Das Filmbett
ich weiß, man soll nicht schlecht von seinen Auftraggebern sprechen.
Aber ihr Anerbieten hat mich gereizt, und, ich will es nicht verhehlen, die
Dollarsumme auch... ich konnte sie brauchen. Natürlich mußte ich Sie mir erst
ansehen. Bei der Wiederholung im zweiten Finalbild, oben auf dem Karussel im
Kopfhang, konnte ich Sie ausgiebig betrachten, obwohl Sie es waren, der da auf
dem Kopf stand. Sie wirkten sympathisch.«
»Ich hoffe, Sie nicht zu
enttäuschen«, sagte ich. Sie trank aus.
»Allons enfants de
la patrie... ich hasse Ouvertüren. Kommen wir zur Sache«, sagte sie und
stand auf. Ich zeichnete die Rechnung ab. Wir gingen. Im Hotelzimmer stellte
ich, während ich den Schlüssel umsteckte und abschloß, fest, wie
selbstverständlich sie sich kurz im Raum umsah, Besitz von ihm nahm, sich mit einer
verblüffenden Gelassenheit und Sachlichkeit entkleidete, ohne daraus eine
pikante Schau zu machen. Ihre Disinvoltura ging so weit, daß sie sogar flüchtig
das Bidet benützte, ohne Zweifel nur, um sich als Frau letzte Sicherheit zu
verschaffen. Es war ernüchternd, hatte aber seinen Reiz, da es jeder
schwülstigen und gemachten Erotik entriet. Sie sprach nun leicht, schnell,
pausenlos, als fürchte sie zwischendurch aufkommende Vertraulichkeiten. Ja, das
war es, sie schuf mit ihrem direkten Gebaren eine Art Distanz.
»Monsieur, ich fürchte, ich habe
Ihnen einen falschen Eindruck von mir vermittelt. Ich bin kein Engel, aber ich
bin auch keine Hure. Ich bin eine selbständige Frau. Ich liebe Jobs,
ausgefallene Jobs, und dieser ist, vraiment, ausgefallen. Ich bin als Double
engagiert. Nicht ich prostituiere mich — wenn ich auch stellvertretend die
Arbeit mache — , sondern Ihre angeblich so skrupelhafte kleine Schauspielerin.
Sie ist feige, haßt Konsequenzen und wählte den bequemeren Weg, der den Vorzug
der kitzelnden Frivolität hat. Sie wissen besser als ich, daß man ein Double
für etwas engagiert, das für den Star zu gefährlich ist und ein Risiko
einschließt — oder wofür er nicht befähigt ist. Ich bin stolz darauf, ein Profi
zu sein, o nein, nicht wie Sie denken — ich bin gerne und leidenschaftlich
Frau, Frau von Beruf und ich mag Männer. — Als artistisches Double, wenn man es
so nennen will, als weiblicher Stuntman, ist es mein Ehrgeiz, gute Arbeit zu
leisten. Sie sollen gute Arbeit bekommen — ich will ehrlich erbringen, was man
von mir erwartet, ›allez hop‹ und ›Voilà‹, den dreifachen Salto kann man nicht
mit verblasenen Gefühlen machen. — Warum lachen Sie?«
»Weil Ihre Geschäftstüchtigkeit,
Gilberte, aufs Haar der burlesken Szene Ihres Programmes im ›Tabarin‹ entspricht,
in der man die Liebespaare aller Nationalitäten vor, bei und nach dem Akt
parodiert: die eilige Französin, vite, vite, rasch aus den Kleidern, das
geflügelhafte faire l’amour, das rasche Anziehen, das flinke ›merci, mon p’tit chou,
au revoir‹. — Müßten Sie mir nicht die deutsche Frau vorspielen, die stramm
steht und meldet: ›Gebärfreudige Frau zum Beischlaf angetreten, Heil Hitler?‹
Nein, diese Rolle paßt nicht zu Ihnen.«
Sie war einen Moment konsterniert
und verzog ihr Gesicht zu einem schmalen Lächeln. Sie war bis auf die langen
Strümpfe entkleidet und wollte sie gerade ausziehen. »Nein, behalten Sie sie an
— und legen Sie auch den Hüftgürtel wieder an. Sie sind dann noch erregender«,
bat ich und hatte einen trockenen Hals.
»Sieh da, ihr Deutschen — ihr könnt
eure entschwundene Marlene nicht vergessen, und da sagt ihr, wir Franzosen
seien dekadent und degeneriert.« Sie stand vor mir, aufreizend in der Pose des
»Blauen Engels«. Dann warf sie sich plötzlich auf das Bett, öffnete leicht die
Schenkel und sagte fast lautlos: »Alors, Monsieur, faites votre jeu...« —
Aber als ich mich ihr näherte,
drehte sie den Kopf zur Seite. Ich setzte mich an den Rand des Bettes.
»Warum spielen Sie diese Rolle,
Gilberte«, sagte ich behutsam. »Sie glauben doch nur, sie spielen zu können.
Haben Sie im Ernst gedacht, ich würde diese hirnverbrannte, billige Gelegenheit
wahrnehmen? Hielten Sie mich wirklich für so primitiv? Das alles, was Sie hier
aufgeführt haben, sind Sie doch gar nicht. Es war bemühtes, aber
durchschaubares Theater.« Sie antwortete nicht. »Sie sind sehr schön, Gilberte,
das wissen Sie natürlich selbst — aber für mich auf eine ganz besondere Weise
schön — schöne Frauen gehören zu meinem Beruf und ich verstehe etwas davon...«
Sie wandte
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