Das Fjordland: Elfenritter 3 - Roman
nicht, Tindra. Wir müssen mit der Königin gehen. Sie will es so. Und du weißt ja, auf die Königin muss man hören.«
Das Mädchen nickte ernst. »Ja, das hat Mama auch immer gesagt. Wird ihr Mund wieder klein werden? Er hat ja aufgehört zu bluten.«
Luc wusste nicht, wie er Tindra erklären sollte, was geschehen war. »In den Goldenen Hallen sieht deine Mama sicher wieder genauso aus wie früher.«
Tindra wirkte erleichtert. Sie hielt ihn ganz fest bei der Hand, während der Flüchtlingszug aus der Deckung des Kanals in den zugefrorenen Hafen bog.
»Bist du der Freund von unserer Königin?«
Luc schluckte. Er hörte Sigurd auf dem Schlitten leise lachen. »Also, ich …«
»Meine Mama hatte auch einen Freund. Als mein Papa so lange weg war und gar nicht mehr wiedergekommen ist. Mama meint, dass man immer einen Freund braucht. Sonst ist alles ganz traurig.«
Luc atmete tief ein. »Deine Mama war eine sehr kluge Frau. Du …« Er hielt erschrocken inne. Ein Stück vor ihnen war Yulivee plötzlich stehen geblieben. Die Elfe streckte ihre Arme hoch, und Flammenzungen schossen dem Himmel entgegen. Sie drehten und wanden sich, als seien sie etwas Lebendiges. Und dann formten sie einen großen, schillernden Vogel, der mit weit ausgestreckten Schwingen über die Stadt davonflog. Gleichzeitig knisterte das Eis unter ihren Füßen. Und Luc spürte, wie die Kälte über die Kufen bis in seine Stiefel hinaufkroch.
»Schön!«, sagte Tindra.
Einen Herzschlag später krachte der erste Schuss.
IM LICHT DES FLAMMENVOGELS
Raffael ging in der vordersten Reihe der Arkebusiere. Er hatte seine Schützen weit auffächern lassen. Hundert Schritt hinter ihnen folgten in einem dichten Block die Pikeniere. Er hatte Esmeralda den Befehl über die Hauptmacht seines Regiments anvertraut.
Seine Männer waren voll angespannter Zuversicht. Sie fürchteten sich nicht, als Erste in die Stadt einzudringen, denn sie wussten, sie würden die beste Beute machen. Raffael war sich darüber im Klaren, dass er das Plündern nicht würde verhindern können, aber er hatte seinen Stab und alle alten Offiziere des Regiments darauf eingeschworen, nicht wie die Trolle zu wüten.
Leise knirschte das Eis unter seinen genagelten Sohlen. Kälte zog durch die Stiefel seine Waden hinauf. Kein Mond stand in dieser Nacht am Himmel. Wolkenbänder verhüllten die Sterne. Er konnte kaum den Mann sehen, der nur zwei Schritt neben ihm ging. Wie sollte er das Regiment unter solchen Bedingungen unter Kontrolle halten? So hatte er sich sein erstes großes Kommando im Feld nicht vorgestellt. Der Anführer von einer Schar von Mördern und Vergewaltigern zu sein! Leise betete er zu Tjured um Stärke.
Der junge Ritter hatte die Arme leicht abgespreizt. Es war nicht leicht, in den Reiterstiefeln auf dem Eis das Gleichgewicht zu halten. Hin und wieder hörte er einen seiner Männer hinschlagen und sich fluchend wieder aufrappeln.
Plötzlich wurde vor ihnen der Himmel rot. Deutlich malten sich die spitzen Giebel der Stadt ab. Zwischen den Häusern erhob sich eine Lichtgestalt. Ein riesiger Vogel! Das Eis des Hafens leuchtete rotgolden auf.
Seine Männer blieben stehen. Manche riefen laut Tjured um Hilfe an. Doch von dem Lichtvogel schien keine Bedrohung auszugehen. Er war einfach nur schön. Welchem Zweck er wohl diente?
»Capitano Raffael!« Der Schütze zu seiner Linken deutete auf den Hafen hinaus. »Dort!«
»Schützen, legt an!«, rief Raffael, ohne denken zu müssen. Schlanke Gestalten glitten wie im Flug über das Eis hinweg auf sie zu. Erilgar hatte sich geirrt. Sie hatten Gishild nicht überrascht. Sie hatte den Angriff offensichtlich erwartet.
»Feuer!«
Krachend entluden sich die Arkebusen. Mündungsblitze zuckten über das Eis. Der Rückstoß der schweren Waffen riss seine Männer von den Füßen. Raffael fluchte. Verdammtes Eis! Er hätte daran denken müssen.
Der Lichtvogel verschwand zwischen den Wolken. Dunkelheit legte sich über den Hafen. Deutlich war ein kratzendes Geräusch zu hören, als würden Dutzende scharfer Klingen über die gefrorene See gezogen.
Da war etwas im Dunkeln. Raffael riss sein Rapier hoch. Die Klinge traf ein so wuchtiger Hieb, dass sie ihm aus der Hand geprellt wurde. Er drehte sich halb und schlug schwer aufs Eis.
Gellende Schreie ertönten rings um ihn herum.
»Andalanen! Zurückfallen! Wir ziehen uns zu den Pikenieren zurück!« Er versuchte auf die Beine zu kommen. Ein Hieb traf die Wangenklappen seiner
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