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Das Filmbett

Das Filmbett

Titel: Das Filmbett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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ein Glas Wein
hinunter.
    Die allgemeine Reaktion auf seine
Ausführungen war zwiespältig. In erster Linie war man wohl — wie so oft auf
solchen Gesellschaften — unwillig, daß man selbst so wenig zu sagen hatte. Man
debattierte noch einige Zeit ruhiger weiter, löste sich in Gruppen auf, die
meisten gingen bald darauf nach Hause. Die Rothaarige hatte eine Platte von
Poulenc, »Les Bîches«, aufgelegt — aber die Lust zu hören war erloschen.
Blanche war noch immer wie benommen.
    Doch mit einemmal — die Räume
waren schon fast leer — , streifte sie ihre Schuhe von den Füßen, stand auf,
und wie in schlafwandlerischer Trance begann sie zu tanzen, nur einfach zu
tanzen, still vor sich hinzutanzen und ohne sich um irgendwelche Zuschauer zu
kümmern. Sie tanzte, während die Rote die Platten wechselte, tanzte ohne
Programm und ohne Aussage, sie tanzte, weil sie tanzen wollte, frei von Schule
und Dogmatik, frei von Regel und Gesetz — und es war wie das Atmen der See, der
Wellenschlag des Blutes, der Wandel der Gestirne, der Herzschlag von Blatt und
Blume.
    Es war die Kunst der reinen Natur.
    Und als sie zu Ende getanzt hatte
und dastand mit gesenkten Armen und geneigtem Kopf — hatte Al seinen letzten
Gast still hinausgeführt und war mit der Rothaarigen allein. »Das war sehr
schön, Blancheneige«, sagte er. »Vergiß alles, was ich gesagt habe.«
    »Du mußt sie nach Hause bringen«,
meinte die Rothaarige leise. Blanche aber schüttelte den Kopf und sagte: »Ich
habe kein Zuhause. Laßt mich bei euch.« — Da brachte die Rothaarige Bettzeug,
richtete ihr auf dem Sofa ein Lager, bettete sie, und nachdem Al ihr einen Kuß
auf die Stirne gegeben hatte, umschlang er die Rothaarige und ging, das Licht
löschend, mit ihr aus dem Zimmer.
    Und da mußte Blancheneige wie im
Märchen bitter weinen. — Früh morgens stand sie leise auf, und als Al ins
Zimmer kam, um nach ihr zu sehen, war Blancheneige ausgeflogen...
6
    Wenn man die Jugend um etwas
beneiden muß, dann um die große seelische Spannkraft, die ihr unverbrauchtes
Gemüt besitzt.
    Wer annahm, Blanche würde ob des
niegewonnenen und schon verlorenen haßenswerten Geliebten tränenleer aus ihrem
Hotelzimmer blicken oder mit geschürztem Rock bis zum Schenkel im See stehen,
kurz bevor sie sich mit jähem Entschluß endgültig in die Fluten warf, oder
sorgsam die Schlafpillen abzählen, ob sie zu einem spektakulären
Selbstmordversuch reichen würden — der irrt sich und kennt nicht das wirre
Labyrinth einer Mädchenseele.
    Sie saß auf einem Stuhl und nähte
einen aufgegangenen Saum ihres Unterkleides. Sicher — ihre Stimmung war
ausgesprochen labil, das wußte sie selbst. »Himmelhochjauchzend, zu Tode betrübt«,
hat der Dichter gesagt — wer war es doch gleich? — im Zweifelsfalle Goethe.
Sicher gab es einen feinen Stich in ihrem Herzen, wenn sie an eine gewisse
Rothaarige dachte, die ihr den Liebsten raubte bevor sie ihn besessen hatte.
Versuchen wir ihren losen und doch so verschlungenen Gedankengängen zu folgen,
während sie das Garn einfädelt, sorgsam Stich um Stich macht und ihr Zünglein
zwischen den Lippen spielt.
    Diese Rote — sie schüttelt
unwillig ihren Kopf — aber rot paßt zu grün... wie kommt sie plötzlich auf grün...?
Ach ja, diese köstlichen grünen Nudeln, diese Lasagne, waren herrlich gewesen...
ob ihr Mauro das Frühstück heraufbringen würde...? Splitterhörnchen und
Madeleinen...? Im Zimmer frühstücken, lässig im Bett...? Das war der Anfang verruchter,
mondäner Lasterhaftigkeit..., aber ihr schmales Bett...? Überhaupt, was die
horizontale Lage betrifft, so hatte sie ihr bisheriges Lotterleben in jeder
Beziehung enttäuscht... die harte Holzbank im Zugabteil, das Bauernbett bei der
Prinzessin, das knarrende Sitzmöbel bei Al... Al, wie dumm das klang, so wie im
Kreuzworträtsel: 6 senkrecht Leichtmetall (Abk.): Al, Aluminium... Blödsinn...
Ob die Rothaarige überall rote Haare hat? Männer können da die größten
Enttäuschungen erleben — müßte aber aufregend aussehen — ihr blondes Vlies war
dagegen sicher so wenig attraktiv wie ein Maulwurfsfell, in das die Motten
gekommen sind... schrecklich, wo man überall Haare hat. Es soll Zeiten gegeben
haben, wo die Damen des Hofes sich da Zöpfchen flochten und die Locken mit
bunten Bändern zierten... muß gekitzelt haben... und andere Zeiten, in denen
die Frauen sich rasierten... puh... Lysistrata zum Beispiel, die die Weiber
Athens aufgerufen hatte, sich den

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