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Das Filmbett

Das Filmbett

Titel: Das Filmbett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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Delikatessen und
stimulierende Getränke für eine gewissen Laune gesorgt hatten, für
Frohgemutheit und erste Versuche von Scherz und Neckerei, glich sie immer noch
eher einer ehrpusseligen Nudistenveranstaltung, die auf Anstand bedacht war und
sich viel zugute tat auf ihre freikörperliche Ungezwungenheit, die in dieser
Sonne, in dieser Luft sicher auch am Platze war und erfreulicher als das hohle
Gewäsch und das alberne Getue vornehmer, standesbewußter Gesellschaftlichkeit.
Aber war sie nicht doch nur eine andere Form sich elitär gebender
weltanschaulicher Vereinsmeierei? Dieser ausgewählt hübschen Weiblichkeit im Evakostüm
stellten sich die wenigen — allzu wenigen — Herren, die nackten Hacken
zusammenschlagend, mit knapper kommentmäßiger Verbeugung vor wie
Tanzstundenjünglinge: »Gestatten, Gnädigste, mein Name ist...«
    Hier herrschte keine freie
heidnische Sinnenhaftigkeit, sondern die korrekte angepaßte Form zivilisierter
Verhaltensstilistik. Von der erwarteten Orgie konnte keine Rede sein, hier
wurde ein domestizierter steriler Schönheitskult betrieben, das Bacchanal der
Sinnenlust war ein konventionelles Ritual — nur ohne kostümliche Verpackung.
Ein hemdärmeliges Betriebsfest — nur ohne Hemden. Nacktheit ohne Mysterium,
ohne Geheimnis und Magie war eben nur nackte Blöße.
    Dies hier war kein Hörselberg und
keine Venusgrotte.
    Sie hatte einmal in einer modernen
Wagnerinszenierung es »Tannhäuser« im Bacchanal des ersten Aktes eine Grazie
statieren dürfen, im Ganztrikot natürlich, das nach Theaterschweiß roch — aber
um wieviel größer war da das Gefühl des Sinnenrausches gewesen, der
mysterienhaften ekstatischen Selbstentäußerung und der panisch-befreienden
Enthemmung... Aber das war eben Theater.
    Und — wieder ganz Kind — kam sie
voreilig und naseweis zu dem Schluß, daß es also gar keine unzüchtige Wollust
gab, das sogenannte Laster war eine Phantasmagorie, ein unbefriedigtes
Wunschdenken der Erwachsenen.
    Sie beteiligte sich an diesem oder
jenem Spiel, ließ sich in der Sonne braten, sprang ins Wasser, wo eine lustige
Balgerei entstand, erhitzte sich wieder bei einem Wettlauf und bemerkte, ohne
das geringste Prickeln, die starren Karpfenaugen des Hausherrn, mit denen er
sie von einem Liegestuhl aus unentwegt betrachtete (er mußte sie doch langsam
schon auswendig kennen). Er trug jetzt Shorts, die ihm über die Knie reichten,
und seine Beine hatten stachelige Haare. Sie ließ sich von ihm die Villa
zeigen, und da es innen kühl war, schlug sie ein buntgebatiktes Badetuch über
die Hüften und glich nun einer bronzebraunen Schönen von Gaugin. Er zeigte ihr
seine Bibliothek und blätterte vor ihr seine kostbaren Erotika mit den entsprechenden
Radierungen und Kupferstichen auf, die sie kühl und unbeteiligt betrachtete,
ihr Blick flog über Textstellen, in denen von Liebesspeeren, Wollustspalten und
Liebeshonig die schwülstige Rede war, oder über ein Vokabularium von obszönen
Vulgärworten, von denen sie längst wußte, daß sie auch erregend wirkende
Reizworte darstellen sollten, wobei er sie nicht aus den Augen ließ. Sie aß und
trank — nach gemachter Erfahrung — mit Maß, sie ignorierte die übertriebene
sorgsame Betulichkeit, mit der sich ältere Herren vor jungen Mädchen besonders
lächerlich zu machen pflegen. Sie begann ihren Aufenthalt sogar zu genießen,
wurde im Dolce far niente entspannt und müde, schlief einige Zeit — wie lange? —
, es ging dem Abend zu, die harten, grellen Farben von Luft, Land und Wasser
wurden weich und nuancenreich.
    Sie spürte Gewissensbisse darüber,
daß sie in den letzten Tagen reichlich geschlampt, nichts für ihre
Körperkondition getan hatte und begann für sich zu trainieren. Sie wollte damit
auch einer befürchteten Aufforderung begegnen, »etwas zum Besten zu geben« und
ihre vorausgesetzte Künstlerschaft unter Beweis zu stellen. Sie hatte nicht die
geringste Lust, sich vor »ihm« und den Mädchen zu produzieren. Einige ihrer
Kolleginnen beteiligten sich, doch fiel ihr auf, daß sie merklich Distanz
hielten. Es lag ihr auch wenig an näheren Kontakten. Dann wurde sie der
anstrengenden Tätigkeit überdrüssig und wanderte gedankenverloren durch den
Park. Hier, am Rande des gesellschaftlichen Zentrums, bemerkte sie einzelne Gruppen
hinter üppigen Rhododendron-Büschen — nun ja, hier wurden sicher die üblichen
Klosterspielchen und Mädchenheim-Belustigungen betrieben, die sie so
langweilten und — einiges

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