen, fragte Edith plötzlich: »Warum nennt Spock Sie immer ‚Captain‘? Waren Sie zusammen im Krieg?«
»Gedient … wir haben zusammen gedient«, antwortete Kirk, der sie nicht anlügen wollte.
»Und Sie, ähm, wollen darüber nicht reden«, stellte sie fest. »Wieso nicht?«
Weitere Kostenlose Bücher