Das Fjordland: Elfenritter 3 - Roman
Nacht ein Licht brannte. Die Herrin der Schlangengrube fand keine Ruhe. Jetzt stapelten sich ihre tödlichen Güter in Zeughäusern und Lagerhallen. Doch Fingayn war sich gewiss, dass der Krieg zwischen den Ritterorden nicht von langer Dauer sein würde.
Tief in den tintenschwarzen Schatten eines Kohlehaufens gekauert, wartete er. Keine Wachen patrouillierten in den Straßen. In der Schlangengrube fühlte sich die Neue Ritterschaft noch sicher. Und die Schmiede, Weber und Erzträger, die zu den Schenken oder in ihre kleinen, stickigen Kammern gingen, waren viel zu müde, um auf etwas anderes als das Stück Weg unmittelbar vor ihren Füßen zu achten.
Die Nacht hatte ihren Zenit überschritten, als das Kerzenlicht verlosch. Und Fingayn wartete noch eine weitere Stunde. Leichter Nieselregen setzte ein. Nun war endgültig niemand mehr unterwegs. Nicht einmal Nachtwächter drehten ihre Runden, um den Bürgern in müdem Singsang zu verkünden, welche Stunde geschlagen hatte.
Endlich, nach Stunden des reglosen Verharrens, schlich er über den Platz vor dem kleinen Stadtpalast. Er kletterte das Gerüst hinauf und hebelte ohne Mühe eines der Fenster auf. Keine Diele knirschte unter seinen vorsichtig tastenden Füßen.
Er roch, dass es irgendwo im Haus einen Hund gab. Doch der gab keinen Laut von sich. Leichter Rosenduft hing in der Luft.
Die Kobolde hatten ihm am Vorabend den Bauplan des Stadtpalasts herausgesucht. Er wusste genau, in welches Zimmer er eindringen musste.
Langsam ging er den Flur hinab. Die dritte Tür auf der rechten Seite. Lautlos öffnete er. Ob der Hund hier lauerte? Nein. Fingayn hörte das Geräusch regelmäßigen Atems. Vorsichtig schloss er die Tür. Auf der Innenseite war sie in grellen Farben mit Rosenblüten bemalt. Auf dem Tisch neben dem Bett stand ein Strauß Rosen.
Veronique lag allein in einem großen Himmelbett. Auch der Betthimmel über ihr war mit Blumen bestickt. Hierhin also flüchtete sie vor dem Feuer und dem Schmutz der Essen. Sie hatte die Decke zur Seite gestoßen, obwohl es recht kühl war. Ein weites, knöchellanges Nachthemd mit Spitzenstickereien wärmte sie. Auf einem Stuhl, nahe beim Bett, hingen ihre schäbigen Tageskleider. Ihre Stiefel stanken nach Schweißfüßen. An dem Stuhl lehnte ein Rapier.
Fingayn stand nun dicht neben dem Bett. Ein kleiner, weißer Hund lag neben ihr auf dem Kopfkissen. Seine Schnauze hatte er in ihr strähniges schwarzes Haar geschoben. Er schnarchte leise.
Fingayn zog den Pfeil, der Veroniques Namen trug, aus seinem linken Ärmel. Es war die einzige Waffe, die er mitgebracht hatte. Fest legte sich seine Hand auf den Mund der Ritterin.
Sie war sofort wach. Die Spitze des Pfeils war keinen Zoll von ihrem linken Auge entfernt. Sie hielt still und sah ihn mit ruhigem Blick an.
»Dies Stück Silberstahl ist der Lohn Albenmarks für dein Pulver, das nach Vahan Calyd reiste.«
Er stieß den Pfeil hinab. Es knackte leise, als die Spitze durch den dünnen Knochen hinter dem Auge drang.
Der Welpe räkelte sich im Schlaf.
Fingayn zog sich zur Tür zurück. Steinkopf erwartete ihn zum Morgengrauen.
TINDRA
Luc hielt sich an der Seitenwand des dritten Schlittens fest. Am Mittag hatte er dort eigenhändig ein Seilstück angenagelt. Ihm blieb schleierhaft, wie es selbst Kinder schafften, leichtfüßig auf ihren Kufen aus Schweineknochen über das Eis zu gleiten. Er war froh, wenn er fünf Schritt weit kam, ohne zu stürzen.
Er sah zum Ende der Kolonne aus Pferdeschlitten, die sich auf dem Heringskanal versammelt hatten. Gishild hatte jeden einzelnen Schlitten überprüft. Sie hatte darauf bestanden, dass unnützer Plunder abgeladen wurde und man Plätze für die Armen schuf, die kein Pferdegespann besaßen. Es gab viel Streit und böse Worte unter den Bürgern Aldarviks. Entlang der Kolonne türmten sich Truhen mit Hausrat, sperrige Möbel, Kleiderbündel, Weinfässer und alle erdenklichen anderen Güter, über die Gishild entschieden hatte, dass sie bei ihrer Flucht nutzlos sein würden.
Luc war beeindruckt, mit welcher Autorität sie sich durchsetzte. Sie hatte sich sehr verändert in den Jahren ihrer Trennung. Sie war hart geworden.
Die Plünderer würden ihre Freude haben, wenn sie in den Kanal vorstießen. Ein ganzes Vermögen würde auf dem Eis zurückbleiben.
Luc blickte zu Sigurd. Der alte Hauptmann schlief. Er lag auf einem Strohsack hingestreckt auf dem Schlitten. Sein Gesicht wirkte eingefallen. Seit sie ihm den halben Fuß
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