Das Filmbett
Erstens entwertete sie bei mir
das Gefühl für die eigene Leistung. Das war sehr bitter. Aber schlimmer: sie
hatte mir etwas genommen, was mir nicht ohne Reiz erschien und was mir gehörte,
ein Anteil meines Lebens war: die Auseinandersetzung mit den Kontra-Kontrahen-,
nun, den Kerlen, mit denen ich es zu tun hatte. Und ein paar von den Onkeln
hatten mir ja gut gefallen und besonders der Tevauredakteur. Ich wollte endlich
mein Leben selbst in die Hand nehmen. Ich hatte das Behütetsein bis hier oben.
Und alle die anzüglichen Anspielungen und direkten Handgreiflichkeiten seit ich
den angehenden Twen spielen mußte. Und so ging ich ein paar Tage später in sein
Büro.
Er telefoniert an seinem
Schreibtisch, nickt mir flüchtig zu, spricht weiter, bietet mir Platz an. Ich
bleibe stehen und beginne meine Bluse aufzuknöpfen. Er kriegt rote Ohren,
beginnt zu stottern, hängt ein. Ich zeige ihm meine Lollos — so nannte man
damals diese Dinger... nach den Titten der Lollo Britschida. »Aber Petra, was
machst du da?« stammelt er. »Zu denen können Sie ruhig Sie sagen«, meine ich
und wippe mit ihnen, so mit Hüftschwung, naja, Sie werden sich das schon
richtig vorstellen können, verführerisch, damit oben der Pudding richtig
zittert. »Ich bin schließlich nicht mehr das süße kleine Monster — oder haben
Sie mich falsch besetzt?« — »Petra, ich bitte Sie!« brachte er hervor. »Um was
bitten Sie mich, hoher Herr?« gab ich scheinheilig zurück. Keine Antwort. »Was
machen Sie eigentlich mit meiner Mutter herum? Hat sie etwas, was ich nicht
habe?« — Was soll ich groß beschreiben... es ging alles wie geschmiert. Auf dem
Schreibtisch, so wie Sie da einen haben, Doktorchen. Für beide ohne sonderliche
Beschwer. Meine Jungfernschaft ging endgültig dahin. Oder was von ihr noch da
war, nach dem vielen Spagat und dem Exercise an der Stange — und den vielen
Fummeleien der letzten Zeit. Kein Blut, keine Tränen und kein
Initiationsschock. Im Grunde war’s enttäuschend, eigentlich belanglos.
Ich finde, man macht vom Sex ein
bißchen zuviel her, wenn Sie mich fragen. Nicht, daß ich nicht Lust hätte,
frigide bin ich nicht, aber sich deswegen ein Bein ausreißen, nee — na ja, wie’s
halt kommt... hihihi — ist ja direkt doppeldeutig, pfui! Sie wissen, wie das
ist, wenn’s nicht so richtig hinhaut, bei den ersten Malen, das macht dann
richtig Gier. Neugier auf ein Neues — vielleicht Besseres. — Das war aber nicht
das Problem. Es lag vielmehr bei meiner eifrigen Frau Mama. Ich nahm ihr etwas
weg: das stolze Bewußtsein nämlich, daß sie das, was sie so eifrig tat, für
einen edlen Zweck betrieb — als Opfer für ihre Tochter, stellvertretend
sozusagen. Moralisch kaschiertes Laster, wenn Sie mich fragen. Na, die
Stellvertretung war sie ja nun los. Ich nahm die Sache nunmehr selber in die
Hand. Hihi! Und sagte es ihr auch, boshaft freilich, als entbände ich sie einer
aufopferungsvollen Verpflichtung. Sie erblaßte sichtlich und ging still aus dem
Zimmer. Und es wurde auch nie mehr so wie es früher war. Ist ja klar. Sie machte
noch ein bißchen Buchführung, die Steuer, Korrespondenz, Autogramme und so — na,
Sie wissen schon. Meine Karriere begann sie sich zu betrachten wie eine gute
Freundin, so etwas von außerhalb. Schließlich — unausgefüllt — wandte sie sich
geistigen Dingen zu, geistigen Getränken nämlich in jeder Form und Menge. Am
Ende soff sie richtig. Sie wollte einen verwitweten gehobenen Beamten heiraten —
immerhin war sie zwar ein bißchen aufgeschwemmt, aber noch recht ansehnlich — aber
dazu kam es nicht mehr. Mit einem sagenhaften Promillegehalt fuhr sie frontal
gegen einen Chausseebaum. Totalschaden — nicht nur an ihrem Wagen, sondern auch
an der eigenen Karosserie. War nicht mehr viel von ihr da. — Wissen Sie,
Doktor, daß ich mich direkt als Muttermörderin fühlte, ich kriegte ‘nen
richtigen Komplex lange Zeit und vielleicht hab’ ich ihn noch heute.
Aber deswegen bin ich nicht bei
Ihnen und zahle Ihr hundsgemein teures Honorar, Doktorchen — Verzeihung, es war
wirklich nicht ernst gemeint.
Mein Wehwehchen liegt wo anders.
Darauf kommen Sie nie — nie! Also was meinen Beruf als Schauspielerin betrifft:
den Betrieb beim Film und Tevau, als Kind hab’ ich ihn gern gehabt und ich war
ja auch nicht schlecht. Die Mimerei fiel mir leicht und ich war herzig und
nüdlich und, wie man so sagt, anstellig. Hab’ nie was verdorben. Aber begabt?
Und ehrgeizig schon gar
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