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Das Filmbett

Das Filmbett

Titel: Das Filmbett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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bist völlig wahnsinnig«, sagte
ich, aber sie hatte schon eingehängt. Komischer Kauz, dieser Bobby, dachte ich,
ein lebemännischer Schriftsteller, der seine beste Zeit in den zwanziger Jahren
gehabt hat, geprägt von den Sitten der Inflation und der Frühzeit des
Stummfilmkinos, ein versierter, abgebrühter Viel- und Allesschreiber mit der
Welterfahrung eines weit herumgekommenen Snobs, sucht sein beginnendes Alter
bei lasziven Spielchen mit diesem ostpreußischen Möchtegern-Luderchen zu
vergessen. —
    Das ›Tabarin‹ — heute einer
Großtankstelle gewichen — gehörte damals noch wie das ›Casino de Paris«, die
›Moulin Rouge‹, die ›Folies Bergère‹ (das ›Lido‹ war noch ein mondänes
Schwimmbad) zur ersten Garnitur der berühmt-berüchtigten Stätten des Pariser
Nachtlebens. Ein Pariser Cabaret, d. h. eine Mischung von Varieté, Nachtclub
und Music Hall, also mehr Revuebühne als Kleinkunstbrettl. Große tänzerische
Schauszenen wechselten mit drastischen Sketchen, artistische Darbietungen mit
solistischen gesanglichen Nummern ab. Üppige Ausstattung der nichtssagenden Leere,
süßliche Gefälligkeit bei hohem Geschmacksniveau, höchste Perfektion der
völligen Belanglosigkeiten. Viel Flitter, Korsagen, Reiherfedern, Netzstrümpfe —
unbewältigte »Belle époque«, unbewältigte zwanziger Jahre — und nackte Busen,
nackter Körper mit jenem accent d’aigu eines kleinen, glitzernden
Feigenblattes.
    Die Nacktheit war statuarisch oder
schritt feierlich einher. Die Körperfreiheit erstickte unter der Last
symbolträchtiger kostümlicher Entourage, allegorischer Bedeutsamkeit.
    Das Programm — es galt als das
Beste der Saison — , war gut. Ich bewunderte stets den brillanten Ablauf
solcher Bild- und Szenenfolgen. Verblüffend bei aller Schematik und
Überkommenheit — die letzten Reste der barocken Maschinenoper.
    Nur ein Bild fiel aus dem
obligaten Rahmen und machte mir besonderen Eindruck. Über dem Publikum ein
großes Rad mit Karusselpferden, und auf ihnen reitend, liegend, von
Pferderücken herabhängend in exponierten Stellungen die »Schönen« des Tabarins,
die »Modelle«, die »Beauties«, die »Nudists«, die berühmten nackten Mädchen des
Etablissements, ohne das Tarnkleid mythologischer Verbrämung drehten sie sich
im Kreise.
    Unser Filmteam saß in den zwei
ersten Reihen. Charlott — so hieß oder nannte sich unser Marielichen mit ihrem
Bobby vor mir. Bei jedem Auftritt der Beauties drehte sie sich nach mir um und
machte lebhafte fragende Gesten. Ich winkte ärgerlich ab. In der Pause stürzte
sie auf mich los. »Welche, welche hast du dir ausgesucht, welche willst du
haben?« Mehr um sie abzuschütteln, sagte ich: »Die langbeinige,
Schwarzhaarige.«
    »Die Schwarze, welche Schwarze«,
schon blätterte sie in dem pompösen Programmheft, wo die Fotos aller Beauties
in Medaillenform eine ganze Seite für sich hatten. »Diese hier?« fragte sie und
deutete auf ein Bild. Ich nickte, ohne weiter hinzusehen. Sie hängt sich in
Bobby ein und zieht ihn mit sich fort. Kurz vor Beginn des zweiten Teiles kam
sie vergnügt mit ihm zurück, fing mit den anderen Mitgliedern ein Palaver an
und veranlaßte einige, ihre Plätze zu wechseln. Ich mußte zwischen den beiden
sitzen.
    »Sie ist grundsätzlich bereit — Bobby
war großartig. Er verhandelte wie ein gelernter Mädchenhändler. Sie will dich
natürlich erst gesehen haben. Wir haben gesagt, du säßest zwischen uns. Darum
der Platzwechsel.«
    Nach der Pause zum dritten Teil
kam sie wieder aus den Garderoben zurück. »In Ordnung«, sagte sie, »am
kommenden Sonntag, zur l’heure bleu, um fünf Uhr im Hotel. Das Finanzielle ist
bereits geregelt.«
    »Du bist verrückt«, sagte ich
abermals.
    In den folgenden Tagen vergaß ich
die ganze Sache. Ich hatte auch viel zu tun und meine eigenen Sorgen.
    Da sich am Sonntag morgen ein zwar
schöner aber heißer Sommertag ankündigte, fuhr ich schon nach dem Frühstück mit
einem Freund, dem Cutter der deutschen Version, aus der benzingeschwängerten
Stadt. Wir aßen spät in St. Germain im Pavillon Louis XIV. zu Mittag. Wir
blickten auf die Stadt, die im Nachmittagsglast zu unseren Füßen lag, als wir
unseren Mokka tranken. Wie ein träges Band geschmolzenen Bleis zog sich die
Seine durch die Metropole.
    »Hast du dein Rendezvous
vergessen?« fragt mein Freund, »es wird höchste Zeit«, er tippt auf seine
Armbanduhr. Ich schlage mir mit der Hand an die Stirn. »Das habe ich doch
tatsächlich

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