Das Flammende Kreuz
verletzt?«
Er kletterte bereits vor ihr her und setzte seine Schritte sehr sorgfältig.
»Ich habe mich gegen alles Menschenmögliche impfen lassen, bevor ich durch die Steine gekommen bin«, versicherte er ihr, indem er hinter sich blickte. »Typhus, Cholera, Denguefieber, alles. Tetanus war mit Sicherheit auch dabei.«
»Denguefieber? Ich dachte ja, ich hätte mich auch gegen alles impfen lassen, aber das war nicht dabei.« Sie bohrte ihre langen Zehen in die kühlen Matten aus abgestorbenem Gras und holte ihn mit wenigen, großen Schritten ein.
»Das ist hier oben wohl auch nicht nötig.« Der Pfad umrundete einen steilen Felsen, der mit vergilbendem Pawpaw überwachsen war, und verschwand unter den herabhängenden Zweigen einer Gruppe schwarzgrüner Hemlocks. Er hielt die schweren Zweige für sie beiseite, und sie trat geduckt
in das durchdringend duftende Zwielicht, wobei sie das Gewehr vorsichtig schräg hielt.
»Ich wusste ja nicht, wohin es mich verschlagen würde.« Seine Stimme erklang beiläufig hinter ihr, gedämpft durch die dunkle Luft unter den Bäumen. »Ob in die Städte an der Küste oder auf die Westindischen Inseln... es gab... es gibt «, verbesserte er sich automatisch, »alle möglichen, sehr lustigen afrikanischen Seuchen, die von den Sklavenschiffen eingeschleppt worden sind. Ich dachte, es ist wohl besser, wenn ich vorbereitet bin.«
Sie nutzte das unwegsame Terrain als Vorwand, nicht zu antworten, war aber bestürzt - und gleichzeitig geradezu beschämend erfreut - festzustellen, welchen Aufwand er bereitwillig getrieben hatte, um ihr zu folgen und sie zu finden.
Der Boden war von den abgeworfenen Nadeln braun gescheckt, aber so feucht, dass es unter ihren Füßen weder knackte noch stach. Unter ihren nackten Fußsohlen fühlte er sich schwammig, kühl und angenehm an und war so nachgiebig, dass sie das Gefühl hatte, die Masse der toten Nadeln müsse mindestens dreißig Zentimeter dick sein.
»Au!« Roger, der weniger Glück hatte als sie, war auf eine verfaulte Persimone getreten und ausgerutscht. Er hatte sich mit knapper Not aufrecht gehalten, indem er sich an einem Stechpalmengebüsch festhielt, welches prompt mit seinen stacheligen Blättern auf ihn einpiekste.
»Mist«, sagte er und saugte an seinem verletzten Daumen. »Eine gute Idee, das mit dem Tetanus, aye?«
Sie lachte zustimmend, doch als sie dann weiter kletterten, wurde sie von Sorge ergriffen. Was war mit Jemmy, wenn er anfing zu laufen oder barfuß auf Berge zu kraxeln? Sie hatte genug von den kleinen MacLeods und Chisholms mitbekommen - von Germain ganz zu schweigen -, um zu begreifen, dass kleine Jungen sich mindestens einmal pro Woche stachen, kratzten, sich die Haut aufrissen oder die Knochen brachen. Sie und Roger waren gegen Dinge wie Tetanus und Typhus geschützt - Jemmy würde einen solchen Schutz nicht haben.
Sie schluckte, als ihr der gestrige Abend wieder einfiel. Dieses mörderische Pferd hatte ihren Vater in den Arm gebissen, und Claire hatte Jamie mit nacktem Oberkörper am Feuer Platz nehmen lassen, während sie die Bisswunde reinigte und verband. Jemmy hatte neugierig den Kopf aus seiner Wiege gesteckt, und sein Großvater hatte ihn lächelnd herausgeholt und ihn auf seine Knie gesetzt.
»Hoppe, hoppe Reiter«, hatte er gesungen und den entzückten Jemmy sanft auf und ab wippen lassen. »Wenn er fällt, dann schreit er. Fällt er in den Sumpf, dann macht der Reiter Plumps.«
Es war jedoch nicht das bezaubernde Bild der beiden Rotschöpfe, die einander ankicherten, das ihr im Gedächtnis geblieben war; es war der Feuerschein, der glühend auf die durchscheinende, perfekte, unberührte Haut
ihres Sohnes fiel - und der silbern auf dem Netz der Narben auf dem Rücken ihres Vaters aufglänzte, schwarzrot auf dem blutigen Riss in seinem Arm. Es waren gefährliche Zeiten für einen Mann.
Sie konnte Jemmy nicht vor jedem Schaden behüten; das wusste sie. Doch bei dem Gedanken, dass er - oder Roger - krank werden oder sich verletzen könnte, drehte sich ihr der Magen um, und in ihrem Gesicht brach der kalte Schweiß aus.
»Alles klar mit deinem Daumen?« Sie wandte sich zu Roger um, der ein überraschtes Gesicht machte und seinen Daumen schon ganz vergessen hatte.
»Was?« Er warf einen verwirrten Blick auf seine Finger. »Aye, natürlich.«
Dennoch ergriff sie seine Hand und küsste den verletzten Daumen.
»Sei bloß vorsichtig «, sagte sie heftig.
Er lachte und machte ein überraschtes Gesicht,
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