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Das Flammende Kreuz

Titel: Das Flammende Kreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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dicken Kissen auf den schattigen Wurzeln der Bäume wuchs, an denen sie vorübergingen.
    »Toll«, sagte er. »Schön, einmal aus dem Haus zu kommen, aye?«
    Sie warf ihm einen raschen Blick zu, aber es schien eine schlichte Feststellung ohne Hintergedanken zu sein.
    Sie antwortete nicht, sondern nickte zustimmend und hob ihr Gesicht in den Windhauch, der ziellos zwischen den Fichten umherstrich. Ein Wirbel rostbraunen Espenlaubs fuhr zu Boden und klammerte sich im Vorüberfliegen an das Leinen ihrer Hosen und die leichte Wolle ihrer Strümpfe.
    »Warte mal.«
    Einem Impuls folgend, blieb sie stehen, zog sich ihre ledernen Schnürstiefel und die Strümpfe aus und schob sie achtlos in den Rucksack auf ihrer Schulter. Sie stand still, die Augen ekstatisch geschlossen, und ließ ihre Zehen auf einem feuchten Mooskissen spielen.
    »Oh, Roger, das musst du auch probieren! Es ist wundervoll!«
    Er zog eine Augenbraue hoch, stellte aber gehorsam das Gewehr hin - er hatte es an sich genommen, als sie aus dem Haus gingen, und sie hatte ihn gelassen, obwohl sie das selbstverständliche Bedürfnis verspürt hatte, es selbst zu tragen -, zog sich ebenfalls das Schuhwerk aus und ließ vorsichtig seine langgliedrigen Füße neben den ihren in das Moos gleiten. Er schloss unwillkürlich die Augen, und sein Mund rundete sich zu einem tonlosen »ooh«.
    Sie beugte sich spontan zu ihm hinüber und küsste ihn. Er öffnete verblüfft die Augen, doch seine Reflexe waren gut. Er schlang seinen langen Arm um ihre Taille und erwiderte den Kuss ausführlich. Er roch nach Rasierseife und Schinken und schmeckte nach Salz und Erdbeermarmelade. Für den Spätherbst war es ein ungewöhnlich warmer Tag, und er trug keinen Rock, sondern nur ein Jagdhemd; sie konnte spüren, wie seine Brustwarze unter ihrer Handfläche steif wurde.
    Der Himmel wusste, was vielleicht als Nächstes geschehen wäre, doch der Wind wechselte die Richtung. Durch das wogende, gelbe Meer drang ein schwaches Weinen zu ihnen herauf. Es konnte genauso gut der Schrei eines Babys wie eine entfernte Krähe sein, doch ihr Kopf fuhr in diese Richtung wie eine Kompassnadel gen Norden.
    Die Stimmung war dahin, und er ließ sie los und trat zurück.
    »Möchtest du zurückgehen?«, fragte er und klang resigniert.
    Sie presste die Lippen aufeinander und schüttelte den Kopf.
    »Nein. Aber lass uns etwas weiter vom Haus weggehen. Wir wollen sie ja nicht mit dem Lärm behelligen. Beim - beim Schießen, meine ich.«

    Er grinste, und sie spürte, wie ihr das Blut heiß ins Gesicht stieg. Nein, sie konnte nicht so tun, als sei ihr nicht klar gewesen, dass es mehr als einen Beweggrund für diese Privatexpedition gab.
    »Nein, das auch nicht«, sagte er. Er bückte sich nach seinen Schuhen und Strümpfen. »Dann komm.«
    Sie lief weiter ohne Schuhe, nutzte aber die Gelegenheit, das Gewehr wieder an sich zu nehmen. Nicht, dass sie ihm nicht zutraute, es zu tragen, auch wenn er zugab, dass er noch nie mit einem solchen Gewehr geschossen hatte. Sie liebte es einfach, es zu spüren, und selbst wenn es nicht geladen war, fühlte sie sich sicher mit seinem Gewicht auf der Schulter. Es war eine jener legendären, »Braune Bess« genannten Musketen, über anderthalb Meter lang und gute zehn Pfund schwer, doch der Kolben aus poliertem Walnussholz schmiegte sich glatt in ihre Hand, und das Gewicht des himmelwärts gerichteten, stählernen Laufes fühlte sich in ihrer Schulterbeuge genau richtig an.
    »Willst du weiter barfuß gehen?« Roger warf einen fragenden Blick auf ihre Füße, dann bergauf, wo sich ein Pfad kaum sichtbar durch Brombeergestrüpp und über herab gefallene Äste wand.
    »Nur noch ein bisschen«, beruhigte sie ihn. »Als Kind bin ich dauernd barfuß gelaufen. Papa - Frank - ist jeden Sommer mit uns in die Berge gefahren, in die White Mountains oder die Adirondacks. Nach einer Woche hatte ich Fußsohlen wie Leder; ich hätte über glühende Kohlen laufen können, ohne etwas zu merken.«
    »Aye, ich auch«, sagte er lächelnd und verstaute seine Schuhe ebenfalls. »Obwohl«, sagte er und wies auf den zwischen Büschen und halb vergrabenen Granitfelsen schwach sichtbaren Pfad, »es sich am Flussufer des Ness oder auf dem Kiesstrand am Firth leichter lief als hier, trotz der Steine.«
    »Da hast du Recht«, sagte sie und blickte mit einem leichten Stirnrunzeln auf seine Füße. »Hattest du eigentlich in letzter Zeit eine Tetanusimpfung? Falls du auf etwas Spitzes trittst und dich

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