Das Filmbett
da keine Zeit mehr war, eine andere zu
suchen, ihr bisheriger Part hingegen leicht umbesetzt werden konnte.
Es ist Mittag. Ich trommle gegen
die Tür. Gepolter und schrille Vogelschreie. Sie öffnet. Ich trete ein und
schließe die Tür hinter mir. Sie hat Lockenwickler im Haar, dicke Schichten
Fett im Gesicht, Sonnenöl am ganzen Körper, sie ist nackt. Mühsam hält sie ein
schmales Hotelhandtuch vor ihren Busen und ihr buschiges Delta.
»Ich habe gerade ein Sonnenbad
genommen. Auf dem Dach hinter dem Schornstein gibt es keine Einsicht.«
Da man sie, vollgeschmiert wie sie
ist, nirgends anfassen kann, streckt sie den einzigen Körperteil, der nicht mit
kosmetischer Chemie bedeckt ist, ihre Zunge, zum Kuß heraus.
»Du spielst die Tochter«, sage
ich. Sie steht vor mir mit Lockenwicklern im platinblonden Haar (Jean Harlow!)
und drolligem Clowngesicht: ein marzipaniges Schweinchen.
»Danke«, sagt sie still, »das ist
meine Chance«, und geht einige Schritte zum Fenster. Selbst ihr runder kleiner
nackter Hintern bebt vor Gefühlserregung mit. Pause. Ich setze mich auf den
einzigen Stuhl, der nicht mit Reizwäsche belegt ist. Die Diäten künftiger
Wochen müssen dafür draufgegangen sein.
»Ich danke dir«, sagt sie und
dreht sich wieder zu mir. »Und wann befiehlt der hohe Herr das branchenübliche
Liebesopfer?«
»Ich verstehe nicht.«
»Na, du willst doch sicher das da
haben«, sagt sie und streckt das Handtuch einen Moment von sich, wie wenn ein
Soldat das Gewehr präsentiert, »oder...?«
»Ich habe nichts verlangt und
keine Bedingungen gestellt«, sage ich.
»Du wirst doch die schlechten
Sitten nicht verderben wollen, wo käme dann unser Doktor hin (Goebbels), nein,
nein, Unehrenschulden sind genau wie Ehrenschulden, die müssen bezahlt werden.«
Sie grinst wie ein Kapuzineräffchen.
»Deine Ehrenschulden sind gestrichen.«
»Ehrenschulden kann man nicht
streichen...«
»Und außerdem — dein Bobby würde
dir den Hals umdrehen.«
Bobby war ihr Freund und gerade zu
Besuch gekommen. Er wohnte im gleichen Hotel.
»Da kannst du recht haben und er
auch, ich liebe ihn nämlich wirklich.«
»Na also.«
»Ein echtes Verkehrsproblem«, sagt
sie und marschiert wie ein Kürassier mit großen Schritten durchs Zimmer. Sie
war wirklich auf reizvolle Art komisch. »Verschieben können wir’s nicht,
Ehrenschulden müssen innerhalb drei Tagen bezahlt werden, und er bleibt drei
Wochen.« Die Fettschicht auf ihrem Gesicht krümmt sich über ihren angestrengten
Denkfalten zu drolligen Wülsten. »Was mache ich nur... Wenn ich also
geschäftlich verhindert bin, muß ich vollwertigen Ersatz stellen... Ich habe
eine Idee...« Sie steht bedenklich nahe bei mir. »Wir gehen doch heute alle
zusammen ins ›Tabarin‹. Ich lade dich zum schönsten Mädchen deiner Wahl ein.
Ich schenke dir eine Liebesnacht mit ihr — an meiner Stelle.«
Ich mußte lachen.
»Wie stellst du dir die finanzielle
Seite vor? Die Mädchen vom ›Tabarin‹ sind nicht gerade billig und unsere Diäten...
und die Devisensperre... übrigens bist du schon ganz schön eingestiegen«, ich
deute auf die Wäsche und hoffe die Angelegenheit damit erledigt zu haben. Ich
kannte sie nicht.
»Ich hab’s, natürlich, Bobby muß
das bezahlen... der Liebende muß die Geliebte freikaufen, Bobby muß sein
Sparschwein schlachten, das er heimlich — aber nicht verraten, bitte — hier auf
einer ausländischen Bank hat. Ja — ça c’est Paris«, sagt sie begeistert von der
frivolen Vorstellung. »Das wird ihm gefallen, so machen wir’s. Du besorgst es
dem anderen Mädchen — und wirst dir einbilden, ich sei es — und ich treib’s mit
Bobby und denke an dich... La vie Parisienne... Prima...«
»Du bist verrückt und hast zuviel
Pornographie gelesen«, sage ich, »zieh dich gefälligst an, ich warte in der
Halle, du mußt zur Anprobe, sämtliche Kostüme müssen umgehend geändert werden,
deine unglückliche Vorgängerin hatte nicht soviel aufzuweisen wie du«.
Ich habe die Hände plötzlich voll
Sonnenöl. —
Am Abend. Ich zog mich gerade um,
da rief sie an.
»Du«, zwitscherte sie, »du, Bobby
ist einverstanden, er findet es oberchic... Er kauft dir das Mädchen — es muß
aber erste Klasse sein — , um mich auszulösen, unter der Bedingung, daß ich ihm
zu Willen bin, wie er es von einer Pariser Kokotte dieser Preisklasse verlangen
würde... Puh, ihr Männer seid schrecklich verdorben... ich werde bestimmt
verdammt hinhalten müssen...«
»Du
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