Das Feuer von Innen
der alten Seher darauf ab, die Bewußtheit von Bäumen und kleinen Pflanzen dienstbar zu machen und sie als Führer zu nutzen beim Hinabsteigen in die - wie sie sagten - tiefsten Ebenen der dunklen Regionen. »Du wirst natürlich verstehen«, fuhr Don Juan fort, »daß sie, als sie in die Tiefen hinabzusteigen meinten, in Wirklichkeit ihren Montagepunkt anstießen, damit er andere wahrnehmbare Welten aus jenen sieben großen Bändern zusammensetze. Sie forderten das Äußerste von ihrem Bewußtsein und setzten Welten aus fünf großen Bändern zusammen, die dem Seher nur zugänglich sind, wenn er sich einer gefährlichen Verwandlung unterzieht.«
»Aber gelang es den alten Sehern, diese Welten zusammenzusetzen?« fragte ich.
»Ja, das wohl«, sagte er. »Irregeleitet, wie sie waren, hielten sie es der Mühe wert, alle Schranken der Wahrnehmung zu durchbrechen, auch wenn sie zu diesem Zweck Bäume werden mußten.«
11. Pirschen, Absicht und die Traum-Position
Am nächsten Tag, wieder in den frühen Abendstunden, kam Don Juan in das Zimmer, wo ich mich mit Genaro unterhielt. Er nahm mich am Arm und führte mich durch das Haus in den hinteren Patio. Es war schon ziemlich dunkel. Wir spazierten durch die Galerie, die den Patio einfaßte.
Während wir dahinspazierten, meinte Don Juan, er müsse mich noch einmal ermahnen, daß es sehr leicht sei, sich in Wirrnis und Wahnsinn zu verlieren. Der Seher, sagte er, habe es mit mächtigen Feinden zu tun, die sein Streben vereiteln, seine Ziele verwischen und ihn selbst schwächen könnten; Feinde, hervorgerufen durch den Pfad des Kriegers selbst, im Zusammenwirken mit Trägheit, Bequemlichkeit und Eigendünkel, die dennoch allgegenwärtige Bestandteile der alltäglichen Welt seien. Die durch Trägheit, Bequemlichkeit und Eigendünkel bedingten Irrtümer der alten Seher, sagte er, seien so gewaltig und so gefährlich gewesen, daß die neuen Seher keine andere Wahl gehabt hätten, als ihre eigene Tradition abzulehnen und zu verurteilen.
Was die neuen Seher daher am nötigsten brauchten, fuhr Don Juan fort, seien geeignete Praktiken gewesen, um ihren Montagepunkt in Bewegung zu bringen. Da sie solche nicht vorfanden, beschränkten sie ihr Interesse darauf, die Glut der Bewußtheit zu sehen, und erarbeiteten in der Folge drei systematische Techniken, die zur Grundlage ihrer Praxis wurden. Mit diesen drei Systemen, so sagte Don Juan, hätten die neuen Seher etwas ganz Außerordentliches und Schwieriges vollbracht. Es sei ihnen gelungen, den Montagepunkt planmäßig aus seiner üblichen Position zu verschieben. Zwar sei dies auch schon den alten Sehern gelungen, wie er einräumte, aber nur mit Hilfe sehr eigenwilliger und ausgefallener Methoden. Und was die neuen Seher in der Glut der Bewußtheit sahen, veranlaßte sie dann, wie Don Juan erzählte, jene bereits von den alten Sehern entdeckten Wahrheiten über das Bewußtsein zu einem neuen System zusammenzufassen. Dieses System nannten sie die Beherrschung des Bewußtseins, und darauf aufbauend, entwickelten sie diese drei Techniken: erstens, die Kunst des Pirschens, zweitens, die Meisterschaft der Absicht, und drittens, die Meisterschaft des Träumens. In diesen drei Techniken, sagte Don Juan, habe er mich seit dem ersten Tag unserer Bekanntschaft unterwiesen.
Und zwar habe er mich, sagte er, die Meisterschaft des Bewußtseins auf zweierlei Weise gelehrt - genau wie die neuen Seher es vorschrieben. Durch seine Lehren für die rechte Seite, mit denen er mich in meinem normalen Bewußtseinszustand vertraut. machte, habe er zwei Ziele erreicht: er habe mich den Weg der Krieger gelehrt, und er habe meinen Montagepunkt aus seiner ursprünglichen Position gelöst. Durch seine Lehren für die linke Seite, die ich im Zustand gesteigerter Bewußtheit kennenlernte, habe er ebenfalls zwei Ziele erreicht: er habe meinen Montagepunkt in so viele Positionen überwechseln lassen, wie dieser nur aushallen konnte; und er habe mir eine lange Reihe von Erläuterungen gegeben.
Don Juan schwieg und sah mich unverwandt an. Es entstand ein unbehagliches Schweigen. Dann fing er an, über das Pirschen zu sprechen. Es habe sich, sagte er, aus bescheidenen, zufälligen Anfängen entwickelt. Die neuen Seher hätten nämlich beobachtet, daß, wenn ein Krieger sich ununterbrochen auf eine für ihn ungewohnte Weise verhält, die sonst ungenutzten Emanationen in seinem Kokon zu glühen anfangen. Und dabei verschiebe sich sein Montagepunkt sanft, harmonisch
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