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Das Feuer von Konstantinopel

Das Feuer von Konstantinopel

Titel: Das Feuer von Konstantinopel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingmar Gregorzewski
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seiner Seite zu weichen schien. Unten im Hof exerzierte die Kaiserliche Wache. Soldaten in Uniform wurden wie junge Hunde auf Kommandos dressiert...
     
    „Und links herum! Und links! Und links! G-e-e-e-e-radeaus! Marsch, Marsch!“, brüllte eine Männerstimme im Schlosshof. Stiefelsohlen krachten draußen über das Kopfsteinpflaster.
    Der Prinz lächelte und blicke zu Frau von Waldburg. Die deutete ermunternd auf den Karton, der auf dem Tisch stand.
    „Felix...“, begann der Prinz zögerlich, „...meine Idee wäre, dass wir mit diesen Zinnsoldaten hier eine Schlacht spielen. Ich muss dich allerdings darauf hinweisen, dass ich aufgrund meiner Stellung leider diese Schlacht nicht verlieren darf. – Wie findest du meine Idee?“
    „Das ist eine großartige Idee, Kaiserliche Hoheit!“, antwortete Felix wie aus der Pistole geschossen.
    „Findest du wirklich?“, fragte der Prinz und blickte Hilfe suchend zu Frau von Waldburg. Er wusste nicht so recht, was er von der Antwort des Jungen halten sollte. Sie kam so glatt und einfach daher.
    „Es ist vielleicht die beste Idee, die man haben kann... wenn man ein Prinz ist!“, antwortete Felix freundlich. Die neuen Kleider pieksten ihn am ganzen Körper.
    „Aha!“, meinte der Prinz knapp und wippte mit seinen Füßen auf und ab.
    Keiner sprach mehr. Es entstand eine Pause.
    „Nun, ich habe eine Idee, eine wirklich gute Idee...!“, unterbrach Frau von Waldburg die Stille. „Hier auf dem Tisch kann man wunderbar die Heere einander gegenüberstellen...!“
    Sie kramte nervös die Zinnsoldaten aus dem Karton.
    Aber weder Felix noch der Prinz gingen zum Tisch.
    „Du bist frech zu mir!“, sagte der Prinz gelassen, ja, fast mit einer gewissen Neugier in der Stimme. „Bist du einer von denen, die unten am Wasser hausen, und uns Frechheiten zurufen, wenn wir mit unserem Schiff an ihnen vorbeikommen? Mein Vater ließ extra eine Musik komponieren, die jetzt an Bord gespielt wird, damit wir euch nicht hören müssen...!“
    Als sie merkte, dass sich keiner der beiden für ihren Vorschlag interessierte, kam Frau von Waldburg aufgeregt angeschwebt und machte einen unterwürfigen Knicks vor dem Prinzen. Sie fürchtete schlimmen Zank zwischen den zwei Jungen.
    „Kaiserliche Hoheit, wenn es genug ist, begleite ich den jungen Herrn Felix jetzt hinaus!“, sagte sie und hielt dabei den Kopf gesenkt.
    Der Prinz schwieg. Sein Gesichtssaudruck blieb traurig und freundlich zugleich.
    Felix ahnte, dass jeden Moment alles aus sein könnte. Er musste sich etwas einfallen lassen.
    „Was ist das für ein Wald?“, fragt er den Prinzen in einem Tonfall, in dem jeder normale Junge einen anderen normalen Jungen fragen würde.
    „Der ist von mir!“, antwortete der Prinz voller Stolz.
    Felix ging auf das Figurentheater zu.
    „Bitte nicht anfassen!“, sagte der Prinz ängstlich.
    „So ein großes Figurentheater habe ich noch nie gesehen. Es ist fantastisch!“, sagte Felix voll ehrlicher Bewunderung.
    „Es ist alles nach meinen eigenen Plänen gebaut worden“, lobte sich der Prinz selbst.
    Ehrfürchtig betrachtete Felix die Kulisse des verwunschenen Waldes. Wie herrlich wäre es, in ihn hineinzuspazieren und sich in ihm zu verlieren, als wäre alles ein Märchen. Ganz weit hinten, am Ende des Tunnels, den die starken Bäumen bildeten, leuchtete das weiße Licht und versprach mehr Wunder, als sich je ein Mensch ausdenken konnte.
    „Welche Geschichte spielt hier?“, wollte Felix jetzt wissen.
    Frau von Waldburg hatte sich mittlerweile wieder aufgerichtet und hielt sich jetzt diskret im Hintergrund. Sie stellte die Zinnsoldaten auf dem Tisch zurecht, falls die Jungen sich nun doch vertrugen.
    Der Prinz sah betrübt zu Boden. Er antwortete nicht auf Felix’ Frage.
    „Ich wohne nicht am Wasser und ich habe noch nie dem Kaiser Frechheiten zugerufen“, sagte Felix zu ihm, um sein Vertrauen wiederzugewinnen. Abgesehen davon, stimmte das natürlich auch.
    „Und ich...“, gestand der Prinz, „...ich habe keine Geschichte. Es fällt mir einfach nichts ein! Vielleicht kannst du mir helfen?“
    Felix überlegte. Der Prinz ließ ihn gewähren. Hoffnungsfroh beobachtete er jede Regung in Felix’ Gesicht. Selbst als der sich hinter dem Ohr kratzte und einen Schritt zurücktrat, um noch einmal einen besseren Eindruck vom Gesamtbild des Figurentheaters zu bekommen. Der Prinz fühlte sich seinem Ziel, endlich eine Geschichte für seinen Wald zu haben, noch nie so nahe.
    „Überlege, Felix...

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